Frage: Der Weltkirche-Bischof Ludwig Schick hat zum Anlass des Weltgebetstages für die Kirche in China betont, die aktuellen Verhandlungen zwischen Vatikan und China seien in einer sehr wichtigen Phase, ein Konsens bei den Bischofsernennungen könne ein Meilenstein sein.
Welling: Sollte es dazu kommen, wäre dies tatsächlich ein Meilenstein in der Geschichte der chinesischen Kirche, aber es ist nicht klar, ob sich ihre Situation dadurch verbessern oder vielleicht sogar verschlechtern würde. Hier geht es schließlich um die Frage, wer am Ende die Macht über die katholische Kirche Chinas hat, China oder der Heilige Stuhl.
In den 90er Jahren geschah das noch recht informell, China und der Vatikan haben Bischofsernennungen zumeist im Geheimen unkompliziert abgesprochen. Bestimmte Geschehnisse um das Jahr 2000 herum, allen voran die Heiligsprechung der chinesischen Märtyrer am höchsten Festtag der kommunistischen Partei, haben die Chinesen dann veranlasst, gegen Einwände des Vatikan eigene Bischöfe zu ernennen, unter anderem sogar unter polizeilichem Zwang, mittels Entführungen oder Hausarresten. Die Selbsternennung der Bischöfe durch die Volksrepublik China wurde unterdessen zum unabdingbaren Prinzip erhoben. Unter dem neuen Papst Franziskus und unter Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin begannen dann im April 2014 neue Verhandlungen.
Bis Ende 2016 haben sich die Delegationen schon fünf Mal getroffen. Die Teilnehmer wurden nie öffentlich gemacht, auch wenn viel durchsickerte, die Inhalte sind eigentlich geheim und so schwirren viele Halbwahrheiten im Dschungel der kirchlichen Gerüchteküche herum.
Das Hauptthema scheint aber zu sein, wer wie die Bischöfe ernennt, vor allem, wer das letzte und entscheidende Wort dabei hat. Der Heilige Stuhl hat laut dem Zweiten Vatikanischen Konzil und nach dem Kirchenrecht einen Alleinanspruch auf Bischofsernennungen.
Die Volksrepublik China wiederum erhebt nach ihrem Grundgesetz für sich selbst auch diesen Anspruch, da es dort nach Paragraph 36 heißt: Die religiösen Organisationen und Angelegenheiten dürfen von keiner ausländischen Kraft (sprich: Vatikan) beherrscht werden. Die Verhandlungen sind äußerst schwierig. Ob sie gut stehen oder nicht, darüber streiten sich die China-Spezialisten auf der ganzen Welt und ebenso die Geistlichen in China selbst. Abwarten!
Das Interview führte Claudia Zeisel.
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