Auswärtiges Amt am Werderschen Markt
Hilfswerke: „Fatales Signal“

Kritik an geplanter Umstrukturierung im Auswärtigen Amt

Bonn/Berlin  ‐ Verabschiedet sich die Bundesrepublik von internationaler Verantwortung? Der geplante Umbau im Außenministerium wird von Helfern als fatales Signal in die Welt gesehen. Ungeahnte Kandidaten könnten Deutschland bei der humanitären Hilfe überholen.

Erstellt: 27.11.2025
Aktualisiert: 27.11.2025
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Von Johannes Senk (KNA)

Die geplante Umstrukturierung im Auswärtigen Amt wird Deutschland aus Sicht von Hilfsorganisationen bald viel Ansehen in der Welt kosten. Nach den bereits angekündigten Kürzungen in der humanitären Hilfe sende die Bundesregierung ein „fatales Signal“ in die Welt, kritisiert das Hilfswerk Help am Mittwoch. Das Berliner Centre for Humanitarian Action warnt davor, im globalen Vergleich weiter zurückzufallen. Auch Caritas international spricht von einem Bedeutungsverlust.

Zuvor hatten Medien am Dienstag über die Pläne von Außenminister Johann Wadephul (CDU) berichtet. Demnach soll das Auswärtige Amt grundlegend umgebaut werden. Unter anderem werde die Steuerung von humanitärer Hilfe, Krisenprävention und Friedensförderung nun an die jeweiligen Länderreferate gehen, statt wie bisher in einer eigenen Abteilung gebündelt zu sein. Alle weiteren Kompetenzen der aufgelösten Einheit gingen an die Abteilung für Internationale Ordnung, die auch für UN-Angelegenheiten und Menschenrechte zuständig ist. Laut Wadephul geht es auch darum, Deutschlands Partnerschaften stärker an Interessen auszurichten.

Es sei zu befürchten, dass die Auflösung der bislang eigenständigen Abteilung mit einem weiteren Bedeutungsverlust der humanitären Hilfe einhergehe, sagte der Leiter von Caritas international, Oliver Müller, auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Die deutsche Außenpolitik verstärkt an sicherheitspolitischen und ökonomischen Interessen auszurichten, birgt nicht nur die Gefahr, dass humanitäre Hilfe politisch instrumentalisiert wird, sondern gefährdet auch die Glaubwürdigkeit Deutschlands in Ländern, die dringend auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.“

Auch in der neuen Struktur müsse sich das Auswärtige Amt zu den humanitären Prinzipien bekennen, wonach Hilfe ausschließlich anhand der Kriterien Menschlichkeit, Neutralität und Unparteilichkeit geleistet wird, betonte Müller.

Strategische Interessen statt Bedarfe

Help-Generalsekretär Thorsten Klose-Zuber warnte vor „Kompetenzverlust und Verzögerungen“ durch den Umbau. Die Bundesregierung müsse dringend mit den Akteuren humanitärer Hilfe in den Austausch gehen und Expertisen bündeln, um schnelle Entscheidungswege sicherzustellen. „Die humanitäre Hilfe und insbesondere die Verantwortung Deutschlands in diesem Zusammenhang dürfen nicht zu einem Spiegelstrich in einzelnen Länderreferaten verkommen.“

Das Centre for Humanitarian Action sieht den angekündigten Umbau im Stil einer „interessengeleiteten Außenpolitik“ im Widerspruch zu den von Deutschland mitvereinbarten humanitären Prinzipien von Neutralität und Hilfe für Menschen in größter Not. Die schwarz-rote Bundesregierung habe noch im Koalitionsvertrag zugesagt, die humanitäre Hilfe auskömmlich zu finanzieren, erklärte der Direktor des Thinktanks, Ralf Südhoff.

„Tatsächlich leistet Deutschland nach unseren Analysen künftig nicht einmal ein Drittel des Beitrags, der diesem Ziel angemessen wäre und schafft nun sogar die humanitären Referate selbst ab.“ Das widerspreche auch den geopolitischen Interessen der Bundesrepublik, die damit im humanitären Engagement hinter Staaten wie Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate zurückfalle.

Auch das Hilfswerk Care blickt kritisch auf die Pläne. „Wenn das Prinzip 'Hilfe nach dem größten Bedarf' aufgegeben wird, bedeutet das: Wer Hilfe bekommt, wird nicht mehr danach entschieden, wer sie am dringendsten braucht und am meisten leidet, sondern danach, was uns politisch nützt“, erklärte der Generalsekretär von Care Deutschland, Karl-Otto Zentel.

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