Symbolbild Recht: Ein Paragraphen-Symbol lehnt sich an eine blaue Wand
Studie von Misereor, Brot für die Welt und ECCHR

Organisationen: Lieferkettengesetz ist wirkungsvoll

Berlin/Aachen  ‐ Das deutsche Lieferkettengesetz wirkt – wenn auch nicht stark genug. Das meinen Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen und kritisieren die neue Bundesregierung. Das Entwicklungsministerium sieht sich bestätigt.

Erstellt: 19.05.2025
Aktualisiert: 19.05.2025
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Das Lieferkettengesetz ist für Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen ein wichtiges politisches Instrument. Die Ankündigung von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), das nationale Lieferkettengesetz aufzuheben und sein Vorstoß gegen die europäische Lieferkettenrichtlinie, seien vollkommen verfehlt, erklärten Brot für die Welt, Misereor und das European Center for Constitutional and Human Rights. Eine am Montag veröffentlichte gemeinsam Studie zeige, dass das deutsche Lieferkettengesetz wirke – wenn auch nicht stark genug.

Demnach nutzen Betroffene das Gesetz, um Menschenrechtsverstöße anzuzeigen und Unternehmen zum Handeln zu bewegen. Dies sei ein erster Erfolg, so die Organisationen. Sie fordern eine konsequentere Durchsetzung geltender Sorgfaltspflichten sowie gesetzliche Nachbesserungen.

Die im vergangenen Jahr beschlossene EU-Lieferkettenrichtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten müsse schnell und ambitioniert umgesetzt werden. Ursprünglich sollten die Mitgliedstaaten die Richtlinie bis Sommer 2026 umsetzen. Die EU-Kommission gab nun allen Ländern bis 2028 Zeit, auch die ursprünglich geplanten Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit fallen weniger streng aus.

Die Studie analysiert 18 konkrete Beschwerden gegen deutsche und in Deutschland tätige Unternehmen. Ihr Fazit: Das Lieferkettengesetz eröffne neue Rechtswege. Man habe erste Unternehmen an den Verhandlungstisch bewegen und Verbesserungen erzielen können. Beispiele hierfür seien Lohnerhöhungen auf Bananenplantagen in Ecuador sowie mehr Schutz vor dem Einsatz giftiger Pestizide nach einer Beschwerde gegen den deutschen Lebensmittelkonzern Rewe.

Insgesamt aber blieben die Veränderungen zu zaghaft, kritisieren die Auftraggeber der Studie. Die im Koalitionsvertrag angekündigten Gesetzesänderungen wiesen in die falsche Richtung. Besonders problematisch sei, dass künftig nur noch „massive Menschenrechtsverletzungen“ sanktioniert werden sollen, so Maren Leifker von Brot für die Welt. Dadurch würden Menschenrechtsverletzungen „in tolerierbare und sanktionierbare unterteilt und rechtliche Grauzonen geschaffen“.

Mit Blick auf jüngste Äußerungen von Kanzler Merz sagte Armin Paasch von Misereor, die im Sommer 2024 in Kraft getretene EU-Richtlinie dürfe keinesfalls weiter verwässert oder gar abgeschafft werden. „Ohne stärkere Beteiligungsrechte und zivilrechtliche Haftungsregel bliebe Betroffenen der Zugang zu Recht verwehrt“, so Paasch; und: „Ohne Umsetzungspflicht würden Klimapläne zum Papiertiger.“ EU-Recht wie auch das Völkerrecht verböten zudem Rückschritte beim Schutz der Menschenrechte, wie sie im Koalitionsvertrag angekündigt würden.

Ein Sprecher des Entwicklungsministeriums begrüßte die Studie. Sie unterstreiche das Ziel des Gesetzes, auf Unternehmen Einfluss zu nehmen, ihrer Verantwortung weltweit nachzukommen. Man nehme mit Freude zur Kenntnis, dass die Studie Erkenntnisse des Ministeriums aus eigener Erfahrung und Gesprächen vor Ort noch einmal unterfüttere, so der Sprecher weiter.

KNA

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