Entwicklungshilfe übersteigt zum zweiten Mal 0,7-Prozent-Marke

Entwicklungshilfe übersteigt zum zweiten Mal 0,7-Prozent-Marke

Entwicklungspolitik ‐ Der Anteil der öffentlichen Entwicklungsleistungen (ODA) am Bruttonationaleinkommen lag laut vorläufigen Daten bei 0,73 Prozent, wie die Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) am Dienstag in Paris mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die deutschen Ausgaben demnach um 13,7 Prozent - insbesondere durch Corona-Hilfen im Ausland und höhere bilaterale Kredite.

Erstellt: 14.04.2021
Aktualisiert: 12.09.2022
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Zum nahenden Ende seiner Amtszeit ein klarer Erfolg für Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU): Deutschland hat im vergangenen Jahr zum zweiten Mal die angepeilte 0,7-Marke in der Entwicklungshilfe erreicht.

Nachdem 2016 erstmals – zum Verdruss von Hilfsorganisationen vor allem als Folge der hohen angerechneten Ausgaben für Flüchtlingshilfe in Deutschland – die 0,7-Prozent-Marke erreicht worden war, war die sogenannte ODA-Quote in den Folgejahren wieder deutlich gesunken. Im vergangenen Jahr lag sie wieder über der 0,7-Prozent-Marke und abzüglich der Kosten für Flüchtlingshilfe im Inland immer noch bei 0,66 Prozent.

Mit etwa 23,8 Milliarden Euro bleibt Deutschland laut OECD nach den USA und vor dem Vereinigten Königreich, Japan und Frankreich in absoluten Zahlen der zweitgrößte Geber an Entwicklungshilfe weltweit. Fünf weitere Länder, Dänemark, Luxemburg, Norwegen, Schweden und Großbritannien, erreichten ebenfalls das 0,7-Prozent-Ziel.

Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) zeigte sich erfreut über die gute Quote des vergangenen Jahres, warnte jedoch vor einem „dramatischen Einbruch“ in den kommenden Jahren. „Die vom Finanzministerium vorgelegte Finanzplanung sieht für die kommenden Jahre einen Rückgang der Entwicklungsmittel um rund ein Viertel vor. Die weltweiten Folgen der Pandemie können wir so nicht bewältigen. Denn Corona wird im nächsten Jahr nicht vorbei sein“, klagte Müller, der mit dem Ende der Legislaturperiode den Bundestag und das Ministerium auf eigenen Wunsch verlässt.

Das Virus habe zudem eine dramatische Wirtschafts- und Hungerkrise ausgelöst, so Müller weiter. 130 Millionen Menschen seien zusätzlich in Hunger und Armut zurückgefallen. 300 Millionen Menschen hätten ihren Arbeitsplatz verloren. „Und weil Medikamente nicht mehr ankommen, etwa für Aids, Tuberkulose oder Malaria, werden in Afrika voraussichtlich mehr Menschen an den Folgen des Lockdowns sterben, als am Virus selbst.“

Der entwicklungspolitische Dachverband Venro zeigte sich zufrieden mit Blick auf die ODA-Quote. „Venro setzt sich seit vielen Jahren hartnäckig dafür ein, dass Deutschland das 0,7- Prozent-Ziel erreicht“, sagte der Venro-Vorsitzende Bernd Bornhorst. Maßgeblich verantwortlich dafür, dass dieses Ziel 2020 erreicht wurde, seien die zusätzlichen Mittel im Rahmen des Corona-Sofortprogramms gewesen. „In Anbetracht der vor uns liegenden Aufgaben ist es wichtig, dass nun in den folgenden Jahren die Mittel für Entwicklungszusammenarbeit in mindestens gleicher Höhe zur Verfügung gestellt werden.“

Auch die Entwicklungsorganisation One lobte das deutsche Engagement im vergangenen Jahr. Die Bundesregierung löse damit ein mehr als 50 Jahre altes Versprechen ein. „Das Ziel für die kommenden Jahre muss jetzt sein, dass Deutschland seine internationale Verantwortung weiter wahrnimmt und die 0,7-Prozent-Marke fortan hält“, betonte die Interims-Direktorin von One Deutschland, Karoline Lerche.

Insgesamt stiegen die ODA-Ausgaben der westlichen Industrienationen auch infolge zusätzlicher Pandemiehilfen auf ein Allzeithoch von umgerechnet rund 135,3 Milliarden Euro (161,2 Milliarden US-Dollar). Die finalen ODA-Zahlen sollen Ende des Jahres bekanntgegeben werden.

Von Anna Mertens (KNA)

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