Die neue Bundesumweltministerin Svenja Schulze redet auf einer Veranstaltung
Umsetzung in Zusammenarbeit mit Partnerländern geplant

Schulze legt Strategie für feministische Entwicklungspolitik vor

Berlin  ‐ Im Koalitionsvertrag hatten sich die Ampel-Parteien auf eine „Feminist Foreign Policy“ geeinigt. Nach Außenministerin Baerbock (Grüne) legte nun auch Entwicklungsministerin Schulze (SPD) ein entsprechendes Konzept vor.

Erstellt: 01.03.2023
Aktualisiert: 01.03.2023
Lesedauer: 

Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat ihre Strategie für eine feministische Entwicklungspolitik vorgelegt. Ziel sei es, Frauen die gleichen Rechte und den gleichen Zugang zu Ressourcen zu garantieren wie Männern, und darauf hinzuwirken, dass Frauen in politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen gleichberechtigt vertreten und eingebunden sind, teilte das Entwicklungsministerium in Berlin mit.

Schulze unterrichtet am Mittwoch das Bundeskabinett über die Strategie – gemeinsam mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne), die über ihre Leitlinien für eine feministische Außenpolitik informiert.

Das Konzept soll in der Zusammenarbeit mit den Partnerländern verankert werden. Bis 2025 sollen demnach über 90 Prozent der neuzugesagten Projektmittel des Entwicklungsministeriums in Vorhaben fließen, die die Gleichstellung voranbringen. 2021 waren es etwa 64 Prozent. Mindestens 50 Prozent der Führungspositionen im Entwicklungsressort sollen mit Frauen besetzt werden. In internationalen Organisationen wie der UNO, der Weltbank und der EU will das Ministerium die feministische Entwicklungspolitik auf die Tagesordnung setzen.

HTML-Elemente (z.B. Videos) sind ausgeblendet. Zum Einblenden der Elemente aktivieren Sie hier die entsprechenden Cookies.

Ungerechte Machtstrukturen sollen verändert werden

„Feministische Entwicklungspolitik ist für mich eine Frage von Gerechtigkeit“, erklärte die Ministerin. „Frauen und Mädchen machen die Hälfte der Weltbevölkerung aus. Sie sollten auch die Hälfte der Macht haben.“ Keine Gesellschaft könne es sich leisten, auf dieses Potenzial zu verzichten. Wenn Frauen gleichberechtigt seien und gleiche Verantwortung trügen, gebe es weniger Armut, weniger Hunger und mehr Stabilität in der Welt.

Bisher würden Frauen und Mädchen häufig im Rahmen bestehender Strukturen unterstützt, so das Ministerium. Jetzt sollen ungerechte Machtstrukturen ausdrücklich verändert werden. So will die Ministerin das Recht der Frauen auf körperliche Selbstbestimmung fördern: Jede Frau soll selbst bestimmen können, ob, wann und wie häufig sie schwanger werden und wie viele Kinder sie haben möchte. Auch sollen alle Mädchen die Möglichkeit haben, einen Schulabschluss zu machen und den Beruf ihrer Wahl erlernen dürfen. Frauen müsse zudem das Recht garantiert werden, vor Gericht zu klagen, wenn Arbeitsbedingungen unfair seien oder Löhne gezahlt würden, die nicht zum Lebensunterhalt ausreichten.

Ansetzen will das Ministerium auch beim Zugang der Frauen zu Land: Weltweit stellten Frauen 43 Prozent der landwirtschaftlichen Arbeitskraft, machten aber weniger als 15 Prozent der Landbesitzer aus, weil sie beispielsweise vom Erbrecht diskriminiert werden, so das Ministerium. Außerdem brauchten Frauen gleichberechtigten Zugang zu sozialen Sicherungssystemen wie dem Gesundheitssystem und der Altersvorsorge, sowie zum Finanzsystem und zu Krediten.

Strategiepapier herunterladen

Das Strategiepapier zur feministischen Entwicklungspolitik ist über die Internetseite des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) im PDF-Format abrufbar.

Baerbock betonte in einem ersten Statement, feministische Außen- und Entwicklungspolitik sei kein nice to have", sondern "eigentlich eine Selbstverständlichkeit". Sie ziehe sich durch alle Bereiche des außenpolitischen Handels, der humanitäre Hilfe und der Friedensmissionen. Schulze erklärte, Frauen müssten bei der Entwicklungspolitik mit addressiert werden.

Baerbock und Schulze gaben Beispiele für konkrete Projekte. So seien in Sambia Frauen bei der Planung eines Wassersystems einbezogen worden. In Kolumbien spielten Frauen eine große Rolle beim Friedensprozess. Bei der humanitären Hilfe sei es etwa beim Aufbau eines Dorfes wichtig, die Interessen aller dort lebenden Menschen zu berücksichtigen. Dazu gehörten Schulen, aber auch die medizinische Versorgung von Kleinkindern und der Zugang zu Hygieneartikel für Frauen. Nach ihren Angaben haben sich weltweit rund 30 Staaten zu einer feministischen Außenpolitik bekannt.

In dem Vorwort zu dem 80-seitigen Katalog, der die Leitlinien enthält, schreibt Baerbock: Wir verfolgen eine feministische Außenpolitik, weil es bitternötig ist. Weil Männer und Frauen weltweit noch immer nicht gleichgestellt sind. Weil Frauen, aber auch Kinder oder Ältere in Konfikten besonders verletzlich sind. Auf meinen Reisen habe ich immer wieder einen Satz gehört, von dem ich gehofft hatte, dass er längst der Vergangenheit angehört: 'Vergewaltigung – das gehört halt zum Krieg dazu.' Feministische Außenpolitik bedeutet, sich dagegenzustellen, klarzumachen, dass Vergewaltigungen ein Kriegsverbrechen sind. Und dass die Täter zur Verantwortung gezogen werden müssen."

Nach Angaben der UN soll feministische Außen- und Entwicklungspolitik die Menschenrechte und die Bedürfnisse aller Menschen berücksichtigen und patriarchale sowie gewaltvolle Strukturen zurückdrängen. Zugleich solle die Repräsentanz von Frauen im öffentlichen Leben und in Führungspositionen gestärkt werden. Möglichst viele Menschen sollen Zugang zu Nahrung, Ernährung und Bildung haben.

KNA

Mehr zum Thema