Eng gewachsene Regenwaldbäume
Kein Fahrplan zum Ausstieg aus fossiler Energie

Weltklimakonferenz in Brasilien endet mit Minimalkonsens

Rio de Janeiro/Bélem  ‐ Die erste UN-Klimakonferenz in Amazonien hat nicht die erhofften Beschlüsse zum Ausstieg aus fossiler Energie und zur Begrenzung der Entwaldung gebracht. Doch ein totales Scheitern konnte immerhin verhindert werden.

Erstellt: 23.11.2025
Aktualisiert: 23.11.2025
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Von Thomas Milz (KNA)

Sie dauerte einen Tag länger als geplant, erreichte aber weniger, als viele gehofft hatten: Am Samstag ist im brasilianischen Belém die COP30-Klimakonferenz der Vereinten Nationen zu Ende gegangen. Insgesamt 29 Dokumente wurden zum Abschluss unterzeichnet, darunter auch eines, das die Rechte indigener Völker anerkennt. Aber auf den von Gastgeber Brasilien gepushten Fahrplan zum Ausstieg aus fossiler Energie und zu dem Ende der Entwaldung konnte man sich nicht einigen. So fuhren viele der Zehntausenden Delegierten enttäuscht nach Hause.

Es waren aufregende zwei Wochen in Belém, der Millionenmetropole am südlichen Ausläufer des mächtigen Amazonasdeltas. Brasilien hatte die Stadt extra für die COP30 ausgesucht, da man hier herausforderndes Klima live erleben kann: große Hitze, sintflutartige Regenfälle und eine in großer Armut lebende Bevölkerung. Vor einer Woche hatte sich gar Papst Leo XIV. per Videobotschaft an kirchliche Teilnehmer am Rand der Konferenz gewandt: Überschwemmungen, Dürren, Stürme und unerbittliche Hitze seien ein Zeichen dafür, dass die Schöpfung nach mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel schreie.

Doch dem päpstlichen Aufruf folgten nicht alle. Laut brasilianischen Medien gab es auf der COP30 eine Zweiteilung: hier rund 80 Länder, die unbedingt einen Fahrplan zum Ausstieg aus Kohle, Gas und Öl festlegen wollten, allen voran die EU; dort rund 70 Länder, die das auf keinen Fall wollten. Unter den Gegnern waren so mächtige Staaten wie Saudi-Arabien, China, Indien und Russland, aber auch afrikanische Länder. Und die USA, die zwar nicht in Belém dabei waren, aber im Hintergrund mit ihrem „Drill, baby, drill“ wirkten - dem immer neuen Bohren nach Öl, dem Ausweiten der fossilen Brennstoffe.

Schon vor der Klimakonferenz war klar gewesen, dass der Widerstand gegen eine Roadmap für den Ausstieg groß ist. Dieser Ausstieg war als Absichtserklärung auf der COP28 in Dubai vor zwei Jahren beschlossen worden, ohne einen Fahrplan festzulegen. Und auch jetzt hatte er erst gar nicht auf der offiziellen Agenda der COP30 gestanden. Doch Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva packte dann doch noch der Ehrgeiz, etwas Bedeutendes verkünden zu wollen. Doch daraus wurde nichts.

Europäische Verhandler wollten deshalb die achtseitige Abschlusserklärung boykottieren, unterschrieben schließlich aber doch. Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) zeigte sich enttäuscht. „Wir haben diese Roadmap unterstützt, und haben uns auch erhofft, dass von dieser Weltklimakonferenz hier am Eingang des tropischen Regenwaldes, des Amazonas, ein sehr starkes Signal der Weltgemeinschaft ausgeht.“ Statt von einem Rückschritt wollte er jedoch eher von einem „Zwischenschritt“ auf dem Weg weg von fossilen Energien reden.

Ein weiteres ehrgeiziges Ziel der Brasilianer wurde ebenfalls nicht erreicht: ein Zeitplan für ein Ende der Entwaldung. Auch Präsident Lulas Regenwaldfonds TFFF, der Geld an die verteilen soll, die den Wald stehen lassen, kam kaum voran. Das Geld dafür soll aus einem mit 125 Milliarden Dollar gefütterten Fonds stammen, dessen Renditen zwischen den Geldgebern und Waldprojekten aufgeteilt werden. Mindestens zehn Milliarden Dollar wollte Lula von den Teilnehmern in Belém einsammeln. Doch es wurden nur knapp über 6,7 Milliarden Dollar, davon eine Milliarde Euro aus Deutschland.

Immerhin konnte man sich auf Indikatoren zur Klimaresilienz einigen. Das heißt, dass man feststellt, wie sehr einzelne Länder unter dem Klimawandel leiden. Nötig sind dabei unter anderem der Bau von Staudämmen zum Schutz gegen Hochwasser, aber auch Maßnahmen gegen Waldbrände und Dürren. Die Entwicklungsländer des Globalen Südens sollen dafür mehr Geld bekommen. Die Anpassungshilfen sollen sich bis 2035 verdreifachen, auf dann rund 120 Milliarden Dollar jährlich. Wie viel davon die reichen Industrienationen jeweils zahlen müssen, blieb auf Bestreben der Europäer aber offen.

Die brasilianische Exekutivdirektorin der COP30, Ana Toni, bezeichnete diese Verdreifachen als einen der „kleinen, aber wichtigen Schritte“ der Konferenz. Die Klimakonferenz habe in einem sehr schwierigen geopolitischen Kontext stattgefunden, in dem man immerhin 29 Abschlussdokumente verabschieden konnte. Rund um das Thema Klimawandel gebe es aber keinen globalen Konsens.

Brasiliens Umweltministerin Marina Silva gab den abreisenden Delegierten zum Schluss noch eine warnende Botschaft mit: „Die Austragung der COP30 im Herzen des berühmtesten Regenwaldes der Welt erinnert uns daran, dass wir zwar die Entwaldung stoppen können, die Wälder aber trotzdem verschwinden werden, wenn wir die Emissionen von Kohlendioxid durch Öl, Kohle und Gas nicht reduzieren.“

So hatte man sich vor zehn Jahren auf der Pariser Klimakonferenz darauf geeinigt, die Erderwärmung auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau zu beschränken. Doch auch in Belém ist man nicht viel weiter gekommen bei der Festlegung, wie man dies konkret erreichen will. Derzeit steuere die Welt auf eine Erhöhung der Temperaturen von 2,8 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts hin, erklärte jüngst eine UN-Analyse.

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