Neuer Bischof von Hongkong setzt auf Dialogbereitschaft
Hongkong ‐ Die Leitung des Essener Partnerbistums Hongkong hat am 1. August Michael Yeung übernommen. Bei einem Treffen mit jungen Leuten aus dem Ruhrgebiet äußerte er wenig Hoffnung auf schnelle Verbesserungen für die Katholiken in China.
Aktualisiert: 19.03.2024
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Die Leitung des Essener Partnerbistums Hongkong hat am 1. August Michael Yeung übernommen. Bei einem Treffen mit jungen Leuten aus dem Ruhrgebiet äußerte er wenig Hoffnung auf schnelle Verbesserungen für die Katholiken in China.
Im Streit um die Religionsfreiheit und den Status der katholischen Kirche in China erwartet der neue Bischof von Hongkong, Michael Yeung, in den kommenden Monaten keine wesentlichen Fortschritte. Zu sehr sei die chinesische Regierung derzeit mit innenpolitischen Fragen beschäftigt, sagte der 70-jährige Theologe am Freitag in der asiatischen Metropole bei einem Treffen mit jungen Erwachsenen aus dem Partnerbistum Essen.
„Derzeit stagniert alles“, so der gebürtige Chinese, der seit Anfang August die Diözese in der ehemaligen britischen Kronkolonie leitet. Erst nach dem 19. Nationalen Volkskongress der kommunistischen Partei im November sieht Yeung wieder Chancen auf Verbesserungen im Verhältnis zwischen China und dem Vatikan.
Kleines, aber kontinuierlich wachsendes Bistum
Noch bis zum kommenden Freitag besucht eine 25-köpfige Gruppe aus dem Ruhrgebiet das Bistum Hongkong, das seit Anfang der 1960er Jahre partnerschaftlich mit dem Ruhrbistum verbunden ist. Auf dem Programm stehen Besuche von katholischen Schulen, Pfarrgemeinden und Caritas-Einrichtungen sowie der persönliche Austausch in Gastfamilien.
Neben der Situation in der mit rund 400.000 Katholiken relativ kleinen, aber durch den Zuzug katholischer Einwanderer von den Philippinen und allein rund 3.000 Erwachsenen-Taufen pro Jahr kontinuierlich wachsenden Diözese, steht in den Gesprächen auch immer wieder die schwierige Lage für die Christen in China auf dem Programm.
Chinesische Regierung will Kirche kontrollieren
Anders als in der autonomen, vor 20 Jahren an China zurückgegebenen ehemaligen Kolonie kann sich die katholische Kirche in der Volksrepublik nicht frei entfalten. Die chinesische Regierung verlangt eine Registrierung katholischer Einrichtungen und will jeglichen Kontakt ins Ausland – etwa zum Vatikan bei der Ernennung von Bischöfen – verhindern. Dies ist für den Vatikan nicht akzeptabel, seit 2014 gibt es deshalb diplomatische Verhandlungen zwischen dem Kirchenstaat und der Volksrepublik.
„Die bislang letzten Gespräche sind im vergangenen Juni beendet worden“, erläuterte Bruno Lepeu in einem Gespräch mit der Gruppe aus Essen. Der französische Missionar arbeitet im Holy Spirit Study Center, einem katholischen Büro in Hongkong, das die Aktivitäten der Glaubensgeschwister jenseits der Grenze beobachtet und dokumentiert.
Neben den ungeklärten strukturellen Fragen um den Status der katholischen Kirche in China, belaste auch die Tatsache, dass nach wie vor mehrere katholische Bischöfe in Gefängnissen oder anderweitig von der Regierung festgehalten würden, das Verhältnis zwischen der Volksrepublik und dem Vatikan, so Lepeu.
Er betonte, dass ein Schwarz-Weiß-Denken mit Blick auf die Kirche in China – einerseits die von der Regierung anerkannte Bischofskonferenz „Patriotische Vereinigung“, andererseits die nicht registrierte „Untergrundkirche“ – zu kurz greife. „Es gibt nur eine katholische Kirche in China, ein Teil arbeitet mit der Regierung zusammen, ein anderer tut dies nicht.“ Auch sogenannte „Untergrundkirchen“ seien nicht immer versteckt, sondern teils öffentlich sichtbar und vor Ort allgemein bekannt.
Ein Jugendtreffen mit mehreren hundert Teilnehmern in einer Untergrundkirche zum Beispiel sei jüngst möglich gewesen, weil es einen „Deal“ mit der lokalen Verwaltung gegeben habe: So lange dieses Treffen nicht beworben werde und regional begrenzt bleibe, lasse man die Christen in diesem Ort gewähren, berichtete Lepeu. „Viele Dinge sind für die Katholiken in China möglich – aber es gibt auch sehr viele Schwierigkeiten“, fasste er die Situation zusammen.
„Man jagt einen Hund nicht in eine Sackgasse“
Bischof Yeung, der Anfang August Kardinal John Tong (78) als Bischof von Hongkong abgelöst hatte, machte im Gespräch mit der Gruppe aus Deutschland deutlich, dass er mit Blick auf China, aber auch auf die Gesellschaft in der Sieben-Millionen Metropole Hongkong eine gesprächsoffene Amtsführung anstrebe und auf Provokationen verzichte. „Man jagt einen Hund nicht in eine Sackgasse“, zitierte er ein chinesisches Sprichwort, um seine dialogbereite Haltung zu untermauern – wohlwissend, dass nicht alle Katholiken in Hongkong diese Haltung gutheißen. „Ich werde dafür kritisiert, dass ich die Regierung zu wenig kritisiere“, sagte Yeung.
So wünschen sich in diesen Tagen gerade junge Hongkonger Katholiken deutlichere öffentliche Solidaritäts-Worte des Bischofs für drei Männer, die bei der „Regenschirm-Bewegung“ 2014 zu Protesten für mehr Demokratie und soziale Gerechtigkeit aufgerufen hatten und am Donnerstag dafür zu mehrmonatigen Haftstrafen verurteilt worden waren. Aus seiner Haltung hierzu machte Yeung keinen Hehl: „Ich unterstütze die Studenten, ich unterstütze jeden gewaltfreien Protest für soziale Verbesserungen.“ Aber offenbar ist seine persönliche Form des Protests eine andere, diplomatischere, als etwa die seines Vor-Vorgängers Kardinal Joseph Zen, der sich 2014 selbst an den Demonstrationen beteiligt hatte.
Von Thomas Rünker, Bistum Essen
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