Kardinal Zen im Kardinalsornat schaut in die Kamera
Nach Protesten gegen Sicherheitsgesetze

Kardinal Zen und andere Menschenrechtler in Hongkong verurteilt

Der Peking-Kritiker Kardinal Joseph Zen und fünf weitere Unterstützer der Demokratiebewegung standen in Hongkong vor Gericht. Ihr Vergehen: Der von ihnen angestoßene Hilfsfonds für Demokratie-Aktivisten war nicht staatlich registriert.

Erstellt: 30.11.2022
Aktualisiert: 30.11.2022
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Kardinal Joseph Zen (90) und fünf weitere Menschenrechtler sind am Freitag in Hongkong wegen Nichtregistrierung eines Hilfsfonds für Demokratie-Aktivisten verurteilt worden. Das Gericht in West-Kowloon verhängte gegen den früheren Erzbischof von Hongkong und die fünf weiteren Angeklagten aus Wissenschaft, Gesellschaft und Kunst Geldstrafen zwischen 2.500 und 4.000 Hongkong-Dollar, wie das Portal „Hong Kong Free Press“ berichtet.

Die Verhaftung der sechs Angeklagten im Mai sowie der Prozess hatten weltweit Empörung ausgelöst. Der inzwischen aufgelöste „Fonds 612“ bot Menschen, die bei den Demokratieprotesten 2019 festgenommen wurden, finanzielle, juristische und psychologische Hilfe.

Gebetsandacht im Victoria Park mit Kardinal Joseph Zen Ze-kiun (m.) für Demokratie und Freiheit im Rahmen der Demonstrationen in Hongkong am 18. August 2019.
Bild: © Michael Lenz/KNA

Gebetsandacht im Victoria Park mit Kardinal Joseph Zen Ze-kiun (m.) für Demokratie und Freiheit im Rahmen der Demonstrationen in Hongkong am 18. August 2019.

Die oberste Richterin führte an, laut der geltenden Verordnung hätten die Träger binnen eines Monats nach Gründung die Eintragung des Fonds oder mögliche Befreiung beantragen müssen. Die Stiftung falle in keine der in der Gesetzgebung aufgeführten ausgenommenen Kategorien, da er nicht ausschließlich wohltätigen, sondern politischen Zwecken gedient habe. 

In seinem Abschlussplädoyer hatte Zens Anwalt kürzlich die Verordnung zur Registrierung von Vereinen als Rechtsgrundlage des Prozesses gegen seinen Mandanten zurückgewiesen. Die Verordnung sei vor 50 Jahren erlassen worden, um gegen Triaden und andere „anrüchige“ Gruppen vorzugehen und könne daher nicht auf alle nicht eingetragenen Vereine angewandt werden.

Zens Verhaftung am 11. Mai hatte weltweit Empörung ausgelöst. Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, die Nummer zwei des Vatikan, reagierte beunruhigt. Das EU-Parlament verurteilte die Verhaftung und forderte eine Einstellung des Verfahrens. Der Vatikan solle zudem „seinen Druck auf die chinesischen Staatsorgane verstärken“, hieß es. Der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller, ehemaliger Präfekt der Glaubenskongregation, warf dem Vatikan indes unangebrachte Zurückhaltung in der Causa Zen vor.

Der Kardinal zählt zu den prägenden Kirchenvertretern Asiens. Über seine Amtszeit als Bischof von Hongkong (2002-2009) hinaus gehört der Ordensmann der Salesianer Don Boscos zu den prominenten Kritikern der Regierung in Peking und ihrer repressiven Religionspolitik.

dr/kna