Die Behörden rechneten am Freitagabend zusätzlich mit rund 100 Opfern unter der Bevölkerung, so der Sprecher der lokalen Feuerwehr, Pedro Aihara. Bis zum Einbruch der Dunkelheit hatten mehrere Hubschrauber der Rettungskräfte die Kilometer lange Schlammschneise überflogen und nach Überlebenden gesucht. Live konnten Fernsehzuschauer verfolgen, wie Menschen lebend aus dem Schlamm gezogen wurden. Der Bürgermeister des von der Schlammwelle betroffenen Städtchens Brumadinho bestätigte am Abend die Bergung von sieben Leichen. Man habe jedoch viele weitere Leichen lokalisiert.
Präsident Jair Messias Bolsonaro beorderte Einsatzkräfte des Militärs in die Region. Er selber werde am frühen Samstag die betroffene Region besuchen, kündigte er an. Während des Wahlkampfs Ende letzten Jahres hatte Bolsonaro versprochen, massiv den Bergbau in Brasilien ausbauen zu wollen. Dafür will er Umweltstandards lockern und die Vergabe von Lizenzen erleichtern. Umweltschützer hatten ihn dafür scharf kritisiert. So war nach dem Unglück von Mariana bekannt geworden, dass die zuständigen Behörden nur rund 20 Fachleute für die Kontrolle der landesweit rund 700 Abraumbecken zur Verfügung haben. Die Kritik an Bolsonaros Plänen dürfte jetzt lauter werden.
„Es gibt ein echtes Problem bei den Kontrollen“, so Nilo D‘ Avila von Greenpeace Brasilien am Freitag im brasilianischen Fernsehen. „Die Unternehmen geben an, dass die Dämme okay sind. Aber es gibt nicht genug Spezialisten und Technologie, um diese Strukturen korrekt zu überprüfen.“ Das Unternehmen Vale widersprach jedoch dem Verdacht, dass das Abraumbecken nicht entsprechend gewartet worden sei. Ende September 2018 habe der deutsche „TÜV SÜD“ dem seit 2015 stillgelegten Abraumbecken einen „perfekten Zustand“ attestiert, so Schvartsman.