Hilfswerke sehen Not- und Entwicklungszusammenarbeit in Gefahr
Berlin ‐ Ein symbolisch einstürzendes Kartenhaus vor dem Brandenburger Tor als Mahnung: Der Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (Venro) warnt vor Kürzungsplänen der Bundesregierung
Aktualisiert: 14.11.2023
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Mit der Installation eines symbolischen einstürzenden Kartenhauses vor dem Brandenburger Tor in Berlin hat ein Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen vor anstehenden Haushaltskürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit und humanitären Hilfe gewarnt. Save the Children und 20 weitere Organisationen kritisierten am Dienstag mit der sechs Meter hohen Installation und dem Slogan #LuftNachOben die aus ihrer Sicht jetzt schon nicht ausreichende Finanzierung durch die Bundesregierung. In dieser Woche berät der Haushaltsausschuss des Bundestages auch über die geplanten Budgets von Entwicklungsministerium und Außenministerium.
„Ohne ausreichende Finanzierung wird das internationale Hilfesystem zusammenbrechen wie ein Kartenhaus“, erklärte Save the Children-Geschäftsführer Florian Westphal. In diesem Jahr sei wegen vielfältiger Krisen die Zahl der Menschen deutlich angestiegen, die auf lebensrettende humanitäre Hilfe angewiesen seien – auf aktuell etwa 339 Millionen Menschen weltweit. Man sei „weit davon entfernt, Probleme wie Armut, Hunger, Ungleichheit oder die Folgen der Klimakrise so zu bekämpfen, wie es nach der Agenda 2030 unsere Pflicht und Verantwortung wäre.“
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Der Haushalt des Auswärtigen Amtes für humanitäre Hilfe im Ausland könnte den Angaben zufolge von 3,1 Milliarden Euro im Jahr 2022 und 2,7 Milliarden in diesem Jahr auf 1,7 Milliarden im kommenden und geschätzt auf 1,5 Milliarden 2025 sinken. Das Entwicklungsministerium plant demnach in seinem Haushalt ausgehend von 13,78 Milliarden im vergangenen Jahr und 12,15 Milliarden in diesem mit einer kontinuierlichen weiteren Reduzierung auf 11,51 Milliarden im kommenden Jahr und auf 10,27 Milliarden 2025.
Misereor-Experte fordert Erhöhung um mind. 400 Millionen Euro
Die Auswirkungen von Haushaltskürzungen würden erst zeitverzögert sichtbar, wenn einzelne Projektanträge negativ beschieden werden, erklärte Meike Riebau von Save the Children. „Das ist die Tücke des Budgetprozesses.“ Umso wichtiger sei die frühzeitige Warnung.
Der Experte für Entwicklungsfinanzierung, Wirtschaft und Menschenrechte beim katholischen Entwicklungshilfswerk Misereor, Klaus Schilder, betonte, es brauche für eine Welt ohne Hunger und Armut eine Erhöhung der Entwicklungszusammenarbeit von mindestens 400 Millionen Euro. „Die geplanten Kürzungen der humanitären Hilfe und der Entwicklungszusammenarbeit in Deutschland senden ein fatales Signal, und das zu einem Zeitpunkt, da der Bedarf global deutlich steigt. Sie gefährden akut Menschenleben weltweit.“
Investitionen in die langfristige Entwicklungszusammenarbeit seien Zukunftsinvestitionen in bessere Lebensbedingungen, die Überwindung von Armut für Millionen Menschen und die Prävention vor Gewalt, Krieg und Terror, so Schilder. Sparpolitik dürfe nicht zulasten globaler Gerechtigkeit gehen.
Zu dem Bündnis gehören neben Save the Children und Misereor auch Brot für die Welt, Oxfam, die Welthungerhilfe, die AWO, Terre des Hommes, die Christoffel Blindenmission, die Deutsche Stiftung Weltbevölkerung, One Deutschland und die SOS-Kinderdörfer.