„Glaube und Kirche geben den Menschen Hoffnung“
Aachen/Port Moresby ‐ Im September besucht Papst Franziskus Papua-Neuguinea. Die Menschen in dem Inselstaat im Pazifik leiden besonders unter dem Klimawandel. Zuletzt gab es hunderte Tote bei einem Erdrutsch. Frische Eindrücke von vor Ort.
Aktualisiert: 22.07.2024
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Papua-Neuguinea ist viele tausend Kilometer von Deutschland entfernt, und wohl kaum jemand hier weiß etwas über das Land und über das, was die Menschen dort bewegt. Es sei denn, Katastophen – wie ein Erdrutsch mit hunderten Toten vor zwei Monaten – zeigen, wie sehr die Menschen in dem Inselstaat im Pazifik unter den Folgen des Klimawandels leiden.
Anfang September macht Papst Franziskus bei seiner Asienreise dort Station; im Oktober ist Papua-Neuguinea das Partnerland des diesjährigen Weltmissionsmonats. Diese größte globale katholische Solidaritätsaktion wird getragen von den deutschen Hilfswerken Missio Aachen und Missio München. Pfarrer Dirk Bingener, Präsident von Missio Aachen, hat das Land gerade besucht. Im Interview KNA-Interview schildert er seine Eindrücke.
Frage: Pfarrer Bingener, Sie waren gerade in Papua-Neuguinea. Was sollten wir über das ferne Land wissen?
Bingener: Papua-Neuguinea ist der drittgrößte Inselstaat der Welt und liegt nördlich von Australien. Kulturell ist es eines der vielfältigsten Länder der Erde. Dort leben über 830 verschiedene ethnische Gemeinschaften, die noch viel mehr Sprachen sprechen. Rund ein Viertel der Menschen sind katholisch.
Frage: Was belastet die Menschen dort besonders? Mit welchen Problemen haben sie im Alltag zu kämpfen?
Bingener: Noch heute leben große Teile der zehn Millionen Einwohner in kleinen, abgelegenen Siedlungen. Es gibt kaum Straßen. Der Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung ist schwierig. Gewalt ist stark verbreitet, besonders gegen Frauen. Sie werden oft als Menschen zweiter Klasse behandelt und haben in der Gesellschaft und in den Familien kaum Mitspracherechte. Wenn es aber darum geht, die Familie zu versorgen, leisten sie den Großteil der Arbeit. Die Menschen leiden insbesondere in Städten unter Kriminalität, zerbrechenden Familien oder einer verbreiteten Drogen- und Alkoholsucht.
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Frage: Es kommt dort auch immer wieder zu tödlichen Erdrutschen. Erst im Mai starben rund 2.000 Menschen unter Schlamm und Geröll. Wie sehr leiden die Menschen unter dem Klimawandel?
Bingener: Die Folgen des Klimawandels sind in Papua-Neuguinea nicht abstrakt, sie sind unmittelbar und gefährden das Leben von Menschen. Kleinere Inseln sind durch einen steigenden Meeresspiegel vom Untergang bedroht. Die Küsten größerer Inseln erodieren, Land geht verloren, Menschen müssen fliehen. Eindringendes Meerwasser zerstört Nutzpflanzen und lässt Trinkwasserbrunnen versalzen. Extremwetterereignisse wie starke Regenfälle nehmen zu. Das führt in den Bergen immer öfter zu Schlammlawinen, wie im Mai. Die Menschen, die durch ihre Lebensweise am wenigsten zum Klimawandel beitragen, leiden am meisten darunter. Das ist die traurige Wahrheit.
Frage: Welche Rolle spielt die katholische Kirche in dem Land?
Bingener: Die katholische Kirche stabilisiert das Land und die Gesellschaft spürbar. Sie fördert das friedliche Zusammenleben der vielen ethnischen Gemeinschaften. Sie setzt sich für die schwächsten und verletzbarsten Gruppen ein. Ordensfrauen und katholische Frauenverbände organisieren beispielsweise Schutzhäuser für Frauen und Kinder. Sie helfen den Frauen, die der angeblichen Hexerei bezichtigt werden. Schwester Lorena ist eine unserer bekanntesten Partnerinnen im Kampf gegen Hexenwahn. In Stadtvierteln voller Gewalt sind Pfarreien und in ihnen besonders kirchliche Jugendgruppen Oasen der Sicherheit.
Kardinal John Ribat und mit ihm engagierte Gläubige reden der Regierung ins Gewissen, endlich die Interessen der Bevölkerung zu schützen. Sie warnen eindringlich vor den Gefahren des Tiefseebergbaus und prangern die ungehemmte wirtschaftliche Ausbeutung der Rohstoffe des Landes an. Wie in vielen Ländern der Erde ist die Kirche eine wichtige Institution, um Rechte einzufordern. Glaube und Kirche geben den Menschen Hoffnung.
„Die Folgen des Klimawandels sind in Papua-Neuguinea nicht abstrakt, sie sind unmittelbar und gefährden das Leben von Menschen“
Frage: Können Sie Beispiele nennen, wie Ordensschwestern oder engagierte Laien konkret helfen?
Bingener: Ganz stark ist Helen Hakena. Ich habe sie auf der Inselgruppe Bougainville getroffen. Dort ist sie Präsidentin der katholischen Frauengemeinschaft. Mit einem Empowerment-Programm macht sie rund 200 Frauen fit für Führungsaufgaben in ihren Heimatgemeinschaften.
In der Hauptstadt Port Moresby hat mich Helen Oa beeindruckt. Sie kümmert sich mit einer Laienbewegung ehrenamtlich um Jugendliche, die einmal kriminell waren. Ihr Team hat ganze Straßenviertel zu besseren und sicheren Orten gemacht. Oder die Ordensfrau Sr. Daisy Anne Lisania Augustine: Mit unserer Hilfe konnte sie ein Journalismus-Studium abschließen. Jetzt ist sie die erste Einheimische und die erste Frau, die die Kommunikationsabteilung der Bischofskonferenz von Papua-Neuguinea und den Solomon Islands leitet. Gerade bereitet sie den Papstbesuch mit vor. Sie alle kommen zum Weltmissionsmonat im Oktober nach Deutschland.
Frage: Was bedeutet der Papst-Besuch den Menschen dort?
Bingener: Die Menschen freuen sich riesig auf den Besuch des Papstes, übrigens nicht nur die Katholiken. Papst Franziskus ist ein hoch respektierter Gast in Papua-Neuguinea. Er rückt das Land, dass manchmal aufgrund seiner geografischen Lage nur am Rande wahrgenommen wird, in die Mitte einer interessierten Öffentlichkeit. Die Menschen spüren, dass der Papst ihnen und ihrem Leben mit dem Besuch Aufmerksamkeit schenken will. Also, eine wichtige Reise des Heiligen Vaters.
Frage: In den letzten Monaten haben auch Gewaltexzesse das Land heimgesucht. Ist das eine Gefahr für die Papstreise?
Bingener: Der Papst wird während seines Besuchs sicher eine der am besten beschützten Personen des Landes sein. Umso mehr ist es wichtig, dass er das Schicksal derer anspricht, die tagtäglich unter Angst und Gewalt leiden. Der Papst wird sich weniger um seine eigene Sicherheit Sorgen machen, sehr wohl aber um die alltägliche Sicherheit von Frauen und besonders der Kinder, die unter den Gewaltexzessen sehr leiden.
Frage: Und wie sieht es mit dem feucht-heißen Klima aus? Das kann schon junge Menschen belasten – wie sehr wird das den 87-jährigen Papst beeinträchtigen?
Bingener: Das Klima ist das ganze Jahr über warm und sehr feucht und damit schon sehr anstrengend. Dass der Papst diese Strapazen auf sich nimmt, zeigt sicher, wie wichtig ihm dieser aus der Coronazeit nachgeholte Besuch ist. Die vielen frohen Begegnungen im Land haben unsere Reisegruppe die Strapazen schnell vergessen lassen. Dies wird dem Papst sicher auch so gehen.
Frage: Was hat Sie persönlich besonders beeindruckt bei Ihrem Aufenthalt in Papua-Neuguinea?
Bingener: Der Reichtum an unterschiedlichen Menschen, Sprachen, Traditionen. Der Reichtum der Natur, die Inseln, das Meer, die Fruchtbarkeit – all das, was die Erde hervorbringt. Und auch die Gastfreundschaft und die Neugierde, das Erstaunen, dass wir von so weit hergekommen sind, um uns als Gläubige zu besuchen. Und der nahezu unerschütterliche Glaube der Menschen, der Kraft, Lebensfreude und Hoffnung gibt.
Papstbesuch in Papua-Neuguinea
Papst Franziskus wird sich vom 6. bis zum 9. September in Papua-Neuguinea aufhalten. Dort ist bereits ein vielfältiges Programm geplant (Zeitangaben in lokaler Zeit sowie MEZ):
Freitag, 6. September 2024, Port Moresby
18.50 Uhr (10.50 Uhr): Ankunft und Begrüßungszeremonie am Internationalen Flughafen „Jacksons“ in Port Moresby
Samstag, 7. September 2024, Port Moresby
09.45 Uhr (01.45 Uhr): Höflichkeitsbesuch beim Generalgouverneur Bob Dadae in seinem Residenz „Government House“ in Port Moresby
10.25 Uhr (02.25 Uhr): Treffen mit Vertretern von Regierung, Zivilgesellschaft und Diplomatischem Korps im Konferenzzentrum „Apec Haus“ in Port Moresby; Ansprache des Papstes
17.00 Uhr (09.00 Uhr): Besuch von Kindern betreut durch katholische Straßensozialarbeit und eines Dienstes für Menschen mit Behinderung in der Technischen Sekundarschule der Caritas in Port Moresby
17.40 Uhr (09.40 Uhr): Treffen mit Bischöfen aus Papua-Neuguinea und den Salomonen, sowie mit Priestern, Diakonen, Ordensleuten, Seminaristen und pastoralen Mitarbeitern im Heiligtum „Maria, Hilfe der Christen“; Ansprache des Papstes
Sonntag, 8. September 2024, Port Moresby - Vanimo
07.30 Uhr (23.30 Uhr): Besuch des Premierministers James Marape in der Apostolischen Nuntiatur in Port Moresby
08.55 Uhr (00.55 Uhr): Heilige Messe im Fußballstadion „Sir John Guise“ in Port Moresby; Predigt und Mittagsgebet des Papstes
13:00 Uhr (05.00 Uhr): Abflug vom Internationalen Flughafen „Jacksons“ in Port Moresby nach Vanimo
15:15 Uhr (07.15 Uhr): Ankunft am Flughafen von Vanimo
15.30 Uhr (07.30 Uhr): Begegnung mit Katholiken aus dem Bistum Vanimo vor der Heilig-Kreuz-Kathedrale in Vanimo; Ansprache des Papstes
16.50 Uhr (08.50 Uhr): Privates Treffen mit Missionaren in der Dreifaltigkeitsschule in Baro
17.40 Uhr (09.40 Uhr): Abflug vom Flughafen in Vanimo nach Port Moresby
19.55 Uhr (11.55 Uhr): Ankunft am Internationalen Flughafen „Jacksons“ in Port Moresby
Montag, 9. September 2024, Port Moresby - Dili
09.45 Uhr (01.45 Uhr): Begegnung mit Jugendlichen im Fußballstadion „Sir John Guise“ in Port Moresby; Ansprache des Papstes
11.10 Uhr (03.10 Uhr): Abschiedszeremonie am Internationalen Flughafen „Jacksons“ in Port Moresby
11.40 Uhr (03.40 Uhr): Abflug vom Internationalen Flughafen „Jacksons“ in Port Moresby
Ohne Gewähr. Quelle: KNA.