Fassade des Deutschen Bundestags, im Vordergrund das Deckblatt des aktuellen Haushaltsentwurfs
Verhandlungen über Bundeshaushalt 2026 vorgelegt

Hilfswerke: Weitere Kürzungen bei EZ und humanitärer Hilfe kosten Leben

Berlin  ‐ Der Bundestag debattiert in dieser Woche erstmals über den Haushalt für 2026. Im Entwicklungsbereich sieht die Regierung weitere Einsparungen vor. Helfer warnen vor den Konsequenzen.

Erstellt: 23.09.2025
Aktualisiert: 23.09.2025
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Vor den ersten Beratungen des Bundestages über den Bundeshaushalt für das Jahr 20260 warnen kirchliche Hilfswerke vor dramatischen Folgen von Kürzungen bei humanitärer Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit. Die massiven Kürzungen verschlimmerten die weltweite Not und kosteten bereits heute Menschenleben, erklärten Brot für die Welt, Caritas international, Diakonie Katastrophenhilfe und Misereor am Montag. Viele Hilfsprojekte stünden vor dem Aus.

Laut Haushaltsentwurf der schwarz-roten Bundesregierung soll der Etat des Entwicklungsministeriums auf etwa 9,9 Milliarden Euro sinken und sich auch in den Folgejahren um die 9-Milliarden-Marke bewegen. Das seien fast 30 Prozent weniger als noch 2022 und ein Zehn-Jahres-Tief, kritisierten die Hilfswerke. Der Etat für humanitäre Hilfe sei seit 2022 sogar um 60 Prozent auf nur noch eine Milliarde Euro geschrumpft und stagniere nun auf niedrigem Niveau.

Die kirchlichen Werke warnen, angesichts von weltweit rund 700 Millionen hungernden Menschen, eskalierenden Krisen und mehr als 300 Millionen Menschen, die auf humanitäre Hilfe angewiesen sind, sei ein Rückzug Deutschlands aus der internationalen Verantwortung das falsche Signal. Um die Zivilgesellschaft und Partnerprojekte weltweit zu stärken, brauche es eine verlässliche Finanzierung.

Besonders die langfristige Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen leidet nach Ansicht der Hilfswerke unter den Kürzungen. „Die international vereinbarte ODA-Quote von 0,7 Prozent darf nicht erneut unterschritten werden“, heißt es. In Anbetracht der aktuellen Kürzungspläne liege die prognostizierte ODA-Quote für 2027 nur noch bei 0,4 Prozent. Die ODA-Quote, also die Official Development Assistance-Quote, die jährlich der OECD gemeldet wird, gibt den Anteil am Bruttonationaleinkommen an, den ein Land für die staatlich finanzierte Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stellt. Ein großer Teil der Gelder verbleibt dabei regelmäßig in Deutschland: Die Bundesregierung rechnet hier auch Ausgaben anderer Ressorts ein, beispielsweise die Kosten der Unterbringung und Versorgung von Geflüchteten in Deutschland oder auch relevante Forschungsprojekte.

Konsequenzen auch für Deutschland

Der aktuelle Abwärtstrend bei der Finanzierung von Entwicklungszusammenarbeit und Humanitärer Hilfe erschwere die Arbeit extrem, heißt es aus von den evangelischen Hilfswerken Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe. „Während unsere Partner tagtäglich Menschen dabei unterstützen, ein sicheres und selbstbestimmtes Leben zu führen, fährt die Bundesregierung die Mittel für ihren Einsatz immer weiter zurück“, erklärt Dagmar Pruin, Präsidentin der beiden Organisationen. Gerade in Regionen, die staatliche Strukturen nicht erreichten, sei diese Hilfe lebenswichtig. Deutschland müsse seiner Verantwortung gerecht werden und Zusagen halten.

Misereor-Hauptgeschäftsführer Andreas Frick warnte vor den Auswirkungen des geplantetn Etats. „Den geplanten massiven Kürzungen stehen schreckliche Realitäten gegenüber: eine Zunahme von Konflikten und Kriegen, von klimabedingten Dürren und Überschwemmungen, steigenden Zahlen von Menschen, die Hunger leiden und unterernährt sind“, so Frick in Aachen. „Schon jetzt führen die bisherigen Kürzungen dazu, dass Geld für notwendige Projekte in den Bereichen Anpassung an die Klimakrise, Gesundheitsversorgung und Ernährungssicherung fehlt und Menschen ohne Zukunftsperspektiven zurückgelassen werden.“ Das werde ohne Zweifel weitreichende Konsequenzen für Frieden und Sicherheit weltweit, auch für uns in Deutschland, haben.

„Die Entwicklung verläuft in einer absolut falschen Richtung: Aufgrund der wachsenden Zahl von Krisen und Konflikten weltweit ist mehr Solidarität und Bereitschaft zur Hilfe von Nöten, nicht weniger“, kritisiert dann auch Oliver Müller, Leiter von Caritas international. „Es war schon vor den Kürzungen kaum möglich, diese Not substanziell zu lindern. Die politische Rückendeckung für solidarisches Handeln bröckelt weltweit, das System gerät ins Wanken. Die existenzielle Krise trifft zuerst die Schwächsten.“

weltkirche.de/dr/KNA

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