Kirche in Bolivien kritisiert Prozess gegen Ex-Präsidentin Anez
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Kirche in Bolivien kritisiert Prozess gegen Ex-Präsidentin Anez

La Paz ‐ In Bolivien ist die inhaftierte Ex-Interimspräsidentin Anez im Hungerstreik. Die Bischöfe des Landes kritisieren den Prozess gegen sie als politisch motiviert.

Erstellt: 19.02.2022
Aktualisiert: 15.11.2022
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Die Kirche in Bolivien hat den laufenden Prozess gegen die ehemalige Übergangs-Präsidentin Jeanine Anez als politisch motiviert kritisiert. Das Verfahren diene dazu, die Wahrheit rund um die Vorfälle aus dem Jahr 2019 zu vertuschen, heißt es in einer Stellungnahme der Bolivianischen Bischofskonferenz, die am Donnerstag (Ortszeit) verbreitet wurde.

Der Zustand des Justizsystems habe sich verschlechtert, schrieben die Bischöfe, die seit geraumer Zeit eine Strukturreform fordern, um die politische Unabhängigkeit der Justiz zu stärken. Jüngste Vorfälle wie die Freilassung Krimineller gegen Geld hätten dazu geführt, dass die Bevölkerung jedwedes Vertrauen in das System verloren habe. Rufe nach einer tiefgreifenden Reform für eine transparente und korruptionsfreie Justiz würden lauter.

Bolivien wurde nach der Präsidentschaftswahl im Oktober 2019 von heftigen Unruhen erschüttert. Schon die erneute Kandidatur des damaligen Präsidenten Evo Morales war nach einem verloren gegangenen Referendum über eine dazu notwendige Verfassungsänderung hoch umstritten. Morales brach sein Wort und setzte seine Kandidatur gegen das Wählervotum auf juristischem Wege durch.

Inzwischen räumt er ein, seine Kandidatur trotz des Neins der Wählerschaft bei dem Referendum sei ein Fehler gewesen. Nach den Wahlen 2019 warf die Opposition dem seit 2006 regierenden sozialistischen Präsidenten Betrug vor, Hunderttausende gingen auf die Straße. Morales bestand zunächst auf einem Sieg im ersten Durchgang.

Eine Kommission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) sprach in einem Abschlussbericht von schwerwiegenden Manipulationsversuchen und empfahl Neuwahlen, auch bolivianische Informatiker kamen zu diesem Schluss. Morales trat auf Druck aus Reihen regierungsnaher Gewerkschaften, der Ombudsstelle des bolivianischen Volkes, der Armee und der Polizei zurück, ging zunächst nach Mexiko und später nach Argentinien ins Exil. Inzwischen ist er wieder in Bolivien, nimmt innerhalb der sozialistischen Regierungspartei führende Funktionen wahr und spricht von einem Putschversuch gegen sich.

Anez übernahm nach dem Rücktritt von Morales das Amt der Interimspräsidentin und organisierte inmitten der Corona-Pandemie Neuwahlen, die die Morales-Partei MAS mit dem Spitzenkandidaten Luis Arce gewann und seitdem wieder regiert. Anez wird von den Wahlsiegern vorgeworfen, für das gewaltsame Vorgehen von Sicherheitskräften bei Protesten verantwortlich gewesen zu sein, bei denen Menschen starben. Zudem sei sie zu Unrecht an die Interims-Präsidentschaft gelangt. Die Opposition macht dagegen Morales für gewalttätige Ausschreitungen verantwortlich und fordert, auch er müsse vor Gericht gestellt werden.

Anez wurde im vergangenen Jahr festgenommen und sitzt in Untersuchungshaft. Weil sie dort einen Hungerstreik begann, ist ihr Gesundheitszustand nach Angaben der Tochter kritisch. Bolivianische Medien berichten über einen baldigen Besuch eines UN-Sonderberichterstatters, der das Justizsystem in Bolivien untersuchen solle.

Im vergangenen Jahr hatte die Kirche eine eigene Dokumentation über die Ereignisse von 2019 veröffentlicht: Darin hieß es, dass die damalige Oppositionspolitikerin Anez nicht – wie von der inzwischen wieder regierenden sozialistischen Partei MAS behauptet – verfassungswidrig ins Amt gekommen sei, sondern sogar mit Unterstützung der MAS. Anez erklärte nach ihrer Verhaftung, ihr werde ein Putschversuch vorgeworfen, den es nie gegeben habe.

Von Tobias Käufer (KNA)

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