Goma - North Kivu by Abel Karanagh/MONUSCO | cropped by dr | CC BY-SHAREALIKE 2.0
Humanitäre Notlage spitzt sich zu

Kongo: M23-Miliz nimmt Provinzhauptstadt Goma ein

Bonn/Aachen ‐ Die Offensive der mutmaßlich von Ruanda unterstützten M23-Miliz in der kongolesischen Provinz Nord-Kivu schreitet voran. Das Hilfswerk Misereor fordert internationalen Druck zur Lösung der Krise.

Erstellt: 27.01.2025
Aktualisiert: 27.01.2025
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In der Provinz Nord-Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo haben die von Ruanda unterstützen M23-Milizen heute früh die Provinzhauptstadt Goma (Bild oben) erobert. Das berichten übereinstimmend der UN-Radiosender Okapi aus Kinshasa sowie mehrere Partner des katholischen Hilfswerks Misereor, die in Goma aktiv sind. Den Informationen zufolge hatte die Offensive auf Goma am letzten Donnerstag mit der Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Sake begonnen. Zudem konnten die militärisch gut ausgerüsteten M23-Milizen erste Orte in der benachbarten Provinz Süd-Kivu erobern.

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Wie Radio Okapi berichtet, haben sich die meisten Einwohner Gomas in ihren Häusern verschanzt, weil sie befürchten, bei den Schusswechseln zwischen Milizen und der kongolesischen Armee (FARDC) getroffen zu werden. Selbst aus dem Stadtzentrum sollen Detonationen zu hören sein. Misereor-Partner in der Stadt berichten von heftigen Kämpfen zwischen den M23-Milizen und der kongolesischen Armee. Die FARDC habe sich aber mittlerweile zurückgezogen, der örtliche Flughafen sei geschlossen.

Die aktuelle Situation in und rund um Goma ist nach Ansicht von Astrid Meyer, Misereor-Expertin für die Demokratische Republik Kongo, chaotisch. „Unsere Partnerorganisationen berichten von Verzweiflung und Panik unter der Bevölkerung. Viele unserer Partner*innen müssen ihre Aktivitäten aufgrund des Gewaltausbruchs und der sich nähernden Kämpfe einstellen. Internationales Personal wurde evakuiert, dringend benötigte Hilfe wurde eingestellt“, erklärt Meyer. Im Zentralgefängnis Munzenze von Goma kam es offenbar zum Ausbruch aller Inhaftierten, nach unbestätigten Angaben hatten dort über 4.000 Personen eingesessen.

Im Ausnahmezustand

Seit Jahresbeginn sind über 400.000 Menschen im Nord- und Süd-Kivu vor den Kämpfen geflohen, insgesamt befinden sich allein in Nord-Kivu 2,8 Millionen Menschen auf der Flucht. Nach der Einnahme der Stadt Sake am vergangenen Donnerstag hatten sich weitere Flüchtlinge auf den Weg in das schon damals völlig überfüllte Goma gemacht. Aufgrund der Besetzung Gomas ist die Situation der Geflüchteten dramatischer denn je. „Die Strom- und Wasserversorgung in Goma ist aufgrund der Kämpfe zusammengebrochen, das Telefonnetz funktioniert nicht mehr. Das Leben der Menschen ist akut in Gefahr“, berichtet Gilbert Dhego, Leiter der Partnerorganisation Caritas-Goma.

Misereor-Expertin Meier fordert daher, den internationalen Druck auf die Regierung des Nachbarlandes zu erhöhen. Ruandas aggressives Vorgehen im Ost-Kongo müsse in aller Deutlichkeit verurteilt und mit allen politischen Mitteln sanktioniert werden, so Meier. „Die Menschen im Osten des Kongos fühlen sich mehr denn je allein gelassen – sowohl von der eigenen Regierung wie auch von der internationalen Gemeinschaft“. Nach Informationen des Hilfswerks hoffen die Menschen in der Region dabei auch auf Deutschland und Europa.

Gemeinsam mit seinen kongolesischen Partnerorganisationen fordert Misereor daher die Bundesregierung auf, alle politischen Hebel in Bewegung zu setzen, um die Offensive der M23-Milizen zu stoppen und einen Waffensillstand zu erreichen. „Die politisch Verantwortlichen in Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo müssen dringend zu Verhandlungen aufgefordert werden.“

Langjähriger Konflikt

Die Situation in dem krisengebeutelten Osten des Landes hat sich mit dem Erstarken der M23-Milizen seit November 2022 zugespitzt. Die M23-Milizen kämpfen gegen die kongolesische Armee und haben inzwischen wichtige Rohstoffgebiete in der Provinz Nord-Kivu unter ihre Kontrolle gebracht und dort Parallelstrukturen aufgebaut. Laut UN-Angaben werden die M23-Milizen zumindest teilweise von Ruanda aus finanziert und organisiert. In Nord-Kivu geförderte Bodenschätze wie das begehrte Coltan werden häufig nach Ruanda geschmuggelt und von dort exportiert. Ein von Angola koordinierter Friedensdialog zwischen der Demokratischen Republik Kongo und Ruanda gilt als gescheitert.

weltkirche.de

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