Freiwillige als wichtige Gestalter der Bistumspartnerschaft

Freiwillige als wichtige Gestalter der Bistumspartnerschaft

Bistum Trier ‐ Bischof Stephan Ackermann war gemeinsam mit einer Delegation aus seinem Bistum Trier und einigen Politikern in Bolivien, um dort die Partnerkirche des Bistums zu besuchen. Ein Interview.

Erstellt: 14.03.2018
Aktualisiert: 15.11.2022
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Bischof Stephan Ackermann war gemeinsam mit einer Delegation aus seinem Bistum Trier und einigen Politikern in Bolivien, um dort die Partnerkirche des Bistums zu besuchen. Philipp Spinner, Geschäftsführer des Kommissionsbüros der Bolivienpartnerschaft und Dominik Holl, Redakteur der Bischöflichen Pressestelle des Bistums Trier haben ihn zur Reise interviewt.

Frage: Was bedeutet die Bolivienpartnerschaft für Sie?

Bischof Stephan Ackermann: Die Partnerschaft ist ein besonderer Schatz für die Kirchen in Trier, Hildesheim und die Diözesen in Bolivien, weil sie vor allem von Treue geprägt ist. Wir haben nicht nur punktuelle Kontakte, sondern viele Verbindungen, Freundschaften, die über fünf Jahrzehnte der Partnerschaft gewachsen sind. Das Besondere, der Wert besteht für mich darin, dass es wirklich eine Partnerschaft zwischen Ortskirchen ist und nicht nur zwischen einzelnen Personen oder Pfarreien. Ich glaube, das ist etwas Einmaliges.

Frage: Was sind die Haupterfolge aus 50 Jahren Partnerschaft?

Ackermann: Die Treue, diese Partnerschaft über so lange Jahre zu pflegen und auszubauen, das ist für mich der größte Erfolg. Wenn man über 50 ist, dann ist man ja im dicken Erwachsenenalter. Die Partnerschaft in dieser treuen Beziehung wird aber durch Menschen, die neu dazukommen immer wieder verlebendigt und verjüngt. Die Volontäre spielen dabei eine wichtige Rolle. Ich bin auch froh, dass wir den Reverse-Freiwilligendienst haben und dass es seit einigen Jahren einen wirklichen Austausch gibt. Ein weiterer großer Erfolg ist, dass wir auf der Grundlage des Evangeliums gemeinsam den Blick auf die Situation von Kirche und Gesellschaft richten.

Frage: Welches sind die größten Herausforderungen für die Zukunft, denen die Partnerschaft begegnen wird?

Ackermann: Die Partnerschaft muss immer wieder neu ins Bewusstsein der Menschen in Deutschland und in Bolivien gehoben werden. Es ist klar, dass das kein Selbstläufer ist. Die Partnerschaft muss gepflegt werden, so wie Beziehungen gepflegt werden müssen. Wenn man sich nicht sieht, wenn man nicht voneinander weiß, wenn man die Situation der anderen nicht kennt, dann kann es sein, dass eine Partnerschaft einschläft, dass wieder eine größere Distanz wächst. Also ist die Herausforderung, dass man sich die Anliegen immer wieder neu ansieht und die Partnerschaft weiterentwickelt. Wir sehen ja auch, dass sich die Partnerschaft in den letzten fünf Jahrzehnten verändert, von der Patenschaft für Bolivien hin zu Partnerschaft. Wir wollen uns auch nicht nur fragen, was wir voneinander lernen, sondern was wir miteinander als Diözesen in Bolivien und Deutschland in Hinblick auf die Herausforderungen in Kirche und Gesellschaft lernen können. Wir leben zwar auf unterschiedlichen Kontinenten und in unterschiedlichen Kulturen, aber wir sind trotzdem eine Kirche und wir leben in der einen Welt. Dieses Gemeinsame stärker in der Partnerschaft zum Ausdruck zu bringen, ist für mich wirklich eine große Herausforderung: Miteinander Kirche sein über die Kontinente hinweg. Auch unser Motto „Caminando Juntos“ – Gemeinsam gehen – wird aktueller denn je, denn wenn man gemeinsam einen Weg geht, schaut man auch gemeinsam in eine Richtung.

Frage: Welches sind die Grundlagen, die Stützen dieser Partnerschaft?

Ackermann: Die Stützen sind die Menschen und das Evangelium. Die Bischöfe von damals, angefangen bei Kardinal Clemente Maurer, der aus dem Bistum Trier kam, dem Bischof Matthias Wehr, und der nachfolgenden Generation der Bischöfe, sie wären sich wahrscheinlich nicht begegnet, wenn es nicht die Kirche und das Evangelium gäbe. Das ist etwas, das mich immer wieder fasziniert. Ich treffe auf viele Menschen, denen ich, wenn ich nicht Christ wäre, wenn ich nicht Bischof wäre, wenn ich nicht zur Kirche gehören würde, nie begegnen würde, weil sie an einem völlig anderen Ort oder in einer völlig anderen Kultur leben. Zu den Stützen gehören für mich aber auch die jungen Leute, die als Volontäre unterwegs sind. Nachdem die Zahl der Priester, die als Missionare nach Bolivien gegangen sind, oder auch die Zahl derer, die zu uns kommen, geringer geworden ist, ist es für mich eine wunderbare Entwicklung, dass es eine wirklich stattliche Zahl von jungen Leuten gibt, die sagen: „Wir tun das!“. Die damit später auch untereinander durch eine gemeinsame Lebenserfahrung verbunden sind und einen ganz anderen Horizont erreicht haben – kirchlich und auch global.

Frage: Welche Nachricht würden Sie Freiwilligen mitgeben, die Lust haben, ihren Dienst in Bolivien oder Deutschland machen zu wollen?

Ackermann: Ich muss an einen Satz denken, den ein weiser Priester mal gesagt hat, zu dem ich in der Begleitung häufiger gegangen bin: „Was einen weiterbringt, was einen auch jung hält, ist: Tu immer etwas, wovor du auch ein bisschen Angst hast!“ Das würde ich auch den Freiwilligen mitgeben: Es braucht ja Mut, diesen Schritt zu tun. Vielleicht ist das heute in der globalen Welt nicht mehr so schwierig wie vor Jahrzehnten, schließlich sind wir viel vernetzter; junge Leute aus Deutschland sind rund um den Globus unterwegs. Trotzdem ist es etwas anderes, ob ich als Tourist irgendwo unterwegs bin, oder ob ich mich verbindlich für ein Jahr als Freiwilliger auf eine mir fremde Situation vor Ort einlasse, mit allem, was das auch an Einschränkungen bringt. Insofern braucht es Mut, die eigene Angst zu überwinden! Aber alle, die dieses Jahr gemacht haben, mit all dem, was sie erlebt haben, wissen, dass das eine unheimliche Bestärkung und ein Schub für das eigene Leben ist.

Frage: Zur Bolivienreise 2018 – was war die Motivation, diese Reise zu machen?

Ackermann: Die Reise war längst überfällig. Das letzte Mal war ich 2010 in Bolivien, im Rahmen des 50-jährigen Jubiläums. In den Jahren danach waren die bolivianischen Mitbrüder und Gruppen der Partnerschaft immer wieder zu Gast in Trier. Aber es ist wichtig, dass wir uns wirklich gegenseitig besuchen. Insofern haben wir jetzt eine gute Gelegenheit gefunden, diese Reise noch einmal zu machen. Es gibt aber auch Verbindungen des Bistums Trier in andere Erdteile mit Ortskirchen. Wir haben beispielsweise auch Kontakte nach Afrika, oder Indien; insofern ist es für mich als Bischof immer eine Frage zu schauen, dass alle unsere Partnerschaften in einem guten Maße auch gepflegt werden.

Bild: © Bistum Trier

Frage: Was ist Ihnen ganz besonders in Erinnerung an diese Reise geblieben?

Ackermann: Vor allem prägen sich mir Begegnungen ein, Gesichter von Menschen und Atmosphären – viel mehr noch als Bilder von Städten; das gehört auch dazu, aber am Ende des Tages, wenn ich das Erlebte nochmal Revue passieren lasse – auch im Gebet – dann sind es vor allem die Menschen. In diesen Tagen hier in Bolivien haben wir immer wieder gemerkt, mit welcher Freude aus dem Glauben heraus, mit welcher Hoffnung, mit welcher Lebenskraft diejenigen, denen wir begegnet sind, unterwegs sind. Es ist eine unheimliche Erfahrung von Gemeinschaft von Menschen, die ich nicht alltäglich treffe und wo es trotzdem – und das hängt eben mit der Gemeinschaft von Kirche zusammen – eine ganz besondere Nähe gibt.

Frage: Beim Treffen mit den Bischöfen und dem Ständigen Rat der Bolivianischen Bischofskonferenz (BBK) ging es auch um die Fortführung der Partnerschaft: Wie will man diese fortführen?

Ackermann: Man muss immer wieder daran arbeiten, wie die Partnerschaft weiterentwickelt wird. Weiterentwicklung heißt für uns auch Vertiefung. Wir überlegen auch, was uns verbindet: Beispielsweise durch die Tatsache, dass die Bolivianische Kirche in diesem Jahr den amerikanischen Missionskongress ausrichtet. Auf diesem Kongress geht es auch darum, eine offene Kirche zu sein und nicht in sich geschlossen zu bleiben. Mir hat der Vorsitzende der BBK gesagt, dass auch in Bolivien die Gefahr besteht, dass Pfarreien zu geschlossenen Pfarreien werden, die sich zwar untereinander kennen, die sich miteinander wohlfühlen; missionarische Kirche heißt aber, offen zu sein, Menschen das Evangelium anzubieten und zu fragen: Was braucht ihr?, sich wirklich auch gesandt zu wissen von Christus. Unsere Synode in Trier geht mit ihren Beschlüssen in eine ganz ähnliche Richtung, wenn wir sagen, wir wollen eine offene Kirche sein, eine Kirche, die dienend ist, die sich immer wieder neu fragt: Wozu sind wir Kirche?, und die sich damit auch als das versteht, was das Konzil gesagt hat: Kirche als Zeichen und Werkzeug und nicht als eine Gruppe, als ein Club, der vor allem mit sich selbst beschäftigt ist und versucht, die eigenen Dinge zu stützen und zu schützen.

Frage: Vier Politiker waren Teil der Delegation. Wie kam es dazu?

Ackermann: Ich finde gut, dass unsere Delegation nicht eine rein kirchliche war, sondern dass auch der Bereich der Politik vertreten war. Ich bin sehr dankbar, dass der Staatssekretär im Umweltministerium, Dr. Thomas Griese, dabei war und die drei Abgeordneten, besonders aus dem Bereich Umwelt, Ernährung, Landwirtschaft, aber auch Europa- und Eine-Welt-Fragen. Die Einladung an die Politiker hängt damit zusammen, dass wir in der Partnerschaftsvereinbarung, die wir 2010 getroffen haben, gerade auch die Verantwortung für die Eine Welt und die Schöpfung festgeschrieben haben und sich sowohl die Diözesen in Bolivien wie auch wir uns in diesem Bereich engagieren. Das tun wir ja nicht für uns selbst, sondern da geht es ums Gemeinwohl, da geht es um einen Beitrag auch für die Gesellschaft, der da geleistet wird. Insofern finde ich es gut, wenn Politiker das wahrnehmen und auch aus ihrer Perspektive Fragen stellen können, oder Anregungen empfangen – auch für ihre alltägliche Arbeit. Das bettet sich natürlich auch in die Enzyklika von Papst Franciscus „Laudato si“ ein. Bei einem Besuch bei den Vereinten Nationen in New York, den ich gemacht habe in der Zeit, als die Enzyklika veröffentlicht wurde, habe ich gespürt, dass die Enzyklika über die Grenzen von Religionen und Weltanschauungen hinaus unglaublich gut auch im Bereich der internationalen Politik aufgenommen worden ist. Ich meine, mit diesem Pfand muss man wuchern, weil es wirklich um die Verantwortung um die Gaben Gottes geht.

Das Interview führten Dominik Holl und Philipp Spinner

© Bistum Trier