Der Papst wendet sich in Mongolei gegen Vorurteile und Bedenken
Ulan Bator ‐ Der Papst besucht eine der kleinsten katholischen Gemeinschaften der Welt. Doch die langsam wachsende Kirche in der Mongolei könnte Vorbild für katholisches Leben in anderen Ländern sein. Vielleicht auch in China?
Aktualisiert: 04.09.2023
Lesedauer:
Kleine Häuser auf ansonsten leeren, eingezäunten Grundstücken, Kraftwerke mit riesigen Kühltürmen und durchnummerierte Plattenbauten prägen das Stadtbild von Ulan Bator. Zwischen eilig errichteten Gebäuden aus den 1990er-Jahren und sozialistischen Prunkbauten stehen Hochhäuser mit gläserner Fassade und Betonskelette, die es noch werden wollen.
Die Jahrzehnte des Kommunismus haben architektonisch ihre Spuren in der Mongolei hinterlassen. Das gilt auch für andere Lebensbereiche. Nach dem staatlich verordneten Atheismus bezeichnen sich heute etwa 60 Prozent der Mongolen als religiös. Mit dem Zerfall der Sowjetunion und der Demokratisierung des Landes kamen die bis dahin verbotenen Religionen zurück in die Öffentlichkeit; gewachsen sind sie in den letzten 31 Jahren langsam.
In dem einst multireligiös geprägten Land ist der Lamaismus, eine Sonderform des tibetischen Buddhismus, am stärksten verbreitet. Elemente des traditionellen Schamanismus werden teils mit anderen Religionen kombiniert. Ausländische Missionare brachten ab 1992 das Christentum ins Land. Angehörige dieser Weltreligion machen aktuell etwa 2 Prozent aus, Katholiken haben daran nur einen kleinen Anteil.
Papst: Lehren durch Taten bekräftigen
Die Minderheit zu ermutigen und die Arbeit der Missionare zu erleichtern waren auch Gründe, warum der Papst in die Mongolei gereist ist. Hier gelten feste Regeln für Missionstätigkeiten und gelegentlich kommt es zu Problemen mit speziellen Visa und Aufenthaltsgenehmigungen für ausländische Glaubensverkünder. Auch die notwendige Registrierung für religiöse Gruppen und Einrichtungen gestaltet sich mitunter langwierig und schwierig.
Andere christlich inspirierte Gemeinschaften und ihre Herangehensweisen an die Mission können diese Schwierigkeiten für Katholiken verstärken. Wohl auch darum betonte der Papst am Sonntag in Ulan Bator die diskrete Art der Annäherung katholischer Missionare an die andere Kultur.
Bei einem Treffen mit Vertretern unter anderen von Buddhismus, Hinduismus und Evangelikalen erinnerte er zudem an religiöse Verantwortung: „Unser Verhalten soll die Lehren, die wir bekennen, durch Taten bekräftigen; sie dürfen ihnen nicht widersprechen und so Anstoß erregen.“
So dürfe es keine Vermengungen geben von Glaube und Gewalt, von Heiligkeit und Zwang, von Glaubensweg und Sektierertum. Der soziale Wert der Religionen messe sich daran, ob es gelinge, mit anderen in Harmonie zu leben, erklärte Franziskus.
Zugleich betonte er das Recht zur Glaubensverkündigung. In pluralistischen Gesellschaften, die an demokratische Werte glauben, wie die Mongolei, habe jede religiöse Institution die Pflicht und vor allem das Recht, das anzubieten, was sie ist und woran sie glaubt. Voraussetzungen sind laut Franziskus die ordnungsgemäße Anerkennung durch staatliche Autoritäten, Respekt vor dem Gewissen der Anderen und das Ziel des Gemeinwohls.
„In diesem Sinne möchte ich euch versichern, dass die katholische Kirche diesen Weg gehen möchte und fest an den ökumenischen, interreligiösen und kulturellen Dialog glaubt“, so der Papst. Dieser Dialog ebne die Unterschiede nicht ein, sondern helfe, sie zu verstehen, er bewahre sie in ihrer Originalität und ermögliche es, sich zur aufrichtigen und gegenseitigen Bereicherung auszutauschen.
Fingerzeig Richtung China?
Versichert haben dürfte das Franziskus aber nicht nur seinem Gastgeberland und den weiteren Religionsvertretern. Wie schon bei einer ersten Rede am Samstag dürfte sich seine Botschaft auch als subtiler Fingerzeig Richtung China deuten lassen.
Neben seinen Ausführungen zur Kirche und Mission erwähnte er gleich neun Mal das auch in der chinesischen Politik sehr geläufige Wort „Harmonie“. „Es meint jene besondere Beziehung, die sich zwischen verschiedenen Wirklichkeiten entwickelt, diese aber nicht überlagert und vereinheitlicht, sondern die Unterschiede achtet und dem Zusammenleben nützt“, deutete es Franziskus.
Zu dem mächtigen Nachbarland der Mongolei unterhält der Vatikan keine diplomatischen Beziehungen, er versucht aber seit Jahren, die Zusammenarbeit mit Peking zu verbessern – auch zum Wohle der Katholiken im Land. Bislang mit mäßigem Erfolg. Lediglich ein Abkommen zur Ernennung von Bischöfen verbindet den Heiligen Stuhl mit der Volksrepublik China.
Der Papstbesuch in der Mongolei scheint in Peking indes Beachtung zu finden. Das Land reagierte positiv auf ein Grußtelegramm des Papstes beim Flug durch chinesischen Luftraum Richtung Reiseziel Ulan Bator. Ein Sprecher des Außenministeriums erklärte anschließend: „China möchte den konstruktiven Dialog mit dem Vatikan weiterführen, das Verständnis verbessern, gegenseitiges Vertrauen aufbauen und den Prozess der Verbesserung der Beziehung zwischen den beiden Seiten voranbringen.“
KNA