Gregor Maria Hanke, Bischof von Eichstätt, am 31. Mai 2020 in Ziemetshausen.
Eichstätter Bischof zum Weltklimagipfel

Hanke: Einsatz des Papstes mahnt Christen

Eichstätt  ‐ Bischof Gregor Maria Hanke ist dem Thema Klimawandel eng verbunden. Im Interview erzählt er, was er davon hält, sich auf der Straße festzukleben – und warum die Bahn öfter nach Rom fahren sollte.

Erstellt: 29.11.2023
Aktualisiert: 29.11.2023
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Die nächste Weltklimakonferenz steht an: Sie findet von Donnerstag bis 12. Dezember in Dubai statt. Eigentlich wollte als erster Papst überhaupt auch Franziskus dabei sein, er sagte seine Reise aber kurzfristig gesundheitsbedingt ab. Das Kirchenoberhaupt will sich laut Vatikan dennoch an den Gesprächen des Gipfels beteiligen. Was das für den Umweltschutz bedeutet, erklärt der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke, der dem Thema als stark verbunden gilt.

Frage: Herr Bischof, erstmals wollte ein Papst eine Weltklimakonferenz besuchen. Was heißt das für den Kampf gegen die Erderwärmung?

Hanke: Papst Franziskus macht damit deutlich, dass der Schutz des Klimas mit der Botschaft des Evangeliums zu tun hat. Dieser Schutz entspringt der christlichen Verantwortung für diese Welt, die uns die Botschaft Jesu aufgibt.

Frage: Welche konkreten Auswirkungen sind von diesem Einsatz des Papstes unter Christen zu erwarten?

Hanke: Der Einsatz mahnt, dass der Kampf gegen den Klimawandel mit unserem individuellen Lebensstil zu tun hat. Das Evangelium lädt die Menschen dazu ein, solidarisch zu sein. Ein solcher Lebensstil umfasst die Achtung vor der Schöpfung und damit auch die Sorge für das Klima. Zumal es dabei nicht nur um höhere Temperaturen, sondern insbesondere auch um deren soziale Folgen geht. Menschen verlieren etwa ihre Lebensgrundlagen, weil sie wegen Dürren kein Getreide mehr anbauen können. Der Papst weiß das aus nächster Nähe. Denn er kommt aus Südamerika, also von einem Erdteil mit großen sozialen Problemen, die nicht zuletzt durch unseren westlichen Wohlstand verursacht sind.

Frage: Das heißt für Christen?

Hanke: Das heißt nicht nur, aber gerade für Christinnen und Christen: Ich sollte mein eigenes Einkaufs- und Urlaubsverhalten auf den Prüfstand und damit in den größeren Zusammenhang stellen. Denn als Einzelner lebe ich immer im Weltkontext, der einen Einfluss auf klimafreundliche oder klimaschädliche Strukturen hat.

COP28 UAE United Nations Climate Change Conference logo displayed on mobile phone screen
Bild: © piter2121/stock.adobe.com (Symbol)

In wenigen Tagen beginnt in Dubai die UN-Weltklimakonferenz COP28

Frage: Ihre Diözese Eichstätt bemüht sich seit vielen Jahren deutlich um den Umweltschutz. Gibt es trotzdem noch Luft nach oben?

Hanke: 2011 haben wir ein Klimaschutzkonzept erstellt, um unseren CO2-Ausstoß bis 2030 zu halbieren. Daran schließen wir nun die „Klimaoffensive 2035“ an. Damit sind wir als Bistum auf dem Weg zur Treibhausgasneutralität. Es geht dabei um Verantwortung aus dem Glauben. Das heißt: anerkennen, dass diese Welt nicht für uns allein da ist, sondern auch für die, die nach uns kommen. Und für Tiere, Pflanzen, Landschaften – denn die Schöpfung ist ein Wert in sich, ihre Schönheit ist ein Lob Gottes. Sie ist für uns eine Gabe, nicht unser Steinbruch. Insofern sind wir zum Teilen mit allen Geschöpfen gehalten. Natürlich läuft da auch bei mir, bei uns in Eichstätt noch nicht alles perfekt.

Frage: Woran denken Sie?

Hanke: Als Bischof bin ich viel unterwegs und nehme für längere Fahrten möglichst den Zug. Ich habe immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich mal nach Rom reisen und dazu das Flugzeug nehmen muss. Aber für diese Strecke hat die Bahn leider kein gutes Angebot. Doch solche Angebote braucht es für Verhaltensänderungen in der Gesellschaft. Zudem lege ich Wert auf regionale, saisonale und ökologische Einkäufe. Das geht nicht zu 100 Prozent, denn ein Bischofshaus muss auch die lokale Wirtschaft fördern. In einer Kleinstadt wie Eichstätt sind derartige Produkte nicht durchweg erhältlich. Aber wenn es bei diesen Betrieben entsprechende Produkte gibt, lasse ich sie kaufen, um Nachfrage zu schaffen.

„Als Einzelner lebe ich immer im Weltkontext, der einen Einfluss auf klimafreundliche oder klimaschädliche Strukturen hat.“

—  Zitat: Bischof Gregor Maria Hanke (Eichstätt)

Frage: Aktuellen Umfragen zufolge verliert Klimaschutz angesichts diverser Kriege und Krisen in der Welt bei der Bevölkerung an Priorität. Wie sollte die Kirche darauf reagieren?

Hanke: Wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen und ihnen Mut und Hoffnung machen. Ein biblisch fundierter Lebensstil kann nicht aus dem Boden der Angst kommen, sondern aus der Quelle der Freude. Und Freude ist auch angesichts des Wenigen möglich, das ich als Geschenk Gottes sehen sollte. Diese Sicht kann Kraft geben: Als Menschen sind wir keine Solisten, sondern ein großes Netzwerk. Um dieses Gewebe nicht zu schädigen, braucht es auch in schwerer Zeit den Einsatz für Schwächere. Auch ärmere Menschen müssen etwa sich gesunde Lebensmittel leisten können. Solche Impulse sollte die Kirche in Politik und Gesellschaft geben.

Frage: Wie stehen Sie zu aktuellen Klimaprotest-Formen wie dem Festkleben? Das praktiziert immer wieder ja auch ein prominenter Kirchenmann, der Nürnberger Jesuit Jörg Alt, der sich deswegen parallel zum Klimagipfel-Auftakt vor Gericht verantworten muss.

Hanke: Ich schätze den Idealismus und das Engagement von Pater Alt. Natürlich ist die Methodik der „Klimakleber“ eine eigene Sache, da kann man schon Fragezeichen dahinter machen, auch im Blick auf den Rechtsstaat. Pater Alt will mit quasi prophetischen Zeichen die Menschen wachrütteln. Allein: Wenn das zur Institution wird, minimiert es die Wirkung. Hinzu kommt: Die „Klimakleber“ der „Letzten Generation“ treten sehr apokalyptisch auf.

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Frage: Was raten Sie stattdessen?

Hanke: Ich möchte vom biblischen Standpunkt her lieber aus Freude an der Schöpfung die Veränderung vorantreiben. Wir müssen die Menschen auf breiter Basis mitnehmen. Das wird uns nur mit dem Motiv der Freude gelingen und mit der Botschaft: „Die Schöpfung hat Gott dir geschenkt. Und mit einem Geschenk geht man doch gut um.“

Von Christopher Beschnitt (KNA)

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