Messe für Frühaufsteher: Die "Misa de Gallo" im Priorat Digos (Philippinen)
Besondere Weihnachtstradition auf den Philippinen

Vorfreude für Frühaufsteher

Digos/St. Ottilien ‐ Eine Messe, noch bevor der Hahn kräht? Auf den Philippinen sind es in den Tagen vor Weihnachten sogar neun, berichtet Pater Philip Calambro.

Erstellt: 23.12.2022
Aktualisiert: 20.12.2022
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Ein Erfahrungsbericht von Pater Philip Calambro vom Priorat Digos.

Musik, Lichterglanz, Geselligkeit – rund um den Globus gehören diese erwartbaren Elemente zur Vorweihnachtszeit, so auch auf den Philippinischen Inseln. Wenn es an den neun Tagen vor dem Fest nicht eine Besonderheit gäbe: Noch vor Sonnenaufgang feiern die Katholikinnen und Katholiken täglich eine Messe, die Vorfreude und das Geheimnis der Christgeburt spürbar werden lässt.

Die Anfänge der „Misa de Gallo“ – spanisch für „Hahnenmesse“ – lassen sich bis ins Jahr 1668 zurückverfolgen, als die Missionare diese Praxis aus Mexiko in unser Land brachten. Es gibt mehrere Versionen der Entstehungsgeschichte; eine davon besagt, dass die spanischen Priester sich bereit erklärten, Messen vor dem Morgengrauen zu feiern, damit sowohl die Bauern als auch die Fischer die Messe hören konnten, bevor sie zur Arbeit auf die Felder gingen oder ihre Fischerboote bestiegen.

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Die spanischen Missionare wollten den Menschen so die Bedeutung von Weihnachten vermitteln und ihnen zeigen, wie sie sich auf die Ankunft des Messias vorbereiten können. Bis heute kommen zur „Misa de Gallo“ Reiche und Arme, Männer und Frauen, Kinder und Alte als Gemeinschaft zusammen, um auf die Ankunft des Herrn zu warten und sich an der Verheißung des Messias zu erfreuen. Der Wandel der Zeiten tut der „Misa de Gallo“ keinen Abbruch, auch wenn sie heute auf neue Weise gefeiert wird. Ein äußeres Zeichen dafür sind die bunten Lichter und Laternen, die jede Straße füllen. In jedes Fenster werden an den neun Tagen vor dem Fest wunderschöne Laternen gehängt. Überall werden Weihnachtslieder gespielt, um die Herzen zu erwärmen. Familien, Freunde und auch Einzelpersonen finden den Weg zur nächstgelegenen Kirche, um an der neuntägigen Novene teilzunehmen.

Die Tradition entwickelt sich weiter

Im Laufe der Generationen und insbesondere während der Zeit des spanisch-amerikanischen Krieges an der Wende zum 19. Jahrhundert, als die Kirchenführung auf den Philippinen in einem Vakuum steckte, wurde die „Misa de Gallo“ weiterhin gefeiert, allerdings ohne die begleitende Katechese. Bald wurde die „Misa de Gallo“ zu einer kulturellen Tradition während der Weihnachtszeit, in der soziale Festivitäten mehr in den Vordergrund traten. Die religiöse Bedeutung rückte in den Hintergrund, da die Menschen nicht mehr so oft in die Kirche gingen, um sich geistig auf die Ankunft Christi vorzubereiten, sondern um nach der Messe Familien und Freunde, Freunde und Freundinnen zu treffen und sich zu unterhalten. Auf diese Weise wurde die „Messe vor dem Hahnenschrei“ zu einer Form der Volksreligiosität.

Die philippinische Bischofskonferenz richtete 1953 einen Antrag an Rom, die örtliche Tradition der Vorweihnachtsmessen fortsetzen zu dürfen: Seither erlaubt eine päpstliche Sondergenehmigung, dass an den neun Tagen vor dem Weihnachtsfest täglich eine feierliche Votivmesse in den frühen Morgenstunden oder am Vorabend gefeiert wird. Liturgisch gesehen handelt es sich bei der „Misa de Gallo“ um eine frühmorgendliche Messe zu Ehren der Jungfrau Maria, bei der das Zusammenspiel von Licht und Dunkelheit die Bedeutung des Advents vermittelt. In großen Pfarreien wird um 17:30 Uhr auch die „Simbang Gabi“ (Vorabendmesse der „Misa de Gallo“) gefeiert. Sie findet vom 15. bis zum 23. Dezember statt.

Leuchtender Weihnachtsschmuck an der Kirche in Digos
Bild: © Priorat Digos, P. Philip Calambro OSB

Leuchtender Weihnachtsschmuck

In großen Pfarreien gibt es sogar zwei morgendliche Messen – um vier und um halb sechs, sodass alle Gläubigen Platz finden. In unserem Kloster ist es üblich, nur eine Messe um 4:30 Uhr zu feiern. Wir sind keine Pfarrei, dennoch fühlen sich viele Menschen in der Nachbarschaft mit uns verbunden und kommen gerne zum Gottesdienst.

Bunt leuchtender Schmuck

Ab dem 16. Dezember ist unsere Klosterkirche vollständig mit Laternen und Weihnachtslichtern geschmückt. Auch außerhalb der Kirche schmücken wir die Zweige der Bäume mit Lichtern. Unsere Kirche ist sowohl innen als auch außen bunt beleuchtet. Und eine halbe Stunde vor der Feier der Heiligen Messe werden über die Lautsprecheranlage in der Kirche Weihnachtslieder gespielt. Die Musik hört erst auf, wenn die Heilige Messe beginnt. Im vergangenen Jahr hatten wir wegen der Pandemie strenge Hygiene-Auflagen für die „Hahnenmessen“: Maskentragen und Abstand. Das behalten wir auch in diesem Jahr bei. Die Menschen können sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer Klosterkirche teilnehmen, je nachdem, was ihnen lieber ist. In der Regel sind es mehr oder weniger 700 Kirchenbesucher, die an den Morgengottesdiensten teilnehmen. Manche Kirchenbesucher bleiben gerne im Anschluss noch zusammen, trinken gemeinsam Kaffee und essen Leckereien, bevor sie nach Hause gehen. Wenn die Leute gegangen sind, beginnen wir im Kloster mit Matutin und Laudes.

Keine Pfarrei, aber eine lebendige Gemeinschaft

Wer sind unsere Messdiener? Es sind die Kinder unserer Kirchenbesucher oder unserer Arbeiter. Sie kommen aus den umliegenden Dörfern oder aus der drei Kilometer entfernten Stadt Digos. Jeden Samstagmorgen kommen sie zum Üben in die Kirche. Außerdem veranstalten sie an den Weihnachtstagen die sogenannte „Pax Tecum“, was Frieden-Bringen bedeutet. Sie besuchen Familien in den Dörfern und bringen eine Figur des Jesuskindes von Haus zu Haus. Viele Familien geben eine Spende für das jährliche Jugendtreffen in der Diözese. Wir sind dankbar für die 49 Messdiener, die jeden Monat ihren Dienst in der Klosterkirche verrichten.

Wer sind unsere Lektoren? Viele von ihnen sind Mitglieder der „Freunde von St. Benedikt“. Das ist eine Gruppe von Menschen, die unser Kloster sowohl materiell als auch geistlich unterstützen. Die Mitglieder setzen sich aus Rentnern, Erwachsenen und jungen Berufstätigen zusammen. Sie engagieren sich als Lektoren an Sonntagen und anderen besonderen Anlässen in unserem Kloster. Sie dienen auch im Konvent der Benediktinerinnen vom Eucharistischen König. Das Nonnenkloster ist einen halben Kilometer von unserem Kloster entfernt. Gegenwärtig gibt es in unserer Kirche 30 aktive Lektoren.

Ministranten in Digos verkaufen Leckereien nach dem Gottesdienst
Bild: © 

Nach dem Morgengottesdienst: Ministranten verkaufen Leckereien

Die Feier der Heiligen Eucharistie wird durch den St.-Benedict’s-Chor lebendig. Unser Chor besteht aus 50 Mitgliedern. Einige von ihnen sind unsere ehemaligen Stipendiaten, die jetzt berufstätig sind, und andere ehrenamtlich tätige junge Männer und Frauen aus unserer Nachbarschaft. Wir haben auch einen ehrenamtlich tätigen Organisten aus der Stadt. Jeden Sonntagmorgen nach der 8:00-Uhr-Messe üben sie gemeinsam mit unserem Bruder, der den Chor leitet.

Am 24. Dezember findet nach der Christmette ein „Agape“-Mahl in unserem Exerzitienhaus statt. Zu diesem festlichen Essen laden wir all diejenigen ein, die uns bei den kirchlichen Aktivitäten helfen, wie unsere Chorsänger und -sängerinnen, die Lektoren und die Messdiener. Es ist eine besondere Verbundenheit zwischen uns und gleichzeitig ein Dankeschön für ihre Unterstützung und Großzügigkeit bei den verschiedenen Aktivitäten des Klosters. Gemeinsam genießen wir das Gefühl der Einheit, wenn wir am Geburtstag unseres Erlösers, Jesus Christus, bei einem festlichen Essen zusammen sind.

Zum Autor

P. Philip Calambro OSB ist seit 2021 Prior im St.-Benedict’s-Kloster Digos auf der Insel Mindanao, wo derzeit 16 Mönche leben. Er ist 1967 geboren, wurde 2001 zum Priester geweiht und war bis 2021 in Havanna, Kuba, im Missionseinsatz.

Dieser Beitrag stammt aus der Zeitschrift Missionsblätter der Missionsbenediktiner von St. Ottilien. Wir danken für die Erlaubnis zur Übernahme.

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