
Tagung: Gerechtigkeit und Suffizienz als Antwort auf planetare Krisen
Würzburg ‐ Was bedeutet christliches Handeln in Zeiten ökologischer und sozialer Krisen? Eine Tagung in Würzburg sucht Antworten – und ruft zu Umkehr und konsequenterem Engagement auf.
Aktualisiert: 28.05.2025
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Unter dem Titel „Wie viel ist genug? Gerechtigkeit und Suffizienz als christliche Handlungsprinzipien“ ist heute (Mittwoch) in Würzburg die diesjährige Jahrestagung Weltkirche und Mission zu Ende gegangen. Sie wurde von der Konferenz Weltkirche veranstaltet, einem Netzwerk aus der Deutschen Bischofskonferenz, den deutschen (Erz-)Bistümern, Hilfswerken, der Deutschen Ordensobernkonferenz (DOK), dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und weiteren weltkirchlich tätigen Einrichtungen.
Rund 120 Teilnehmende aus Haupt- und Ehrenamt kamen im Exerzitienhaus Himmelspforten zusammen, um sich zehn Jahre nach der Veröffentlichung der Umweltenzyklika Laudato si’ von Papst Franziskus mit deren bleibender Relevanz auseinanderzusetzen und über deren bleibende Impulse für eine radikal neue Lebens- und Wirtschaftsweise, die die begrenzten Ressourcen der Schöpfung achtet, zu sprechen.
Bereits in den Eingangsstatements machte Dr. Stefan Einsiedel vom Zentrum für Globale Fragen an der Hochschule für Philosophie in München und Carina Zell-Ziegler vom Öko-Institut in Berlin klar, dass die planetaren Grenzen, etwa mit Blick auf den Klimawandel, die biologische Vielfalt oder die Süßwassersysteme, längst überschritten sind. Sie betonten, dass der Verbrauch natürlicher Ressourcen dringend reduziert werden muss. Zwar könne eine effizientere Nutzung beitragen, aber ohne Suffizienz – also eine freiwillige Beschränkung auf das Wesentliche – sei der ökologische Kollaps nicht aufzuhalten.
Neben der ökologischen Herausforderung wurde auch die soziale Dimension der Klimakrise deutlich benannt. Die Forderung nach Klimagerechtigkeit, so die Experten, ziele auf „eine gerechte Verteilung natürlicher Ressourcen“. Dass die politischen Agenden weltweit gegenwärtig andere Themen in den Fokus rückten, mache die Lage noch dramatischer.
Eine internationale Perspektive brachte Dr. Locardia Shayamunda aus Harare (Simbabwe) ein. Sie schilderte, wie sich ökologische Katastrophen, für die der Mensch Verantwortung trage, zunehmend in sozialen Spannungen äußerten. Diese führten zu Konflikten, „welche das weltweite Zusammenleben immer mehr belasten“. Im Gespräch mit weltkirche.de forderte sie vom globalen Norden, auf eine Faire Ressourcenverteilung hinzuwirken. Zudem solle Ländern des globalen Südens Zugang zu Technologien gegeben werden, damit eigene Ressourcen weiterverarbeitet und damit ein größerer Anteil der Wertschöpfung im Land gehalten werden könne, so die Expertin von Justice and Peace Harare (Simbabwe).
Manchmal ist weniger mehr
Auch die politische Dimension des Handelns stand zur Debatte. Jonas Wipfler von Misereor und Pater Dr. Jörg Alt SJ wiesen auf politische Blockaden hin, die notwendige Transformationen behinderten. Aus ihrer Sicht ist ein viel entschiedeneres Eintreten von Christinnen und Christen für die Schöpfung erforderlich. Dabei gehe es nicht nur um punktuelles Engagement, sondern um eine grundsätzliche Neuausrichtung. Die kirchliche Praxis müsse sich ‚jenseits bürgerlicher Religion‘ an den Ansprüchen des Evangeliums messen lassen, so der Tenor der Vortragenden.
In diesem Sinne verwies Weihbischof Dr. Peter Birkhofer (Freiburg) in seiner Predigt auf die Seligpreisungen in der Bergpredigt und erinnerte daran, dass vor Gott nur reich sei, wer die Gerechtigkeit lebe.
Im Ausblick auf das eigene Tun und Handeln warb der Hauptgeschäftsführer von Adveniat, Pater Dr. Martin Maier SJ, für eine „Zivilisation geteilter Genügsamkeit“, die vom „buen vivir“ aus der Tradition indigener Kulturen Lateinamerikas inspiriert sei. Wenn genug zum Leben vorhanden sei, könne ein „Weniger“ im Konsum ein „Mehr“ an Lebensqualität bedeuten.
Die Tagung endete mit einem klaren Appell: Gerechtigkeit und Suffizienz sollten als christliche Handlungsprinzipien nicht nur in der persönlichen Lebensführung, sondern auch in den kirchlichen Strukturen mehr zur Geltung kommen. Der Ruf zu Wandel und Verantwortung wurde dabei als geistliche wie politische Aufgabe gleichermaßen verstanden.
weltkirche.de