
100 Tage vor der Amazonas-Klimakonferenz – Kritik am Standort Belem
Rio de Janeiro ‐ Eine Klimakonferenz genau dort zu veranstalten, wo die Natur besonders schützenswert ist: Das klingt nach einem guten Plan. Doch für viele ist Brasiliens Amazonas-Stadt Belem viel zu teuer. Jetzt sollen die UN helfen.
Aktualisiert: 07.08.2025
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„Es gibt in Brasilien nichts, worüber weltweit mehr gesprochen wird als über Amazonien“, erklärte ein stolzer Luiz Inacio Lula da Silva vor zwei Jahren. Damals gab der Präsident bekannt, dass die Amazonas-Metropole Belem die UN-Klimakonferenz COP 30 ausrichten wird. Seine Regierung werde alles tun, um die Stadt für die erwarteten 50.000 Gäste aus aller Welt vorzubereiten, versprach er damals. Doch 100 Tage vor Beginn der Konferenz, die vom 10. bis 21. November stattfindet, kommen Zweifel auf.
Denn ein Brief von 25 Ländern an die Vereinten Nationen lässt die Alarmglocken schrillen. In diesem beschweren sich arme Länder wie Liberia, Gambia oder der vom steigenden Meeresspiegel besonders hart getroffene Inselstaat Tuvalu über die exorbitanten Hotelpreise in Belem. Dabei haben gerade diese Länder großes Interesse an der Teilnahme.
Bei einem Sondertreffen in der vergangenen Woche hätten die ärmeren Länder gar die Verlegung in eine andere Stadt gefordert, sagte der Chef des brasilianischen Organisationskomitees der Konferenz, Andre Correa do Lago, Medienvertretern. Doch einen Plan B gebe es nicht, Belem werde die COP ausrichten, versicherte er. Brasiliens Regierung versprach, bis zum 11. August Lösungsvorschläge auszuarbeiten.
Lago kritisierte aber auch die hohen Hotelpreise: „Ich denke, dass sich die Hotels nicht darüber im Klaren sind, welche Krise sie auslösen.“ So könnten einige Länder ob der hohen Preise erst gar nicht an der Konferenz teilnehmen oder müssten ihre Delegationen verkleinern.
Hintergrund ist, dass für die Teilnehmer vieler armen Länder ein Tages-Spesensatz von 143 US-Dollar für solche Konferenzen die Norm ist. Dies beinhaltet Kost und Logis. Hotels in Belem hätten ihre Preise jedoch für die Zeit der Klimakonferenz verzehnfacht, erklärte Organisationschef Lago.
In Medien ist von Übernachtungspreisen von bis zu 2.000 US-Dollar pro Nacht die Rede. Und das liegt nur zum Teil am knappen Angebot. Als Belem 2023 den Zuschlag zur COP-Ausrichtung erhielt, gab es dort 5.700 Hotelbetten - seitdem hat sich die Kapazität durch Hotelausbauten, private Anbieter sowie Hotelschiffe auf 36.000 Betten erhöht. Doch auch die Schiffskabinen kosten 600 US-Dollar oder mehr pro Nacht. Zudem werden Zimmer in ärmlichen Privathäusern auf Reiseplattformen zu exorbitanten Preisen angeboten.
Kein Bett unter 400 Euro
Dabei hatte die brasilianische Regierung auf eine Bitte ärmerer Länder um Übernachtungsmöglichkeiten für 70 US-Dollar pro Nacht mit der Schaffung eines Online-Portals reagiert. Doch ohne Erfolg: Keines der auf der Webseite angebotenen Betten ist für unter 400 US-Dollar zu haben.
Ein Fernbleiben von Ländern könnte ernste Konsequenzen für die COP 30 haben. „Länder, deren Delegationen verkleinert sind und die deshalb nicht an den Debatten teilnehmen können, können die Resolutionen in Frage stellen“, warnt Marcio Astrini vom Observatorio do Clima, einer brasilianischen Nichtregierungsorganisation. Die benachteiligten Länder könnten mit Recht geltend machen, dass das Gastgeberland ihre Teilnahme unmöglich gemacht habe.
Die hohen Preise schrecken auch Nichtregierungsorganisationen (NRO) ab. Einige berichten, dass für die gesamte Konferenzdauer pro Person Übernachtungskosten von mindestens 10.000 US-Dollar anfallen würden. „Das ist viel mehr, als wir jemals bei anderen Klimakonferenzen im Ausland bezahlt haben“, sagte Mahryan Sampaio von der brasilianischen NRO Instituto Perifa Sustentavel dem Portal G1.
Die Regierung des Gliedstaates Para, dessen Hauptstadt Belem ist, erklärte, zwecks Lösungsfindung im Austausch mit Hotelverbänden zu sein. Allerdings würden die Preise der Logik von Angebot und Nachfrage unterliegen. NRO werfen der Regierung vor, den lokalen Anbietern nicht klargemacht zu haben, wie wichtig eine möglichst breite Teilnahme an der COP 30 sei.
Vertreter der lokalen Hotelbranche wehren sich gegen die Vorwürfe. Auf Bitten der Zentralregierung habe man 500 Zimmer zu Preisen zwischen 100 und 300 Dollar pro Nacht für Delegierte ärmerer Länder bereitgestellt, erklärte ein Vertreter. Die Kritik ziele vielmehr darauf ab, Belem die Austragung der COP im letzten Moment wegzunehmen. Dahinter steckten die UN, mutmaßt er.
Zugleich wächst in Belem selbst die Kritik an der COP 30. So werde dort lokalen Vertretern kein Raum gegeben, mahnte die bekannte Sängerin Fafa de Belem: Die Klimakonferenz finde erstmals im Amazonasgebiet statt, da müssten die Bewohner der Region angehört werden. Auch Vertreter indigener Völker hatten kritisiert, dass auf der COP 30 Fachleute aus aller Welt, jedoch nicht die Bevölkerung Amazoniens zu Wort kommen würden.
Derzeit ist Belem eine einzige Baustelle. So werden 37 Infrastrukturprojekte durchgeführt, darunter der Bau einer Umgehungsstraße, für die Schneisen in den Urwald geschlagen wurden. Zudem werden überall in der Stadt Straßen asphaltiert und die Kanalisation ausgebaut. Aktuell sind nur ein Fünftel der Häuser an die Kanalisation angeschlossen.

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