Cover Jahresbericht Caritas international 2024
Caritas international stellt Jahresbericht vor

Mit 105 Millionen Euro gegen weltweite Not

Freiburg  ‐ International gibt es derzeit einen Kahlschlag bei der humanitären Hilfe, auch Deutschland hat Kürzungen angekündigt. Doch zumindest 2024 konnte das Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes noch einen Zuwachs der Hilfsgelder vermelden.

Erstellt: 15.07.2025
Aktualisiert: 15.07.2025
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Caritas international hat 2024 weltweit 9,1 Millionen Menschen in Not unterstützt. Das seien 1,6 Millionen mehr als im Jahr zuvor, teilte das katholische Hilfswerk am Dienstag bei der Vorstellung seiner Jahresbilanz in Freiburg mit. Für die Unterstützung von Hilfsbedürftigen weltweit standen dem Hilfswerk des Deutschen Caritasverbandes demnach 105,76 Millionen Euro zur Verfügung.

Das sei das zweitbeste Ergebnis der Geschichte, lobte die Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Eva Maria Welskop-Deffaa. Dieses starke private und zivilgesellschaftliche Engagement stehe in Kontrast zu den drastischen Kürzungen der Hilfsbudgets öffentlicher Geldgeber wie beispielsweise USAID oder der Bundesregierung in Berlin.

Nach Caritas-Schätzungen kürzen Regierungen weltweit in diesem Jahr die humanitäre Hilfe um 60 Milliarden Dollar. Das sei ein Rückgang um ein Drittel, verglichen mit 2024. Das sei auch der Grund dafür, dass in den vergangenen Monaten 60.000 humanitäre Helfer entlassen werden mussten, darunter mehr als 5.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Caritas-Organisationen in Projektländern.

Müller: Existenzielle Krise

Der Leiter von Caritas international und Vorstand für Internationales, Migration und Katastrophenhilfe, Oliver Müller, warnt: „Die politische Rückendeckung für solidarisches Handeln bröckelt; das System der humanitären Hilfe gerät ins Wanken.“ Diese existenzielle Krise treffe zuerst die Schwächsten; zum Beispiel zwei Millionen Menschen in Äthiopien, die keine Nahrungsmittelhilfe mehr erhielten, oder Tausende Kinder in Bangladesch, die in den Flüchtlingscamps nicht mehr zur Schule gehen könnten.

Eine Antwort auf diesen „Kahlschlag“ liegt aus Sicht von Caritas international in einer stärkeren Lokalisierung der Hilfe. Bislang würden 95 Prozent der humanitären Gelder an die großen internationalen Hilfsorganisationen gezahlt. Das sei falsch, so Müller: „Macht und Ressourcen müssen noch deutlich stärker in lokale Hände gelegt werden.“ Das sei ethisch geboten und mache die Hilfe zudem effizienter, so der Leiter von Caritas international.

In 73 Ländern hat Caritas international im Jahr 2024 626 Projekte umgesetzt, weit über 100.000 private Spenderinnen und Spender spendeten dafür über 40 Millionen Euro. Hinzu kamen öffentliche Fördermittel von der Bundesregierung und der Europäischen Union, sowie kirchliche Haushaltsmittel. Größter Empfängerkontinent war Afrika, wo für 161 Projekte über 37 Millionen Euro zur Verfügung gestellt wurden. Bei den Empfängerländern sticht die Ukraine hervor (11,6 Millionen), doch auch die Arbeit von Partnern in Kolumbien, Kenia, Deutschland, dem Südsudan, der Demokratischen Republik Kongo und Jordanien wurde mit mindestens vier Millionen Euro pro Land unterstützt.

Caritas international: Aushungern der Bevölkerung ist Kriegsverbrechen

Gefragt nach dem Vorgehen Israels im Gazastreifen sieht Müller zudem eine massive Verletzung des humanitären Völkerrechts. „Aushungern der Bevölkerung ist ein Kriegsverbrechen“, so der Leiter von Caritas international. An den von Israel kontrollierten Verteilstellen gelte das Recht des Stärkeren. Der Zugang sei so gerade für jene erschwert, die sie am dringendsten brauchen, etwa Alte, Kranke und Kinder. Hilfe werde ein politisches Instrument im Krieg; das sei nicht hinzunehmen, betonte der Leiter von Caritas international. Er forderte eine Öffnung der Grenzen sowie eine Verteilung nach humanitären Kriterien.

Eine Erosion des Völkerrechts beobachtet Caritas international nicht nur in Gaza, sondern auch in der Ukraine oder im Sudan. Für die Ukraine nannte Müller psychologische Hilfen als eine zentrale Aufgabe der Caritas. „Wir müssen die Traumatisierungen überwinden, sonst wird dieser Krieg noch Jahrzehnte in den Köpfen und in der Gesellschaft nachwirken“, warnte er.

So verstummten etwa Kinder, wenn sie ihren aus dem Krieg heimkehrenden Vater nicht mehr kennten. Familien seien zermürbt, traumatisiert und zerbrächen. Der ukrainische Staat sei am Limit. Die Caritas sei aber dort nah dran und gut vernetzt. Der Rückzug von USAID treffe auch die Ukraine hart, betonte Müller; und es sei nicht nur das Minus von 2,5 Millionen Euro, sondern auch die mentale Enttäuschung, dass die USA der Ukraine den Rücken kehre.

KNA/weltkirche.de/Ci /dr

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