
Bischöfe plädieren in Wehrdienstdebatte für Freiwilligkeit vor Verpflichtung
Bonn ‐ Angesichts der aktuellen sicherheitspolitischen Lage spricht sich die Deutsche Bischofskonferenz für den Vorrang freiwilliger Dienste aus und warnt vor einer vorschnellen Wiedereinführung der Wehrpflicht – Sicherheit dürfe nicht allein militärisch gedacht werden.
Aktualisiert: 13.10.2025
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Die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat die gegenwärtige Diskussion über Wehrdienst, gesellschaftliches Engagement und mögliche Pflichtdienste ausdrücklich begrüßt – warnt jedoch vor vorschnellen Entscheidungen und einseitiger Fixierung auf militärische Sicherheit. In einer am 13. Oktober 2025 veröffentlichten Erklärung mahnen die Bischöfe zur Abwägung, zum dialogischen Verfahren und zur Wahrung der Freiheitsrechte der jungen Generation.
Die öffentliche Debatte dreht sich derzeit um Neuerungen im Wehrdienst, die Wiederbelebung der Wehrpflicht, ein verpflichtendes „Gesellschaftsjahr“ sowie den Ausbau der Freiwilligendienste. Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der personellen Aufwuchsfähigkeit der Bundeswehr rücke das Thema weiter in den Fokus. Die Bischöfe unterstreichen: Die Debatten seien von großer Bedeutung für das Land. „Es kommt darauf an, dass sie mit großer Umsicht geführt werden“.
Sicherheit nicht nur militärisch denken
In ihrer Erklärung verweisen die Bischöfe darauf, dass sich mit dem russischen Angriffskrieg der sicherheitspolitische Rahmen für Deutschland, Europa und die NATO grundlegend verändert hat. Jedoch mahnen sie auch, die im öffentlichen und politischen Diskurs um sich greifende Verengung des Themas Sicherheit vor allem auf die militärischen Aspekte werde den umfassenden sicherheits- und friedenspolitischen Erfordernissen nicht gerecht. Sicherheit müsse als Ganzes gesehen werden, einschließlich sozialpsychologischer, ökonomischer und politischer Dimensionen.
„Nur im Rahmen eines umfassenden Diskurses, der gleichermaßen die militärischen, politischen, ökonomischen und nicht zuletzt sozialpsychologischen Dimensionen von Sicherheit und Verteidigung mit einbezieht und zugleich eine langfristige Friedensperspektive entwickelt, können die erforderlichen Abwägungen sachgerecht getroffen werden“, heißt es daher in der Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz zur Debatte um den Wehrdienst. Es sei geboten, diesen friedens- und sicherheitspolitischen Diskurs in der breiten Öffentlichkeit zu führen.
Nach Ansicht der Bischöfe unterliegen Eingriffe in die Freiheitsrechte der Einzelnen stets einer besonderen Begründungspflicht. „Freiwilligkeit geht vor Verpflichtung“, heißt es in der Erklärung; Pflichtdienste – und somit auch ein möglicher Wehrdienst – seien nur dann zulässig, wenn fundamentale Bedingungen erfüllt seien und diese hinreichend begründbar seien.
Freiwilligkeit vor Pflicht
Mit Blick auf den Wehrdienst befürworten die Bischöfe daher ein abgestuftes Modell nach schwedischem Vorbild: Zunächst sollten freiwillige Wehrdienstleistende gewonnen werden; verpflichtende Maßnahmen dürften nur als letztes Mittel ergriffen werden – dann, wenn anders die militärische Verteidigung nicht sichergestellt werden könne.
Im Falle einer möglichen Wehrpflicht müssten aus Sicht der Bischöfe zudem dringend die Fragen der Geschlechtergerechtigkeit und der Generationengerechtigkeit bedacht und im gesellschaftlichen Konsens gelöst werden. Nachdrücklich erinnern die Bischöfe daran, dass vor allem junge Leute von möglichen Pflichtdiensten betroffen wären, denen auch in anderen Feldern besondere Lasten aufgebürdet würden. In jedem Falle müsse auch das Recht auf Kriegsdienstverweigerung uneingeschränkt gewährleistet bleiben.
Für den Ausbau von Freiwilligendiensten
Angesichts des Primats der Freiwilligkeit sehen die Bischöfe auch die bislang vorhandenen Vorschläge für eine allgemeine Dienstpflicht skeptisch. Nachdrücklich fordern sie stattdessen einen quantitativen und qualitativen Ausbau der Freiwilligendienste und einen Rechtsanspruch auf Förderung eines Freiwilligendienstes. „Freiwilligendienste – wie auch der Wehrdienst – müssen angemessen finanziert und entlohnt werden.“
Über die Umsetzung dieser Forderungen machen sich die Bischöfe dabei wenige Illusionen, möchten die Politik gleichzeitig aber nicht aus der Verantwortung entlassen. So wären beispielsweise für den Einzug von Frauen Grundgesetzänderungen notwendig. „Die derzeitigen Stimmenverhältnisse im Bundestag, die eine entsprechende Grundgesetzänderung nicht sehr wahrscheinlich erscheinen lassen, entheben nicht der Verpflichtung, die notwendige Debatte zu führen“, heißt es.
weltkirche.de

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