Aus der Sicht der Salesianer bedeutet humanitäre Hilfe nicht, dass man französische Soldaten schickt. Vielmehr seien Ärzte, Sozialarbeiter und Psychologen notwendig. Man müsse auch die Anfänge des aktuellen Konflikts besser begreifen. So soll der ehemalige Präsident Bozize vor seinem Sturz die Konten geleert haben. Als dann die Seleka-Rebellen mit Michel Djotodia an der Spitze die Macht übernommen hatten, sei kein Geld vorhanden gewesen, um die Rebellen für ihr Engagement zu bezahlen. Zunächst hatte sich die Bevölkerung noch über den Sturz Bozizes gefreut. Weil es jedoch kein Geld gab, „bedienten“ sich die Rebellen beim Volk und plünderten willkürlich. Dies sei der Anfang des Stimmungswandels gewesen.
Bischof Aguire von Bangassou in der Zentralafrikanischen Republik soll sich damals wiederholt zur Situation geäußert haben. Er hatte schon vor der Machtübernahme der Seleka geahnt, was auf das Land zukommen würde. Denn in seiner Diözese soll die Seleka-Bewegung schon vor dem Sturz Bozizes versucht haben, Frauen und Mädchen das Tragen einer Kopfbedeckung nahezulegen und Jungen in die Moschee zu begleiten.
Werben für den Frieden
Aktuell ist aus der Sicht der Salesianer vor allem Friedensarbeit notwendig. Man müsse behutsam vorgehen und die Menschen sensibilisieren. Zudem müsse man bei der Jugend anfangen. Man solle nicht glauben, dass Erzbischof Nzapalainga und Imam Omar Kobine Layama in ihrer Friedensmission überall willkommen seien. Als die beiden Geistlichen die Salesianer in Bangui besuchen wollten, weil sich dort viele junge Menschen aufhielten, drohten diese, den Imam umzubringen.
Zudem betonten die Salesianer, dass die Kinder unbedingt zurück in die Schulen müssten. Dafür würden Mittel benötigt. Es sei sehr wichtig, ihnen eine Alternative zum Leben auf der Straße zu bieten. Erziehung und Berufsperspektiven für junge Menschen spielten dabei eine große Rolle. In den Schulen müssten darüber hinaus Kurse zur Traumabewältigung und Friedenserziehung angeboten werden.
Die Ordensleute gingen in unserem Gespräch auch auf die Rolle der Medien ein. Deren Potenzial müsste besser genutzt werden. Radios, Zeitungen, Gottesdienste und Schulen sollten über Frieden und Versöhnung berichten.
Mehr Unterstützung für Flüchtlinge
Die Salesianer betonten, dass mit Blick auf die große Zahl der Flüchtlinge die Anrainerländer stärker unterstützt werden müssten. So habe auch der Tschad Vertriebene aufgenommen. Allerdings handele es sich meist um Menschen aus dem Tschad, die aus dem eigenen Land geflohen waren und in der Zentralafrikanischen Republik gearbeitet und gelebt haben. Der Sudan habe selber große Probleme. Dort sei es aktuell nicht sicherer als in der Zentralafrikanischen Republik. Auch in den Kongo seien Menschen geflohen. Dort sei jedoch nichts organisiert.
Aus Sicht der Salesianer verfügt die Kirche in der Zentralafrikanischen Republik über die besten Mittel, um Friedensarbeit zu leisten. In vielen Ländern Afrikas steht das Volk hinter seinen Bischöfen. Deshalb könnten diese auch offen die Regierungen kritisieren. Darin müsse die Ortskirche unterstützt werden.
Nach diesem interessanten Austausch verbrachten wir den Abend bei Familie Hellemann. Burkhardt Hellemann hat vor drei Monaten seine Arbeit als Koordinator des Zentralen Friedensdienstes (ZFD) in Kamerun begonnen. Er erzählte von der Eingewöhnungsphase und wie sinnvoll es sei, als Verantwortlicher bei der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH) auch selber Ortserfahrung gesammelt zu haben.