Die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze redet auf einer Veranstaltung
Warnung vor weiteren Kürzungen im Entwicklungshaushalt

Ministerin: Wo der Westen sich zurückzieht, geht Russland rein

Berlin ‐ Bei der Entwicklungszusammenarbeit geht es auch um geostrategische Interessen, sagt Ministerin Svenja Schulze. Sie warnt deshalb vor weiteren Sparmaßnahmen.

Erstellt: 19.03.2024
Aktualisiert: 20.03.2024
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Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) warnt vor neuerlichen Einsparungen bei der Entwicklungszusammenarbeit. „In einer Weltlage, in der wir dringend auf mehr Zusammenarbeit angewiesen sind, brauchen wir mehr und nicht weniger Geld für Entwicklungszusammenarbeit“, sagte die Ministerin im Interview der „tageszeitung“ (taz, Dienstag); und: „Unser jahrzehntelanges solidarisches Auftreten und das Engagement in der Völkergemeinschaft haben unser Land stark gemacht.“ Wer das nicht sehe, laufe Gefahr, „Deutschlands Ansehen – und auch unseren Wohlstand – zu verspielen“.

Als Beispiel nannte Schulze die Geostrategie Russlands, in afrikanischen Ländern die Botschaft zu verbreiten: Der Westen engagiert sich nicht mehr für euch. Wo sich Deutschland zurückziehe, nehme Moskau den Platz ein; etwa zuletzt im Putsch-Land Burkina Faso. In der Sahel-Region gebe es viele Rohstoffe wie Gold, Uran und Phosphat. Zudem sei die Region ein Drehkreuz für Migration nach Nordafrika und Europa. Ein Land wie Burkina Faso aus Mangel an Alternativen weiter in die Arme Russlands zu treiben, wäre grundfalsch, mahnte die Ministerin.

Schulze: Seriös aufklären

Schulze kritisierte „Fake News“ über falsche Summen und Projekte, die gezielt in Umlauf gebracht würden, um die Entwicklungszusammenarbeit in Verruf zu bringen – so etwa „die AfD-Erzählung, wonach Deutschland kein Geld mehr hat und sich aus der internationalen Zusammenarbeit zurückziehen soll“. Dagegen helfe, seriös aufzuklären und die Interessen hinter derartigen Kampagnen zu benennen.

Kürzlich waren von einer früheren AfD-Abgeordneten überhöhte Zahlen zur Förderung von Fahrradwegen in Perus Hauptstadt Lima in Umlauf gebracht worden. Politiker aus der CSU und von den Freien Wählern forderten daraufhin im Angesicht der Proteste von Landwirten in Deutschland, das Geld anderweitig zu nutzen. Wie inzwischen bekannt wurde, lag die tatsächliche Fördersumme nicht nur sehr weit unter den zunächst behaupteten 315 Millionen Euro, sondern wurde zum Teil noch unter Schulzes Vorgänger, dem CSU-Politiker Gerd Müller beschlossen.

Gratwanderung

Die Ministerin betonte nun, viele der sogenannten Entwicklungsländer seien „sehr viel selbstbewusster, als viele hier denken, und suchen sich ihre Partner aus“. Von Russland erhielten sie Waffen und von China große Infrastrukturprojekte – „die allerdings den Nachteil haben, dass die Chinesen ihre Arbeiter oft selber mitbringen und zudem die Schuldenabhängigkeit meist größer wird“.

Mit militärisch oder autokratisch regierten Ländern zusammenzuarbeiten, bezeichnete Schulze als eine Gratwanderung. In Ländern wie Burkina Faso versuche man derzeit, nicht mehr mit der politischen Führung, sondern mit Behörden, lokalen Akteuren und Nichtregierungsorganisationen zusammenzuarbeiten. Es sei leicht, die Kooperation mit solchen Ländern zu diskreditieren. Aber, so die SPD-Politikerin: „Wir dürfen in diesen Ländern nicht ein oder zwei Generationen ganz aufgeben“.

KNA/dr

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