Ordensschwester Neca de la Reunion verteilt 12/2024 Lebensmittel im "Centro Brochero" (Suppenküche in Buenos Aires/Argentinien).
Weniger Spenden, höhere Preise

Wie katholische Ordensfrauen in Argentinien die Armut managen

Buenos Aires  ‐ Argentinien erlebt turbulente Zeiten. Während die ökonomischen Kennziffern positiv sind, kämpfen Rentner in den Armenvierteln ums Überleben. Ein Ortsbesuch bei Ordensschwestern, die sich um die Ärmsten der Armen kümmern.

Erstellt: 25.01.2025
Aktualisiert: 24.01.2025
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Von Tobias Käufer (KNA)

Auf den Herdplatten stehen große Kochtöpfe, nebenan werden Möhren und Kartoffeln geschält. „Zu uns kommen die Senioren, die Omas und Opas“, sagt die Ordensfrau Ramona Elena Ponce, die nur „Neco“ gerufen wird. „Das größte Problem für die älteren Menschen in Ciudad Oculta ist, dass sie nicht in der Lage sind, ihre medizinische Behandlung zu bezahlen. Ihre Rente oder Pension reicht einfach nicht aus. Und viele leiden ganz einfach an Hunger“, sagt die 58-Jährige.

Schwester Neco arbeitet im „Centro Brochero“ in einem der Armenviertel von Buenos Aires. Benannt ist es nach einem katholischen Armenpriester. Das Viertel wiederum trägt den Namen „verborgene Stadt“, weil während die Fußball-WM 1978 und der Diktatur von General Jorge Rafael Videla eine Mauer errichtet wurde, die den Touristen den Blick in das Elendsviertel verstellen sollte.

2024 war für das Team im „Centro Brochero“ schwierig. Die zwölf Monate standen ganz im Zeichen des radikalen Reformprogramms des libertären Präsidenten Javier Milei, das mit weltweitem Interesse verfolgt wird. Nach seinem ersten Amtsjahr hat Milei bemerkenswerte Erfolge eingefahren: Die monatliche Inflationsrate fiel von 25 auf unter drei Prozent, das Land hat erstmals seit Jahren wieder einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet; die Wirtschaft beginnt zu wachsen.

Bedürftige Senioren sitzen zusammen bei einer Mahlzeit im Centro Brochero, einer Suppenküche für verarmte Senioren, am 13. Dezember 2024 in Buenos Aires (Argentinien).
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Bedürftige Senioren sitzen zusammen bei einer Mahlzeit im Centro Brochero (dt. Zentrum Brochero), einer Suppenküche für verarmte Senioren, am 13. Dezember 2024 in Buenos Aires (Argentinien).

Doch die Erfolge hat die Regierung teuer erkauft: Die Lebenshaltungskosten sind gestiegen, Sozialausgaben wie Medikamentenzuschüsse gekürzt. Besonders in den einkommensschwachen Schichten ist das zu spüren. Auch das „Centro Brochero“ registriert das. „Die Menge der erhaltenen Lebensmittelrationen ist erheblich zurückgegangen. Wir bekommen weniger Fleisch, Nudeln, Reis, Gemüse. Die Nachfrage von älteren Menschen, die diese Lebensmittelhilfe benötigen, ist aber gestiegen“, sagt Schwester Neco. Generell werde mehr Unterstützung benötigt. Daher habe sich das Aufgabengebiet erweitert: von der reinen Armenspeisung bis hin zu Beratung bei der Beschaffung von Medikamenten.

Die Universität von Buenos Aires veröffentlichte vor wenigen Tagen eine Studie. Demnach hat die Armut unter Rentnern deutlich zugenommen. Die Armutsquote in dieser Gruppe stieg von 13,2 Prozent im ersten Halbjahr 2023 auf 30,8 Prozent im gleichen Zeitraum 2024. „Diese Daten zeigen, dass einer von drei Rentnern in Armut lebt und dass im vergangenen Jahr mehr als eine halbe Million Rentner hinzugekommen sind“, heißt es in der Studie. Zuletzt ging die Armutsrate allerdings zurück. Nach einem schweren ersten Jahr solle es nun einen kräftigen volkswirtschaftlichen Aufschwung geben, kündigte Milei an.

Ihre Kraft schöpfen die Helferinnen im Zentrum auch aus den Worten des argentinischen Papstes. „Franziskus spricht zu uns von einem sozialen Bündnis der Hoffnung, das alle einschließt – vor allem unsere Brüder und Schwestern, die eine schwere Zeit haben“, so Schwester Neco. Die Stärke des Zentrums liege in den Begegnungen, in der Bildung einer Gemeinschaft, sagt sie. „Das führt zu gegenseitiger Unterstützung. Das gibt in Not geratenen Menschen das Gefühl, dass sie die Protagonisten ihres Lebens sind – hier und jetzt.“

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