Honkong: Prozess gegen Kardinal Zen hat begonnen
Hongkong ‐ Dem früheren Bischof von Hongkong und fünf Mitstreitern wird vorgeworfen, einen Unterstützungs-Fonds für Demokratieaktivisten nicht angemeldet zu haben. Beobachter vermuten politische Gründe hinter dem Verfahren.
Aktualisiert: 27.09.2022
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Nach mehrfacher Verschiebung hat in Hongkong am Montag der Prozess gegen Kardinal Joseph Zen Ze-kiun und fünf weitere Angeklagte begonnen. Ihnen wird vorgeworfen, einen inzwischen aufgelösten Fonds zur Unterstützung von Demokratieaktivisten nicht ordnungsgemäß registriert zu haben. Ein Video des Nachrichtenportals South China Morning Post zeigt, wie der gebrechlich wirkende 90-jährige Kardinal auf einen Stock gestützt und mit einem Rucksack auf dem Rücken das Gerichtsgebäude im Stadtteil West Kowloon betritt.
Der ursprünglich für vergangenen Montag geplante Prozessbeginn war wegen der Corona-Infektion von Richterin Ada Yim Shun-yee vertagt worden. Sie gehört zu einem kleinen Kreis handverlesener Richter für Verfahren auf Grundlage des von Peking im Sommer 2020 erlassenen Sicherheitsgesetzes.
Das Zen und den anderen fünf Angeklagten zur Last gelegte Vergehen ist allerdings kein Tatbestand gemäß diesem Gesetz. Allerdings ermittelt die Polizei nach Informationen der South China Morning Post auf Basis des Sicherheitsgesetzes parallel zum Prozess gegen Zen und die anderen wegen des Vorwurfs einer „Absprache mit ausländischen Mächten“.
Staatsanwalt Anthony Chau Tin-hang wird in der bis voraussichtlich Freitag dauernden Anhörung 17 Zeugen befragen und acht Stunden Videoaufnahmen von Aktivitäten des Fonds vorführen, berichtet das Portal. Anschließend hätten Verteidigung und Staatsanwaltschaft bis Anfang November Zeit für Eingaben an das Gericht. Im Fall einer Verurteilung drohen den Anklagten jeweils umgerechnet rund 1.300 Euro Geldstrafe. Der Staatsanwalt hat sich unter anderem im ersten Prozess auf Grundlage des Sicherheitsgesetzes einen Namen als Hardliner gemacht.
Das EU-Parlament verurteilte Anfang Juli Zens Verhaftung und forderte die Einstellung des Verfahrens gegen ihn und andere Unterstützer der Demokratiebewegung. Den Vatikan forderten die Abgeordneten in einer Entschließung auf, „seinen Druck auf die chinesischen Staatsorgane zu verstärken“ und auf ein Ende von Verfolgungen und Menschenrechtsverletzungen zu dringen.
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Der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller hatte den Vatikan für sein Schweigen zur Causa Zen kritisiert. Weder der Dekan des Kardinalskollegiums noch Staatssekretär Pietro Parolin noch der Papst habe beim Treffen der Kardinäle Ende August „das sehr ernste Problem unseres Bruders Zen“ angesprochen, sagte Müller zuletzt der Zeitung „Il Messaggero“. Es habe kein Dokument der Solidarität, keine Gebetsinitiative für ihn gegeben.
Zen zählt zu den kirchenpolitisch prägenden katholischen Kirchenvertretern Asiens. Über seine Amtszeit als Bischof von Hongkong hinaus gehört der Ordensmann der Salesianer Don Boscos zu den prominenten Kritikern der Regierung in Peking und ihrer Religionspolitik, zuletzt zunehmend auch des Vatikan und seiner China-Politik. Aktuell steht im Raum, ob das 2018 zwischen Peking und dem Vatikan geschlossene geheime Abkommen über eine gegenseitige Anerkennung von Bischofsernennungen fortgeführt wird.