Eine neue Straße für die Weltklimakonferenz in Brasilien
Umweltschützer kritisieren geplante Waldrodungen im Amazonas

Eine neue Straße für die Weltklimakonferenz in Brasilien

Rio de Janeiro  ‐ Im November findet die Klimakonferenz COP 30 in der brasilianischen Amazonasmetropole Belem statt. Die Infrastrukturarbeiten für das Mega-Event sorgen für Unruhe.

Erstellt: 14.03.2025
Aktualisiert: 14.03.2025
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Von Thomas Milz (KNA)

Gerne spricht Brasiliens Präsident Luiz Inacio Lula da Silva über die Weltklimakonferenz, die sein Land im November in der Amazonasmetropole Belem organisiert. Der Amazonasschutz stand im Wahlkampf 2022 weit oben auf Lulas To-do-Liste. Dazu passt, die COP 30 direkt in dem gigantischen Wald stattfinden zu lassen. Doch eine Zufahrtsstraße sorgt für Unruhe. Umweltschützer kritisieren, dass sie durch geschützten Regenwald führe. Die Stadt wartet allerdings seit mehr als zehn Jahren auf die wichtige Umgehungsstraße.

Belem mit seinen rund 1,5 Millionen Einwohnern ist auf drei Seiten von Wasser umgeben. Zwar liegt die Stadt nicht direkt am mächtigen Amazonas, von dem sie durch vorgelagerte Inseln abgetrennt wird. Doch das Zentrum ragt in die Guajara-Bucht hinein, die von dem von Süden kommenden Acara- und dem von Osten kommenden Guama-Fluss gebildet wird. Nach Norden begrenzt der Furo Maguari das Wachstum der Stadt. Der Straßenverkehr in Belem ist ein Alptraum. Für die 60.000 Gäste, die zur COP 30 erwartet werden, ist die Stadt nicht ausgelegt.

Zum einen fehlt es an Hotels. Die Lösung soll ähnlich aussehen wie bei dem 2009 hier veranstalteten Weltsozialforum. Damals hatten Hotelschiffe entlang der Kais angelegt, weniger zahlungskräftige Gäste schliefen in Hängematten auf Flussdampfern. Derzeit werden unter Hochdruck 33 Infrastrukturprojekte vorangetrieben, um die Stadt auf die COP 30 vorzubereiten. So soll die Kapazität des Flughafens verdoppelt und der Hafen ausgebaut werden, damit Kreuzfahrtschiffe anlegen können. Zudem entstehen neue Hotels.

Von der Konferenz versprechen sich die Behörden und viele Bürger einen dringend notwendigen Modernisierungsschub. Seit 2012 liegen die Pläne für den Bau der Avenida Liberdade vor, die die Stadt südlich umgeht. Die vier Spuren der Express-Route führen durch ein Urwaldgebiet zwischen Stadtzentrum und Guama.

Das Bild von Baggern, die in dem Waldgebiet arbeiten, sorgt für Kritik. Denn auch ein Umweltschutzgebiet muss durchquert werden. Man werde die Eingriffe in die Natur möglichst geringhalten, versprach Gouverneur Helder Barbalho. So soll die Straße die Schneise einer bereits bestehende Stromtrasse ausnutzen, um möglichst wenig Wald roden zu müssen. Zudem soll es Tunnel für den Wildwechsel geben wie auch Schutzwände.

Regierung betont Nutzen

Doch in den vergangenen Tagen sorgten Berichte in brasilianischen und internationalen Medien für Aufsehen. Darin kommen Bewohner der Region zu Wort, die sich von der neuen Straße bedroht sehen. So seien Bäume gerodet worden, deren Früchte man auf den lokalen Märkten verkaufe. Manche glauben, dass man ihnen demnächst ihre Grundstücke wegnehmen werde, um die Region entlang der Straße weiterzuentwickeln. Andere Anwohner beklagen, dass ihre Siedlungen keine eigene Zufahrt zu der Schnellstraße bekommen.

Zudem schlagen Umweltaktivisten Alarm, die Straße würde Flora und Fauna bedrohen. Die lokalen Behörden verweisen hingegen auf den Nutzen, den die Infrastrukturprojekte für die Stadt haben. So werde man einen neuen Stadtpark mit einer Fläche von 500.000 Quadratmetern anlegen, um Belem zu begrünen. Präsident Lula da Silva und Umweltministerin Marina Silva hatten betont, wie einmalig die Chance sei, eine Klimakonferenz quasi mitten im Regenwald zu veranstalten.

Für Lula steht viel auf dem Spiel. Angetreten mit dem Versprechen, die Umweltzerstörung in der Amazonasregion zu reduzieren, geriet er zuletzt heftig in die Kritik. Denn Lula plant, die im Atlantik vor der Amazonasmündung liegenden Öl- und Gasvorkommen zu heben. Ministerin Silva ist nicht begeistert. Ihr unterstellte Behörden verzögern die Erteilung von Lizenzen für Probebohrungen. Gar über einen Rücktritt der international anerkannten Ministerin wird bereits spekuliert, was im Jahr der COP ein Desaster für Lula wäre.

Meldungen über gerodete Wälder sind das Letzte, was Lula gebrauchen kann. Am Donnerstag erklärte die Regierung, dass der Bau der Straße nichts mit den Infrastrukturprojekten für die COP 30 zu tun habe. Das widerspricht jedoch der bisherigen Berichterstattung in Belems Lokalmedien, die stets die Bedeutung der Strecke für die Durchführung der Konferenz betonten.

Die Route bringe demnach sogar positive Effekte für die Umwelt. Denn durch die Auslagerung von bis zu 100.000 Fahrzeugen aus der verstopften Stadt würden jährlich 147.000 Tonnen weniger Treibhausgase ausgestoßen, ergab eine Berechnung der Landesregierung des Gliedstaates Para. Bisher beruhigte dieses Argument die Kritiker aber nicht.

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