Katholischer Flüchtlingsgipfel 2025 in Mainz
„Standhaft an der Seite der Schutzsuchenden!“

Katholischer Flüchtlingsgipfel diskutiert Gefahren für den Flüchtlingsschutz

Mainz ‐ Bei einem Treffen in Mainz gibt es Kritik an den geplanten Änderungen in der Flüchtlingspolitik – und an US-Vizepräsident Vance. Die Menschen gelte es fit zu machen für „Transformationsprozesse“.

Erstellt: 21.05.2025
Aktualisiert: 21.05.2025
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Der Flüchtlingsschutz in Deutschland muss aus Sicht von Erzbischof Stefan Heße weiterentwickelt werden. „Die Humanität darf nicht abgebaut werden“, warnte er am Mittwoch in Mainz beim neunten Flüchtlingsgipfel der katholischen Kirche. Die Debatte um Flüchtlinge sei so zugespitzt, dass viele Menschen das Thema Migration für die größte Herausforderung hielten.

Gerade aus Sicht der Engagierten ist nach Ansicht von Erzbischof Heße aber klar, dass bestehende Probleme angegangen werden müssen, etwa durch eine deutlich verbesserte Unterstützung belasteter Kommunen. „Statt polarisierender Debatten und reflexartiger Rufe nach Restriktion brauchen wir ein demokratisches Ringen um die besten Lösungen. Dazu gehört aber auch, dass wir die vielen erfolgreichen Geschichten gelingender Integration stärker ins Bewusstsein rufen“, betonte er.

Statt politischer Zuspitzung brauche es eine differenzierte und lösungsorientierte Herangehensweise. Doch der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD wirft aus Sicht des Vorsitzenden der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz Fragen auf. Der Hamburger Erzbischof kritisierte unter anderem die Aussetzung des Familiennachzugs und Zurückweisungen an den Grenzen.

Die Freiburger Professorin für christliche Gesellschaftslehre, Ursula Nothelle-Wildfeuer, wandte sich gegen die Interpretation christlicher Nächstenliebe von US-Vizepräsident JD Vance, der dabei eine Rangfolge von näher- bis fernerstehenden Menschen behauptet hatte. „Dass damit für die Migranten kein Stück dieser Liebe übrigbleibt, ist offenkundig“, sagte sie. Man habe vielmehr aus christlicher Perspektive die Schutzbedürftigen mehr zu lieben als Wohlhabende.

Menschen mitnehmen

Für die gesellschaftliche Fähigkeit, Resilienz aufzubauen und Widrigkeiten gemeinsam zu begegnen, plädierte die Vorsitzende des Sachverständigenrats für Integration und Migration, Birgit Glorius. Es sei höchste Zeit, die Menschen fit zu machen für anstehende Transformationsprozesse und damit auch Ängsten vor Migrationsfolgen entgegenzuwirken.

Das Ausmaß an Fluchtmigration und der Umgang mit Geflüchteten sei schon immer ein Indikator für den Zustand der Gesellschaft gewesen, so die Migrationsforscherin von der TU Chemnitz. „In einer vielfach vernetzten Welt und angesichts multipler Krisen brauchen wir nicht Rückzug und Abschottung, sondern Vernetzung, Kooperation und Solidarität.“

Es gelte zudem, dabei alle Menschen mitzunehmen. Sie zitierte eine aus dem Libanon nach Bautzen in Sachsen geflüchtete Frau: „Man muss doch auch die Rechten integrieren, um gesellschaftlich weiterzukommen.“

Über 40.000 Engagierte

Beim Flüchtlingsgipfel kamen insgesamt rund 160 Vertreter aus Wissenschaft, Flüchtlingsarbeit und Kirche in Mainz zusammen. Auch die rheinland-pfälzische Familien- und Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne) nahm daran teil.

Bei einer Podiumsdiskussion mit dem Landrat des sachsen-anhaltischen Burgenlandkreises, Götz Ulrich, erklärte Binz, die Integration von Geflüchteten sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nur gelinge, wenn alle Akteure zusammenarbeiteten. Geflüchtete benötigten echte Chancen – durch Sprachkurse, Zugang zum Arbeitsmarkt und die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. „So können sie ihr Leben selbst gestalten und sich aktiv einbringen. Ihre Sichtbarkeit in der Gesellschaft fördert das Verständnis, denn wer die Geschichten von Geflüchteten kennt, sieht nicht das Unbekannte, sondern Mitmenschen“, so die Hoffnung der Ministerin.

Landrat Ulrich stellte fest, die Bereitschaft, Geflüchtete aufzunehmen und als Teil der deutschen Gesellschaft zu akzeptieren, sei gesunken. Um dieser Entwicklung zu begegnen, setze er auf gut vernetzte Strukturen. Besonderes Augenmerk lege er auf gelingende Integration, vor allem im Arbeitsmarkt, ebenso aber auf Rückführungen von Menschen ohne Integrationsbereitschaft. „Hierfür haben wir mit unserer Migrationsagentur eine deutschlandweit einmalige Querschnittsverwaltung aufgebaut“, so Ulrich.

2024 hat die kirchliche Flüchtlingshilfe mit rund 5.480 haupt- und 35.000 ehrenamtlichen Mitarbeitern bundesweit fast 500.000 Menschen erreicht. 34 Millionen Euro seien dabei deutschlandweit für Flüchtlingshilfe verwandt worden, dazu kämen 50 Millionen Euro für Projekte in anderen Ländern.

KNA/DBK/weltkirche.de

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