Argentinien baut einen Grenzzaun mit viel Sprengkraft
Drogenhandel breitet sich in Argentinien aus

Argentinien baut einen Grenzzaun mit viel Sprengkraft

Buenos Aires/La Paz  ‐ Zäune sind in Amerika im Trend. Nun riegelt sich eine Kommune im Norden Argentiniens ab. Offiziell soll das Bauwerk den Schmuggel aus Bolivien eindämmen. Doch der Hintergrund ist ein anderer.

Erstellt: 03.02.2025
Aktualisiert: 03.02.2025
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Von Tobias Käufer (KNA)

Die USA wollen ihre stählerne Grenzmauer zu Mexiko weiter ausbauen; die Dominikanische Republik riegelt ihre Grenze zum Nachbarland Haiti immer weiter ab. Nun gibt es, wenn auch nur ein paar hundert Meter lang, auch einen ersten Zaun in der Nähe der Grenze zwischen Argentinien und Bolivien. Die Dimensionen sind verschwindend gering. Politisch hat das Vorgehen aber eine norme Sprengkraft.

„Der Zaun wird zweieinhalb Meter hoch werden und von der argentinischen Einwanderungsbehörde und dem Busbahnhof aus installiert, um den Zustrom von Einwanderern aus Bolivien zu verlangsamen“, sagte Adrian Zigaran, Lokalpolitiker der argentinischen Gemeinde Aguas Blancas, bolivianischen Medienvertretern. Die Zustände in Aguas Blancas seien außer Kontrolle geraten. „Sie reisen illegal ein und kommen sogar über die Dächer der Häuser. Es herrscht totales Chaos“, so Zigaran weiter. Es sei inzwischen normal, dass die Menschen dort die Einwanderungskontrollen umgehen. Vor allem Schmugglerbanden übersprängen nur eine kleine Mauer.

Auch der Provinzgouverneur von Salta stellt sich hinter die Entscheidung. Er verweist darauf, dass der Zaun nicht die eigentliche Grenze abriegele, sondern das besiedelte Gebiet schütze: „Wir müssen uns in dieser Angelegenheit nicht rechtfertigen. Die Grenze ist 740 Kilometer lang. Wir sprechen hier von zweieinhalb Häuserblocks innerhalb unseres eigenen Territoriums. Wir müssen Bolivien nicht erklären, was wir tun“, sagte Gustavo Saenz dem Sender La Nacion Mas.

Und schließlich schalteten sich Argentiniens Präsident Javier Milei und Sicherheitsministerin Patricia Bullrich in die Debatte ein. Das Projekt diene dazu, Argentinien vor dem Drogenhandel zu schützen, sagte Bullrich. Die Milei-Regierung habe ein Programm gestartet, mit der der Drogenhandel aktiv bekämpft und die Sicherheitslage im Land verbessert werden solle.

Scharfe Kritik aus Bolivien

Tatsächlich leidet Argentinien seit Jahren unter einem wachsenden Einfluss des Drogenhandels. Rund 80 Prozent des Kokains, das nach Argentinien gelangt, stamme aus Bolivien, sagte der Terrorismus- und Kriminalitäts-Experte Alejandro Cassaglia dem Portal „Perfil.“ Ein Großteil davon sei für internationale Märkte wie Brasilien, Europa und Asien bestimmt.

Schätzungen der US-Drogenbehörde DEA und der Vereinten Nationen zufolge seien 2023 „zwischen 90 und 100 Tonnen Kokainhydrochlorid aus Bolivien geschmuggelt“ worden, so Cassaglia. Daran werde auch der kleine Grenzzaun nichts ändern. Ohnehin werde Abfangen das Problem des Drogenhandels nicht lösen. In Bolivien wiederum stieg laut UN-Berichten die Kokain-Produktion in den vergangenen Jahren an.

Der bolivianische Minister Eduardo Del Castillo kritisierte den Bau des Zauns, ordnete aber auch dessen Dimension ein: „Die Grenze zwischen Bolivien und Argentinien ist mehr als 740 Kilometer lang. Diese 200 Meter machen nicht mal 0,026 Prozent aus – und die Geschichte hat uns gelehrt, dass früher oder später alle Mauern fallen“, sagte Del Castillo der Zeitung „Los Tiempos“.

Boliviens Opposition warf der Linksregierung dagegen vor, die diplomatischen Beziehungen zu Argentinien seit geraumer Zeit zu vernachlässigen. So habe Präsident Luis Arce den obligatorischen Antrittsbesuch des argentinischen Botschafters bislang nicht zugelassen. Es gelte dringend, den Gesprächsfaden wieder aufzunehmen.

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