Neuer Fahrplan in der Entwicklungspolitik
Armer Süden – reicher Norden? Die alten Muster von entwickelten und unterentwickelten Ländern passen nicht mehr, sagt die stellvertretende Direktorin des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn, Imme Scholz. Schwellenländer wie China, Indien, Brasilien, Indonesien, Mexiko und Südafrika haben längst riesige Anteile am weltweiten Bruttosozialprodukt gewonnen – und beherbergen doch fast drei Viertel der Armen. Klimawandel, Nahrungsmittelkrise und Entwicklungen der Finanzmärkte betreffen alle Länder gleichermaßen.
Aktualisiert: 19.03.2024
Lesedauer:
Die Entwicklungspolitik muss also umdenken. Besonders, wenn es um die Fortschreibung der 2015 auslaufenden Millenniumsziele der Weltgemeinschaft geht. Die acht im Jahr 2000 vereinbarten Ziele seien noch im Wesentlichen auf die armen Länder fokussiert gewesen, betont der frühere Bundespräsident Horst Köhler. Erforderlich sei eine „Entwicklungsagenda für den ganzen Planeten“.
Im Jahr 2000 hatte sich die internationale Gemeinschaft unter anderem verpflichtet, bis 2015 die Armut in der Welt und die Kindersterblichkeit zu halbieren und die allgemeine Grundschulbildung zu verwirklichen. Diese vor allem sozialen Ziele haben die Entwicklungspolitik der letzten eineinhalb Jahrzehnte geprägt – auch wenn sie längst nicht erfüllt wurden. Jetzt ist die Diskussion über eine Nachfolgeregelung unter dem Stichwort „Post-2015-Agenda“ in vollem Gang. Beim Millenniumsgipfel, der heute am Rande der UN-Versammlung in New York stattfindet, sollen Weichen gestellt werden.
UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat ein hochrangiges Expertengremium (HLP) berufen, dem unter anderem Köhler sowie der britische Premierminister David Cameron angehören. Der vom HLP vorgelegte Bericht soll als Grundlage dienen, um in den nächsten zwei Jahren eine verbindliche neue Agenda zu beschließen.
Nachhaltigkeits- und Entwicklungsziele
Doch die Sache ist kompliziert: Entwicklungspolitik und Umweltpolitik laufen in vielen Staaten getrennt nebeneinander her. Und so wurde beim UN-Umweltgipfel „Rio+20“ im Jahr 2012 eine weitere UN-Arbeitsgruppe mit der Formulierung von nachhaltigen Entwicklungszielen (SDGs, sustainable development goals) beauftragt. Auch diese Gruppe soll kommende Woche der UN-Generalversammlung einen Zwischenbericht vorlegen. Anliegen und Themen des HLP und der SDG-Arbeitsgruppe überlappen sich stark. Diskutiert wird, wie die beiden Prozesse aufeinander abgestimmt werden können. Viele Experten befürworten gar eine Zusammenlegung.
Offen ist auch, welche Prioritäten der neue Fahrplan setzen soll. Der Wunschzettel ist lang: Die Entwicklungsagenda 2015 solle mutig und gleichzeitig praktisch, ehrgeizig und gleichzeitig umsetzbar sein, hat der UN-Generalsekretär blumig formuliert. Entwicklungsorganisationen und Politiker fordern, nicht nur soziale Ziele zu verankern, sondern auch Rechtsstaatlichkeit und Gewaltfreiheit, Klima- und Umweltschutz sowie Welthandelspolitik.
Anforderungen an die neue Entwicklungsagenda
„Der Kampf gegen Armut und soziale Ungleichheit und die Förderung demokratischer Teilhabe muss übergreifendes Ziel der Entwicklungspolitik bleiben“, fordert etwa das katholische Entwicklungshilfswerk Misereor, das auch zivile Konfliktbearbeitung und Krisenprävention in die Agenda einbringen will. Die Kinderhilfsorganisation World Vision will besonders den Schutz von Kindern verankern. Und die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ hält die Forderung nach der Regulierung der internationalen Finanzmärkte für unerlässlich.
Die katholische Kirche in Deutschland und Entwicklungsorganisationen fordern, dass die neue Agenda ein ethisches Fundament braucht – und zwar eine grundlegende Besinnung auf die Menschenrechte. „Entscheidend wird es sein, bestehende Verpflichtungen der Staatengemeinschaft, insbesondere im Bereich der Menschenrechte, in ein neues Rahmenwerk zu integrieren“, verlangt Ulrich Post, Vorstandsvorsitzender der Dachorganisation deutscher Entwicklungsorganisationen. Und auch der Trierer katholische Bischof Stephan Ackermann, Vorsitzender der Kommission Justitia et Pax, meint, die Orientierung an den Menschenrechten sei „eine gute Grundlage, um zu einer gerechteren und friedlicheren Welt zu kommen“.
Von Christoph Arens
„Dilexi te“: Papst Leo XIV veröffentlicht erstes Lehrschreiben
Außenminister Wadephulfordert mehr Geld für humanitäre Hilfe
Menschenrechtsbeauftragter Castellucci: Müssen in die Offensive
Hilfswerke: Weitere Kürzungen bei EZ und humanitärer Hilfe kosten Leben
Hilfswerke warnen vor Kürzungen bei Entwicklung und humanitärer Hilfe
Entwicklungsministerin: Haushaltskürzungen extrem schmerzhaft
Haushalt 2025: Rund zehn Milliarden für Entwicklungszusammenarbeit eingeplant
Medmissio: Gesundheitsversorgung weltweit nicht gefährden
Entwicklungsministerin: Priorisierung ist hart, aber notwendig
Einigung bei 42 Grad
UN-Generalsekretär: 4 Billionen Dollar für Entwicklung nötig
Appell an Regierung: Entwicklungszusammenarbeit braucht mehr Mittel
Helfer: G7-Staaten geben zu wenig für Entwicklungshilfe
Neue Entwicklungsministerin betont Bedeutung der Beziehungen zu Afrika
Neue Entwicklungsministerin startet mit Humor ins Amt
Deutschland verfehlt UN-Ziel für Entwicklungsausgaben
Steinmeier: Entwicklungspolitik hat gesellschaftlichen Rückhalt
Große Kirchen werben für verlässliche Entwicklungspolitik
Caritas: Entwicklungshilfe genauso steigern wie Militärausgaben
Hilfswerke: Deutschland muss international mehr Verantwortung übernehmen
So positionieren sich die Parteien zur Entwicklungszusammenarbeit
Bundestagswahl 2025: Informationen, Positionen, Kampagnen
Kirchliche Entwicklungsexperten: Eigenes Ministerium muss bleiben
Entwicklungsministerin: Es kommt auf Deutschland an
Studie: Zustimmung zu Entwicklungspolitik bröckelt
Deutschland verfehlt Ziel für Entwicklungsausgaben
Ministerin Schulze kritisiert Budget für Entwicklungspolitik
Lauter Protest gegen Kürzungen bei finanzieller Zusammenarbeit
Menschenrechtsbeauftragte warnt vor Kürzung bei Entwicklungsetat
Ministerin: Wo der Westen sich zurückzieht, geht Russland rein
„Bei grüner Energie können wir von Brasilien lernen“
Hilfswerke: Kürzung des Entwicklungsetats verheerendes Signal
Verbände: Kürzungen von Entwicklungsgeldern sind Katastrophe
Hilfswerke sehen Not- und Entwicklungszusammenarbeit in Gefahr
Misereor kritisiert wachsende Gewalt auf Haiti
Entwicklungsministerin dringt auf humanitäre Hilfe in Niger
Entwicklungsorganisation: Keine Kürzungen bei humanitärer Hilfe
Misereor: Mehr Geld für zivile Friedens-Lösungen
Schulze legt Strategie für feministische Entwicklungspolitik vor
Hilfswerke gegen „Zeitenwende“ in der Entwicklungspolitik
Vatikan: Probleme in der Fischerei international angehen
„Der Zusammenhalt ist gewachsen“
Im gemeinsamen Handeln entstehen neue Ideen
Entwicklung
Der heimgekehrte Auswanderer
Entwicklungsministerin Schulze wirbt für höheren Etat
EZ-Dachverband beklagt Kürzungen im BMZ-Etat
Deutschland und Ruanda unterzeichnen Klimapartnerschaft
Hilfswerke: Militärausgaben nicht zu Lasten von Entwicklungshilfe
Misereor startet Podcast mit Prominenten zu Entwicklungsarbeit
Hilfsorganisationen fordern Umdenken hin zu Nachhaltigkeit
Dachverband Venro blickt mit Sorge auf Entwicklungsetat für 2022
Bundestag verabschiedet Lieferkettengesetz
Entwicklungshilfe übersteigt zum zweiten Mal 0,7-Prozent-Marke
Der CSU-Politiker Gerd Müller hört als Entwicklungsminister auf
Dachverband: Afrika und Europa näher zusammenbringen
Jesuit warnt vor Kürzungen der Entwicklungshilfe
Entwicklung – globaler Wandel als Gemeinschaftsaufgabe
Verbände fordern Nachhaltigkeitsziele im Koalitionsvertrag
Hilfswerke fordern konsequentere Entwicklungspolitik
Kirche fordert nachhaltigen Tourismus
Venro: Agenda 2030 nicht relativieren
Vision und Wirklichkeit
Religionen als starke Partner
Neuer Fahrplan in der Entwicklungspolitik
EU erhöht Hilfe für Sudan und Südsudan um 30 Millionen Euro