Im Klimaparadies des Papstes
Vatikanstadt ‐ Papst Franziskus gilt inzwischen als ein Prophet der ökologischen Wende. Aber wie sieht es im eigenen Land aus? Eine kleine Bestandsaufnahme.
Aktualisiert: 29.11.2023
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Was Papst Franziskus von der Weltklimakonferenz in Dubai erwartet, legte er in einem Lehrschreiben dar: Es sei zu hoffen, „dass die COP28 zu einer deutlichen Beschleunigung der Energiewende mit wirksamen Verpflichtungen führt“, schrieb er in „Laudate Deum“ Anfang Oktober und fuhr fort: „Diese Konferenz kann ein Wendepunkt sein.“ Als Wurzel der Klima-Krise sieht der Papst aus Lateinamerika, dass vor allem die reichen Länder dieser Welt zu lange über ihre Verhältnisse und auf Kosten der Mit- und Nachwelt lebten. Aus seiner Sicht braucht es einen grundlegenden Wandel. Auch im Vatikan? Ja, auch im Vatikan.
„Conversione ecologica 2030“ lautet dort der jüngste Umkehrruf angesichts der Klima-Apokalypse. Der päpstliche Fuhrpark soll komplett emissionsfrei werden. Anfang 2024, so hat man es mit dem Volkswagen-Konzern als Projektpartner vereinbart, werden 40 vollelektrische Modelle der ID.-Baureihe ausgeliefert. Danach ist über mittel- und langfristige Leasingverträge der Austausch aller Dienstwagen gegen strombetriebene VWs und Skodas geplant.
Joseph Ratzinger startete den Nachhaltigkeits-Weg
Zugegeben: Der Kleinstaat hat es leicht mit dem Verbrenner-Aus. Bei einer durchschnittlichen Laufleistung von 6.000 Kilometern pro Jahr gebe es schlichtweg keinen zwingenden Grund für die alte Technologie, bekannte der Chef der technischen Dienste im Vatikan, Roberto Mignucci, schon 2020. „Die Reichweite eines Elektroautos ist optimal, um nach Santa Maria di Galeria oder Castel Gandolfo zu fahren“, sagte er damals der Vatikanzeitung „Osservatore Romano“. Mignucci bezog sich auf einen Sendeposten von Radio Vatikan und auf einen Landsitz vor den Toren Roms, mit 30 Kilometern Distanz die äußersten Punkte der päpstlichen Welt.
Jetzt wird die Ladeinfrastruktur ausgebaut. Aktuell gibt es zehn Säulen mit 20 Ladepunkten; bis 2025 werden es laut vatikanischer Verwaltung doppelt so viele, verteilt über das Staatsgebiet und weitere Besitzungen im Umkreis. Dann sollen Vatikanangestellte auch ihren privaten PKW dort laden können.
Den Pfad der Nachhaltigkeit hat der Vatikan schon vor Jahren eingeschlagen. Es war der ehemalige deutsche Theologieprofessor Joseph Ratzinger, der als Papst Mülltrennung und Recycling einführte. Geschirr aus Einweg-Plastik ist seit 2019 abgeschafft. Im gleichen Jahr kündigte Franziskus an, einer Erweiterung des Montrealer Klima-Protokolls beizutreten und Ozon-Killer zu verbannen, wie sie etwa in alten Kühlaggregaten in Gebrauch waren.
LED-Beleuchtung macht den größten Unterschied
Bereits 2007 gab sich der Vatikan das Etikett „CO2-neutral“. Damals schenkte ein amerikanisch-ungarisches Unternehmen der Kirche 7.000 Hektar Wald in Ungarn, die den Treibhausgas-Ausstoß der Kirchenzentrale kompensieren sollten. 2008 bekam die päpstliche Audienzhalle von einem deutschen Sponsor eine fußballfeldgroße Photovoltaik-Anlage aufs Dach. Die ehrwürdige Sixtinische Kapelle, von Michelangelo im Licht rußender Kerzen ausgemalt, erstrahlt mittlerweile unter LED-Elementen, ebenso Petersdom und Petersplatz - macht bis zu 80 Prozent weniger Strom, heißt es in einem Beitrag der Website „Vatican News“.
Auch in anderen Bereichen will man ein gutes Beispiel geben: Die Brunnen der vatikanischen Gärten werden aus einem geschlossenen Wasserkreislauf gespeist, die Gärtner verzichten im Namen der Artenvielfalt auf chemische Pestizide und nahmen, soweit es die bescheidenen Gebietsverhältnisse zulassen, eine Aufforstung mit 250 Bäumen vor. Dabei wäre es nicht ganz fair, das päpstliche Klimaparadies mit normalen Volkswirtschaften zu vergleichen.
Kaum einen halben Quadratkilometer umfasst der Vatikanstaat; die größten Flächenanteile entfallen auf Parkgelände, eine Kirche mit Vorplatz und ein Museum. Energieintensive Industrie, produzierendes Gewerbe und Fernverkehr fehlen. Die Rechnerzentrale der Weltkirche: eine Kammer im ehemaligen Gärtnerhäuschen. Der Großteil der Beschäftigten wohnt, isst, konsumiert und heizt außerhalb der päpstlichen Mauern. All das schont die Öko-Bilanz.
Papst als Mahner
Was die Energieversorgung angeht, hängt der Vatikan am italienischen Netz, abgesehen von den Solarpaneelen, die aber nur einen Bruchteil des Bedarfs decken. Das alte Dieselkraftwerk, längst außer Betrieb, wurde letztes Jahr demontiert, die Generatorenhalle zum Fitnessraum für die Schweizergarde umgebaut. In welcher Menge Strom importiert wird und aus welchen Quellen, ist nicht leicht zu erfahren - nur, dass er wie alles andere im Vatikan keiner Steuer unterliegt. Das macht den Saft an den Zapfsäulen, sei er fossil oder elektrisch, konkurrenzlos günstig.
Mahner für die Bewahrung des Planeten zu sein, gehört inzwischen zum Image des Papstes; seine Stimme richtet sich an 1,4 Milliarden Katholiken und darüber hinaus.