Gedenkstätte Porte du Non-Retour in Ouidah
Eindrucksvolle Ausstellungen erinnern an großes Leid

Westafrika arbeitet die Zeit des Sklavenhandels auf

Ouidah/Dakar  ‐ Kinofilme und politische Forderungen sorgen dafür, dass in Westafrika zunehmend eine Aufarbeitung der Sklaverei gefordert wird. Dafür interessieren sich auch Nachfahren einst versklavter Afrikaner.

Erstellt: 05.04.2024
Aktualisiert: 04.04.2024
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Von Katrin Gänsler (KNA)

Laurelle da Matha kennt die Biografien der Frauen genau, die sich vor allem im 19. Jahrhundert für eine Abschaffung der Sklaverei einsetzten. In Westafrika gehörten die Frauen von Nder dazu. Als im November 1819 Männer in ihr Dorf im Norden des heutigen Senegal kamen, die mutmaßlich auf der Suche nach Sklavinnen waren, entschieden sie: Lieber verbrennen sie sich, um in Freiheit sterben, als versklavt zu werden.

Aber auch über die Lebensgeschichte der Britin Anne Wright, die mit ihren Mitstreiterinnen 350.000 Unterschriften für eine Petition zur Abschaffung der Sklaverei sammelte, spricht die 21-Jährige. Sie hat gerade ihre Ausbildung zur Tourismusfachfrau abgeschlossen und arbeitet im Internationalen Kulturzentrum John Smith (CCRI) der Stadt Ouidah im westafrikanischen Benin.

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Dort ist die Dauerausstellung „Frauen und Sklaverei“ zu sehen. Ouidah ist eng mit dem transatlantischen Sklavenhandel verknüpft. Zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert wurden hier vom Strand aus vermutlich Millionen Männer und Frauen gegen ihren Willen in Holzboote gepfercht und angekettet. Insgesamt ist von bis zu 17 Millionen Menschen die Rede, die vorwiegend aus West- und Zentralafrika nach Süd- und Nordamerika gebracht wurden. Je nach Ziel waren sie einen bis zwei Monate unterwegs. Wie viele Menschen bei der gefährlichen Überfahrt starben, ist nicht bekannt.

Dauerausstellung zu Frauen und Sklaverei in Ouidah
Bild: © Katrin Gänsler/KNA

Starke Frauen, früher und heute: Laurelle da Matha, Mitarbeiterin im Internationalen Kulturzentrum John Smith in Ouidah (Benin), zeigt Besuchern die Dauerausstellung Frauen und Sklaverei im Kulturzentrum in Ouidah.

Bevor Laurelle da Matha anfing, im CCRI zu arbeiten, wusste sie wenig über Sklaverei. Bekannt in Benin sind vor allem die Kriegerinnen aus dem einstigen Königreich Dahomey, die Amazonen, die auch gegen die Kolonialisierung durch Frankreich kämpften. „Letztlich weiß ich erst durch diese Ausstellung, wie sehr vor allem Frauen in dieser Zeit gelitten haben“, sagt sie.

In Ouidah erinnern eine „Sklavenroute“ und ein „Tor ohne Wiederkehr“ an das Schicksal der Verschleppten. Mittlerweile lässt auch die Regierung von Patrice Talon ein Museum bauen. Im Nachbarland Nigeria gibt es bereits solche Museen. Zugenommen hat das Interesse durch den Film „The Women King“, in dessen Mittelpunkt die Amazonen von Dahomey stehen. In Benin war das Kino im Herbst 2022 wochenlang ausverkauft, obwohl sich der Film nicht immer an historische Fakten hielt.

Mahnmahl

Die Debatte weiter angefacht hat 2023 Ghanas Präsident Nana Akufo-Addo, als er vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen eine Wiedergutmachung für Schäden durch Sklavenhandel und Kolonialzeit forderte. Vor allem aber verlangte er eine förmliche Entschuldigung von den beteiligten europäischen Nationen. Dabei ging er geflissentlich nicht darauf ein, welche Rolle westafrikanische Königreiche damals spielten. Sie verkauften bereitwillig Menschen fremder Ethnien und Reiche, die sie in Kriegen und bei Überfällen gefangen genommen hatten.

In Ouidah werden indes keine politischen Forderungen erhoben. Neben Skulpturen, die an angekettete Sklaven erinnern, ist auch das Haus einer großen Sklavenhändlerfamilie Teil der Ausstellung. Zu den Besuchern gehören in erster Linie Touristen aus Europa, aber auch Besucher aus Brasilien, Haiti und den USA, die Spuren ihrer westafrikanischen Vorfahren suchen.

Bild: © KNA

Beeindruckendes Zeugnis großer Grausamkeiten: Île de Gorée (Senegal)

Weitaus populärer ist allerdings die Île de Gorée im Senegal, die jährlich rund eine halbe Million Menschen besuchen. Von der Hauptstadt Dakar aus dauert die Überfahrt auf die Insel, die zum Weltkulturerbe der Unesco zählt, eine knappe halbe Stunde. Viele Häuser entlang der Gassen sind renoviert und gestrichen. Überall blühen Flammenbäume. Kleine Restaurants werben um Kunden. Für viele beginnt der Ausflug mit der Besichtigung des „Sklavenhauses“, wo bis zu ihrer Überfahrt Sklaven gefangen gehalten wurden. Hier ist am Samstagmorgen der Innenhof voll; viele Besucher sprechen Englisch mit US-amerikanischem Akzent. Überall werden Erinnerungsselfies gemacht.

Im gegenüberliegenden Gebäude hat Kurator Eloi Coly sein Büro. „Das Sklavenhaus zeigt ein ganz trauriges Kapitel der Weltgeschichte“, sagt er. Wichtig sind ihm nicht nur die internationalen Besucher, sondern auch senegalesische Schüler: „Jeder Lehrer muss mit seiner Klasse hier einen Besuch machen“, erläutert der Experte. Die Epoche sei Teil des offiziellen Lehrplans. So sollen die Kinder und Jugendlichen etwas über die Geschichte ihres Landes erfahren. Zugleich, betont der Kurator, sei das „Sklavenhaus“ ein wichtiges Mahnmal gegen Menschenrechtsverletzungen.

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