Auch Experten sind sich offenbar nicht sicher, was tatsächlich vor sich geht. Wenig bis gar nichts dringt vom Inhalt der Verhandlungen nach außen. Auch Katholiken vor Ort tappen im Dunkeln, fühlen sich nicht mitgenommen. Die Befürchtung: Was wird aus uns, wenn Rom über unsere Köpfe mit der Regierung paktiert? Sogar neue Spaltungen werden nicht ausgeschlossen, sollten bislang Romtreue den vatikanischen Kurs nicht mitgehen wollen. Dazu kommt das Risiko: Welche möglichen Zusagen hält das kommunistische Regime überhaupt ein?
Wortführer der Kritiker ist ausgerechnet ein Kardinal: Joseph Zen Ze-kiun, von 2002 bis 2009 Bischof von Hongkong. Der 86-Jährige ist der Freigeist unter den Bischöfen im so höflichen China. In China sei „alles Fake“, sagt er etwa. Solange die Kommunistische Partei regiere, herrsche eine „Kultur der Lüge“. Allerdings reibt man sich verwundert die Ohren angesichts der scharfen Töne, die der Kardinal dieser Tage auch in Richtung Rom sendet. Von „Ausverkauf“ ist da die Rede, von „Unkenntnis“, „Fehleinschätzungen“, „Naivität“.
Am Samstagabend hat Kardinal Zen in Bonn den Menschenrechtspreis der Stephanus-Stiftung für verfolgte Christen erhalten. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) betonte er, kein Abkommen sei besser als ein schlechtes Abkommen. Es gebe Leute im Vatikan, wie Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, die „ein Abkommen um jeden Preis wollen“. Da liege der Fehler – „nicht beim Papst“.