Flagge von Brasilien
Mindestens 15 Betroffene

Wegen Sklaverei: VW in Brasilien zu Millionenstrafe verurteilt

Rio de Janeiro  ‐ Die Vorwürfe gegen VW wiegen schwer. Zwischen 1974 und 1986 sollen mehrere Menschen auf einer Rinderfarm des deutschen Autobauers in Brasilien unter sklavenähnlichen Bedingungen gearbeitet haben. Nun gibt es ein Urteil.

Erstellt: 02.09.2025
Aktualisiert: 01.09.2025
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Ein Arbeitsgericht in Brasilien hat den brasilianischen Ableger von VW wegen der Haltung von Arbeitern unter sklavereiähnlichen Bedingungen verurteilt. Auf der konzerneigenen Farm Vale do Rio Cristalino im Süden des Teilstaates Para sollen mindestens 15 Personen ausgebeutet worden sein, berichten brasilianische Medien (Freitag Ortszeit). Auch zu schweren Misshandlungen soll es auf dem riesigen Gelände gekommen sein. Dafür soll der Konzern nun umgerechnet 26 Millionen Euro Strafe zahlen. VW will Einspruch einlegen.

Die Anschuldigungen hatte der katholische Priester Ricardo Rezende bereits 1983 öffentlich erhoben, nachdem ihm von der Farm geflohene Arbeiter von den Verhältnissen dort berichtet hatten. So sollen Arbeiter unter falschen Versprechungen auf die Farm gelockt und dort gegen ihren Willen festgehalten worden sein. Zudem seien sie dort unter prekären Bedingungen untergebracht gewesen.

Rezende, einer der führenden Köpfe des Kampfes gegen Sklaverei in Brasilien, koordinierte damals die Arbeit der Landpastoral der Brasilianischen Bischofskonferenz. Ihm wurde auch über Vergewaltigungen und sogar Morde auf der VW-Farm berichtet. Volkswagen soll dort zudem illegal Wälder gerodet haben, um Viehwiesen zu schaffen. Der Autobauer leugnete dies stets. 1986 verkaufte der Konzern die Farm.

Während des Prozesses hatte VW argumentiert, die Arbeiter nicht formell angeheuert und keine formellen Beziehungen zu den Zwischenhändlern unterhalten zu haben. Für den Richter stand jedoch fest, dass das Fehlen einer formellen administrativen Zuständigkeit von VW den Konzern nicht von den Vorwürfen entbinde, zumal es sich um besonders schwere Taten handele.

VW hatte 2020 umgerechnet 5,7 Millionen Euro Entschädigungen für Menschenrechtsvergehen während der Diktaturzeit (1964-1985) gezahlt. Für den Konzern umfasst dies auch mögliche Vergehen auf der Rinderfarm. Das sieht die Justiz anders. So sei es bei dem Vergleich um Vorgänge gegen VW-Mitarbeiter in dem Werk im südbrasilianischen Sao Paulo gegangen. Dort hatte VW politisch aktive Mitarbeiter bespitzelt und an die Diktaturbehörden übergeben.

Sklaverei ist in Brasilien seit 1888 offiziell abgeschafft. Allerdings ist die Praxis, Personen für ihre Arbeit nicht zu entlohnen oder sie gar zu Arbeit zu zwingen, immer noch weit verbreitet. Die Regierung erließ 1995 Gesetze gegen eine solche Ausbeutung von Arbeitskräften und richtete mobile Einsatztruppen ein, die in ländlichen Gebieten wie auch in urbanen Zentren Kontrollen vornehmen. Bisher haben diese Einheiten mehr als 60.000 Personen befreit.

KNA

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