
Einigung bei 42 Grad
Sevilla ‐ Die vierte Konferenz für Entwicklungsfinanzierung in Sevilla fand bei extremen Temperaturen statt – und endete mit einem Kompromiss. Die USA waren nicht dabei.
Aktualisiert: 03.07.2025
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46 Grad – Wetterrekord in Spanien. 42 Grad im Schatten in Sevilla. Klimaanlagen kämpfen gegen die Hitze an; sie sollen die Delegierten der Entwicklungsfinanzierungskonferenz vor dem Hitzeschlag schützen. „Die Krawatten- und Jackettpflicht ist für die verbleibenden Konferenztage aufgehoben“, lassen die spanischen Gastgeber per Eilmeldung verlauten. Die 15.000 Teilnehmenden aus aller Welt besprechen bis Donnerstag Themen, die eng mit der Hitze zusammenhängen: Entwicklungsfinanzierung, Kampf gegen den Klimawandel, schrumpfende Investitionen und steigende Schulden.
Während der vier Verhandlungstage zeigen die Vertreter aus 192 Staaten, dass sie trotz schwieriger Wetter- und Weltlage zusammenarbeiten können. Schon am Montag nimmt die Konferenz einstimmig den „Compromiso de Sevilla“ an, einen 40 Seiten umfassenden Plan für nachhaltige Entwicklung und internationale Zusammenarbeit.
Im Fokus: die drohende Schuldenkrise im Globalen Süden. „Eine Studie von uns zeigt, dass 75 Staaten weltweit hoch oder sehr hoch verschuldet sind“, erläutert der Finanzexperte des Hilfswerks Misereor, Klaus Schilder, die Lage. „Viele dieser Länder bezahlen bereits jetzt mehr Geld in Zinszahlungen, als sie für Gesundheit oder Bildung aufwenden können.“
Die „Selbstverpflichtung von Sevilla“ soll den armen Ländern helfen, eigene Finanzierungsmittel zu finden. Dies will die Staatengemeinschaft durch effizientere Steuersysteme, Investitionen aus der Privatwirtschaft und billigere Kredite bei Entwicklungsbanken erreichen. Außerdem sollen langfristig Institutionen wie die Weltbankgruppe und der Internationale Währungsfonds so reformiert werden, dass diese stärker bei der Entwicklungsfinanzierung helfen. Die Geberstaaten bekräftigen zugleich ihr Ziel, 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe auszugeben und die Mittel der Entwicklungsbanken stark zu erhöhen.
Misereor-Experte: Ergebnis unzureichend
Misereor-Experte Schilder findet das Konferenzergebnis trotzdem unzureichend. Das „Versprechen von Sevilla“ hält er unter dem Strich betrachtet für „sehr enttäuschend“. Es fehlten Mittel für die Umsetzung der Entwicklungsziele und der Menschenrechte. Unzureichend ist der Beschluss auch aus einem anderen Grund. Zwar stimmen 192 Länder der „Verpflichtung von Sevilla“ zu, darunter auch China und Russland, nicht aber die USA. Wörter wie „Klimawandel“, „Geschlechtergerechtigkeit“ oder „Rassismus“ hatte US-Präsident Donald Trump im Februar in allen offiziellen Dokumenten verboten. Der Rest der Weltgemeinschaft war nicht bereit, dies auch im „Compromiso“ zu streichen.
Bereits in einer Vorkonferenz stiegen die USA aus dem Prozess aus und waren in Sevilla nicht vertreten. Beobachtern zufolge vereinfachte dies den Abstimmungsprozess und ermöglichte einen Konsens direkt am ersten Tag. Gegen Ende der Konferenz machte allerdings die Nachricht die Runde, dass die US-Regierung die Entwicklungsbehörde USAid auflöst. Der größte Geldgeber der Entwicklungshilfe fällt damit aus. Das dürfte den finanziellen Druck auf Staaten in Asien, Lateinamerika und Afrika noch einmal erhöhen.
Experte in Sachen Entwicklungsfinanzierung und Entwicklungspolitik: Misereor-Referent Klaus Schilder
Am letzten Konferenztag sinken die Temperaturen etwas; bei 37 Grad machen sich die Delegationen auf den Weg in ihre Heimatländer. Hitzewellen wie in Sevilla werden durch den Klimawandel nach Ansicht von Wissenschaftlern künftig verstärkt auftreten. Mit 17 Entwicklungszielen wollen die Vereinten Nationen bis 2030 das Leben aller Menschen verbessern – und damit auch den Klimawandel bekämpfen.
Jetzt hat die Weltgemeinschaft noch fünf Jahre, um die „Agenda 2030“ umzusetzen. Ein Drittel der Ziele kann sehr wahrscheinlich gar nicht mehr erreicht werden. Trotzdem, fordert Misereor-Vertreter Schilder, sollten die Ziele nicht abgeschrieben werden. Das halte er wichtig auch mit Blick auf die politische Bedeutung, die hinter diesen Zielen stecke.
Die Kirche kämpft seit langem unter anderem für eine Schuldenerlass für die ärmeren Staaten und eine Stärkung der Entwicklungsbanken. Das liegt durchaus auf der Linie dessen, was die Staatengemeinschaft jetzt in Sevilla verhandelt hat.

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