Brandrodung bei Magdalena/Chachapoyas/Amazonas/Peru, fotografiert von Nuevo Tingo aus
Nah am Klima-Kipppunkt?

Rekordbrände in Amazonien verursachen riesige Rauchwolken

Rio de Janeiro  ‐ Extreme Trockenheit führt nicht nur in Brasiliens Amazonasregion zu zahlreichen Bränden. Dass viele Flächen Feuer fangen, liegt allerdings auch an der intensiven landwirtschaftlichen Nutzung.

Erstellt: 23.08.2024
Aktualisiert: 27.08.2024
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In der Amazonasregion in Brasilien hat es seit Jahresbeginn bereits rund 60.000 Brände gegeben. Das teilte das staatliche Klimainstitut Inpe am Mittwoch (Ortszeit) mit. So viele Brandherde wurden zwischen Januar und Mitte August seit 17 Jahren nicht mehr gezählt. Grund dafür ist die extreme Trockenheit. Der durch die Brände ausgelöste „Korridor der Rauchwolken“ reicht über Tausende von Kilometern bis nach Südbrasilien.

Besonders viele Feuer gab es demnach im August: In den ersten 20 Tagen wurden 22.000 Brandherde gezählt. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es hingegen 12.000. Der fehlende Regen sorgt dafür, dass es auch außerhalb des Amazonas vermehrt brennt. Beobachtern zufolge sei Brandstiftung ein häufiger Grund. So sollen Weideflächen für die Viehwirtschaft geschaffen oder der Boden entsäuert werden. Zudem wird Gestrüpp abgebrannt, um größere Feuer zu verhindern – wobei die kleinen Feuer leicht außer Kontrolle geraten.

Wie das Umweltinstitut MapBiomas am Mittwoch mitteilte, ist die Fläche für Viehhaltung in Brasilien seit 1985 um 79 Prozent gestiegen, für den Ackerbau sogar um 228 Prozent. Amazonien hat am stärksten an Naturfläche verloren: seit 1985 rund 55 Millionen Hektar. Insgesamt hat der Amazonaswald in Brasilien bereits 19 Prozent seiner ursprünglichen Fläche verloren.

Nah am Kipppunkt?

Experten schätzen, dass der Wald bei Verlusten von 20 bis 25 Prozent an einen Kipppunkt gelangt, von dem an die Zerstörung nicht mehr aufzuhalten ist. Es kommt dann zu einer Störung des Wasserkreislaufs, wobei der geringere Niederschlag zu einer Versteppung der Waldgebiete führt. Gleichzeitig wird weniger Regen von Amazonien aus nach Süden transportiert. Das bedroht wiederum große Agrarflächen in Nordargentinien und Paraguay.

Die Trockenperiode in Amazonien reicht normalerweise von August bis Oktober, wobei üblicherweise im September die meisten Brände registriert werden. Dieses Jahr wurden aber bereits im Juli besonders hohe Temperaturen gemessen. Klimaforscher führen dies auf das Wetterphänomen El Niño zurück, das eine außerordentliche Trockenheit verursacht. So regnete es im Mai nur 18 Prozent der für jenen Monat normalen Menge.

Kipppunkte

Ein Klima-Kipppunkt ist ein Moment, an dem sich das Klima der Erde plötzlich und möglicherweise dauerhaft verändert, weil eine bestimmte Grenze überschritten wurde. Das passiert, wenn bestimmte Teile der Natur, wie Eisschilde oder Wälder, so stark geschädigt sind, dass sie nicht mehr in ihren ursprünglichen Zustand zurückkehren können.

Einmal überschritten, können diese Kipppunkte zu großen und oft unkontrollierbaren Veränderungen im Klima führen, wie zum Beispiel starkes Abschmelzen von Eis oder plötzlich auftretende Dürren. Das kann gravierende Folgen haben, beispielsweise Ernteausfälle, Hungersnöte, Verbreitung von Krankheiten, oder Fluchtwellen.

Wann genau ein Kipppunkt erreicht ist, lässt sich bislang nicht exakt vorhersagen.

Es ist wichtig, das Erreichen dieser Kipppunkte zu vermeiden, indem Klima und Natur geschützt werden.

KNA/weltkirche.de /dr

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