Emotionaler Abschied von Papst Franziskus in Argentinien
So trauert Bergoglios Heimatland

Emotionaler Abschied von Papst Franziskus in Argentinien

Buenos Aires  ‐ Tausende Menschen haben sich in der Heimatgemeinde von Papst Franziskus in Argentinien versammelt, um Abschied zu nehmen.

Erstellt: 22.04.2025
Aktualisiert: 22.04.2025
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Von Tobias Käufer (KNA)

Dort, wo alles angefangen hatte, versammelten sich bei Einbruch der Dunkelheit die Menschen. Im Stadtviertel Flores, wo Papst Franziskus wohnte, als er noch ein einfacher Priester war und noch Jorge Mario Bergoglio hieß. Wo ihn die Menschen bis heute nicht vergessen haben und wo erst Kerzen, dann Bilder und schließlich auch noch Fan-Utensilien des „päpstlichen“ Fußballclubs San Lorenzo die Straßen schmückten.

Gegen 19.00 Uhr am Montagabend (Ortszeit) begann die Messe. Schon lange bevor die Uhrzeit mitgeteilt wurde, strömten die Menschen in die Basilika San Jose de Flores. Auch Argentiniens Vizepräsidentin Victoria Villarruel nahm teil; bekam Beifall, aber auch Pfiffe, als sie mit ihrem Tross die Kirche betrat und wieder verließ. Viele Gläubige haben der libertären Regierung um Präsident Javier Milei ihren rüden Umgangston nicht verziehen.

„Dein Modell ist die Armut“, rief Milei dem Papst im Wahlkampf 2023 zu - und unterstellte ihm, die Stärke des Kapitalismus nicht verstehen und die Gefahr des Sozialismus zu unterschätzen. Anders als Milei suchte die als erzkonservativ geltende Villarruel die Nähe des Papstes.

Für den Erzbischof von Buenos Aires, Jorge Gracia Cuerva, beginnt der Tag in aller Frühe mit einem Gottesdienst. Da hat sich die Nachricht vom Tod des Papstes schon herumgesprochen, beginnen die Sondersendungen im Fernsehen, richten sich die Kameras auf die Kathedrale im Herzen von Buenos Aires; wo Jorge Bergoglio einst als Erzbischof wirkte, wohin er aber nach seiner Papstwahl im März 2013 nie mehr zurückkehren sollte. Sein Nachfolger, Erzbischof Gracia, versucht bei einer Pressekonferenz und später in den TV-Studios, schon einmal das Erbe des Papstes in Worte zu fassen: „Er war ein Papst von allen für alle.“

Gracia Cuerva ist nun die neue starke Stimme der Kirche in Argentinien. Am Vortag des Papsttodes hatte er noch einmal den Präsidenten wegen dessen radikaler Sparpolitik scharf attackiert. Der Erzbischof sagte, Franziskus habe immer seine Heimat besuchen wollen. Doch irgendwann, nachdem er allen Wahlkämpfen im Land terminlich aus dem Weg gegangen war und unzählige Reisen an die Ränder der Gesellschaft gemacht hatte, da ging dem Argentinier die Zeit aus. Das Alter forderte seinen Tribut. Argentinien hat seinen Papst nie mehr persönlich erleben dürfen.

Anhalte Polarisierung

Besonders groß ist die Trauer in den Armenvierteln; den „Villas“, wie die Argentinier sie nennen, die Franziskus aus eigener Arbeit gut kannte. Die Armenpriester meldeten sich am Nachmittag zu Wort. In ihre Mitteilung packten sie ein Foto, dass den damaligen Erzbischof bei der Fußwaschung einfacher Frauen zeigt. Daneben „Padre Pepo“ di Paolo, der wohl bekannteste und populärste Armenpriester.

„Die Ärmsten, die Vergessenen, die Ausgestoßenen, die Gefangenen, die Kranken, die Großeltern, die Kinder, die Menschen auf der Straße... – die sind das Vermächtnis von Franziskus“, schreiben die Armenpriester. Die beste Anerkennung und Dankbarkeit für Franziskus werde darin bestehen, seine Lehre zu konkretisieren und in die Praxis umzusetzen. „Jetzt wollen wir mehr denn je bei den Menschen sein und unsere organisierten Gemeinschaften dabei begleiten, Gutes zu tun.“ Nicht wenige fürchten, ohne den Papst als „Schutzpatron“ könnte ihre Arbeit schwerer werden.

Unterdessen wurde bekannt, dass Präsident Javier Milei und der Regierungschef der Hauptstadt, Jorge Macri, nach Rom reisen werden, um an der Trauerfeier teilzunehmen. Ob und wie sich der Tod des Papstes innenpolitisch auswirkt, bleibt noch abzuwarten.

Milei-Kritiker posteten alte Kommentare und Beleidigungen des Präsidenten über den Papst; sie entfalten posthum natürlich noch einmal eine besondere Wucht. Milei-Anhänger kontern mit Beiträgen über den damaligen Versuch der linksgerichteten Peronisten, Franziskus unmittelbar nach seiner Wahl im März 2013 in die Unterstützerecke der Militärdiktatur (1976-1983) zu drängen. Nicht einmal am Todestag des Papstes pausiert in Argentinien die Polarisierung.

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