Climate change conference cop29 in Azerbaijan
Zeitweise drohte Scheitern

Weltklimagipfel beendet: Höhere Finanzhilfen beschlossen

Bonn/Berlin ‐ Die Abkehr von Kohle, Öl und Gas fällt schwer: Die Weltklimakonferenz von Baku hat nur leichte Fortschritte im Kampf gegen den Klimawandel gebracht.

Erstellt: 25.11.2024
Aktualisiert: 25.11.2024
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Von Christoph Arens (KNA)

Mit großer Verzögerung und nach zähen Verhandlungen ist die Weltklimakonferenz in Baku am Sonntag zu Ende gegangen. Zuletzt hatte die Konferenz zeitweise vor dem Scheitern gestanden.

Die mehr als 190 Vertragsstaaten einigten sich letztlich auf höhere Finanzhilfen, um die Entwicklungsländer künftig stärker bei der Anpassung an den Klimawandel und beim Aufbau einer nachhaltigen Energieerzeugung zu unterstützen. Vereinbart wurde, bis 2035 rund 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr zur Verfügung zu stellen – bisher lag das Ziel bei 100 Milliarden US-Dollar.

Der tatsächliche Bedarf ist jedoch nach Expertenangaben deutlich höher. Die am stärksten betroffenen Länder forderten 1.300 Milliarden US-Dollar. Diese Zahl findet sich auch – als unverbindliches Ziel – im Abschlussdokument wieder. Beschlossen wurde dabei ein Mechanismus, um Fortschritte bei der Aufstockung der Klimafinanzierung genau zu dokumentieren.

Die 2023 bei der Weltklimakonferenz von Dubai eingegangene Verpflichtung, sich von fossilen Brennstoffen schrittweise zu verabschieden, konnte nicht verbindlich in den neuen Klimaschutzplänen verankert werden. Allerdings bestätigte die Abschlusserklärung von Baku grundsätzlich die Beschlüsse von Dubai. Leichte Fortschritte gab es bei der Ausgestaltung der Kohlenstoffmärkte. Hier sollen etwa die doppelte Anrechnung von Maßnahmen zur Emissionsminderung verhindert und Schlupflöcher geschlossen werden, die ermöglichten, dass eine Emissionsminderung doppelt auf Klimaziele angerechnet wird. Gescheitert ist die Erweiterung der Gruppe der zahlenden Länder um finanzstarke Staaten wie China, Saudi-Arabien, Südkorea oder Singapur. Sie sollen laut Abschlusserklärung zu freiwilligen Beiträgen ermutigt werden.

UN-Generalsekretär sieht Teilerfolg

UN-Generalsekretär Antonio Guterres sieht die Konferenz als Teilerfolg. Er habe auf ein ehrgeizigeres Ergebnis gehofft, erklärte Guterres. Aber dieses Abkommen liefere eine Basis, auf der man aufbauen könne. „Das Ende des Zeitalters der fossilen Brennstoffe ist wirtschaftlich unausweichlich.“

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) erklärte in Baku, der beschlossene Finanzrahmen sei „nur ein Startpunkt“. Ein Scheitern des Klimagipfels habe aber auf jeden Fall vermieden werden müssen, um die besonders verletzlichen Staaten nicht alleinzulassen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) betonte, bei der Klimafinanzierung sei ein „Paradigmenwechsel“ eingeleitet worden: „Der Privatsektor bekommt jetzt eine stärkere Rolle beim weltweiten Klimaschutz, und auch Länder etwa aus der Golfregion oder China stehen jetzt unter Erwartungsdruck, dazu ebenfalls finanziell beizutragen.“

Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) erklärte, in Baku sei der Abwehrkampf einer fossilen Welt zu besichtigen gewesen, „die nicht akzeptieren will, dass das Zeitalter der fossilen Energien zu Ende geht.“ Der rapide Ausbau der Erneuerbaren sei nicht mehr aufzuhalten. Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) sagte, entscheidend sei, dass auch private Investitionen weltweit in großem Maßstab in die richtigen, klimaverträglichen Bahnen gelenkt werden.

Die Gruppe der bedrohten Inselstaaten reagierte entsetzt auf die gehandelten Summen. Sie appellierte „an das moralische Gewissen derer, die sich als unsere Partner verstehen, uns beizustehen“. Deutsche Nichtregierungsorganisationen bezeichneten die Ergebnisse als eher enttäuschend. Greenpeace Deutschland erklärte, es sei skandalös, dass es der Öl- und Gaslobby mit Hilfe einiger Öl-Staaten gelungen sei, alle notwendigen Beschleunigungen zum Ausstieg von Kohle, Öl und Gas zu blockieren.

Die Umweltorganisation Germanwatch erklärte, die Weltklimakonferenz liefere nicht das, was eigentlich notwendig gewesen wäre. „Aber sie bewegt sich im oberen Bereich dessen, was bei der derzeitigen politischen Großwetterlage möglich ist“, sagte der Politische Geschäftsführer Christoph Bals.

Unterdessen bezweifelte der Klimaforscher Mojib Latif den Sinn großer Weltklimakonferenzen. „Wir haben 28 Konferenzen hinter uns und die Emissionen sind explodiert. Die COP ist ein Spektakel, das dem Klima bisher nichts gebracht hat“, sagte Latif vor Bekanntwerden der Ergebnisse der „Rheinischen Post“. Gut sei nur, dass dort die Entwicklungsländer gehört würden und Technologiemessen entstünden. Latif forderte, dass die großen Verursacher „sich zusammensetzen und handeln. China und die USA verursachen zusammen fast die Hälfte der globalen Emissionen, die G-20-Staaten zusammen 80 Prozent.“

Die Ergebnisse auf einen Blick

  • Bis 2035 sollen die Industrieländer ihre jährlichen Zahlungen an Entwicklungsländer von derzeit 100 Milliarden auf 300 Milliarden US-Dollar erhöhen. Die von Experten bezifferte notwendige Summe von 1,3 Billionen US-Dollar wird zwar als Ziel genannt; unklar bleibt allerdings die Finanzierung. Die Entwicklungsländer hatten als Mindestziel bis 2030 eine Erhöhung der Zahlungen der Industriestaaten auf 500 Milliarden Dollar jährlich gefordert.
  • Nächstes Jahr soll auf der COP30 in Brasilien beraten werden, wie die Lücke zu 1,3 Billionen geschlossen werden kann. In der sogenannten „Baku to Belem Roadmap“ sollen die Fortschritte bei der Aufstockung der Klimafinanzierung genau erfasst werden. Zwischenberichte sind für die Jahre 2026 und 2027 vorgesehen.
  • Entwicklungsländer werden angeregt, im Rahmen einer „Süd-Süd-Kooperation“ auf freiwilliger Basis zur Klimafinanzierung beizusteuern. Angesprochen werden damit insbesondere Schwellenländer wie China und die reichen Ölstaaten, die formell noch als Entwicklungsländer gelten.
  • Die multilateralen Entwicklungsbanken sollen deutlich mehr Kredite vergeben, beziehungsweise armen Staaten Schulden erlassen. Über das öffentliche Geld und das der Banken sollen mit Hebelwirkung auch private Investitionen angestoßen werden, die ebenfalls als Klimafinanzierung gezählt werden. Vorgaben gibt es allerdings nicht.
  • Der Anpassungsfonds für Verluste und Schäden wurde erweitert. Nach Baku sind nun gut 760 Millionen US-Dollar an freiwilligen Beiträgen zugesagt, rund 85 Millionen kamen während des Gipfels dazu. Die Summe liegt jedoch noch immer weit unter dem, was die Länder bei Katastrophen und Unwettern benötigen.
  • Die eigentliche Bewährungsprobe für die Klima-Ambition von Staaten steht noch aus: Nächstes Jahr müssen Regierungen ihre nationalen Klimapläne vorlegen. Großbritannien hat auf dieser Konferenz den Auftakt gemacht und Pläne vorgestellt, bis 2035 Emissionen um 81 Prozent zu senken.

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