Respekt gefordert

Bischöfe kritisieren Räumung von Kirchenasyl in Hamburg

Hamburg  ‐ Streit zwischen Kirche und Behörden: Ein 29-jähriger Afghane ist aus den Räumen einer katholischen Gemeinde in Hamburg geholt und nach Schweden abgeschoben worden. Die Kirchen protestieren.

Erstellt: 30.09.2024
Aktualisiert: 04.10.2024
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Von Michael Althaus (KNA)

Hamburg hat am Montag einen geflüchteten Afghanen aus einem Kirchenasyl nach Schweden abgeschoben. Der 29-Jährige wurde am frühen Morgen von Mitarbeitenden der Ausländerbehörde in Begleitung von Polizeibeamten aus Gebäuden der katholischen Pfarrei Heilige Elisabeth im Stadtteil Bergedorf abgeholt. Das berichtete das „Hamburger Abendblatt“ (online) unter Berufung auf den Sprecher der Hamburger Innenbehörde, Daniel Schaefer. Die Maßnahme sei ruhig und kooperativ verlaufen, so Schaefer. Es sei das erste Mal, dass eine Person aus dem Kirchenasyl in Hamburg rücküberstellt wurde.

Der katholische Erzbischof Stefan Heße und die evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs (beide Hamburg) kritisierten die Maßnahme. Bundesweit hatten die Behörden zuletzt immer wieder Kirchenasyle geräumt.

Der junge Mann hatte dem Bericht zufolge seit 2015 bei Familienangehörigen in Schweden gelebt und dort einen Asylantrag gestellt, der aber abgelehnt wurde. Im März dieses Jahres reiste er nach Deutschland. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte seinen Antrag auf ein Asylverfahren hierzulande jedoch als unzulässig ab. Nach dem sogenannten Dublin-Verfahren der EU ist Schweden für seinen Fall zuständig.

Um seiner Abschiebung in das skandinavische Land zu entgehen, suchte der Afghane Anfang August Kirchenasyl in der Pfarrei. Jedoch habe das Bundesamt die Prüfung individueller Härten auf Basis eines vom Erzbistum Hamburg vorgelegten Dossiers abschlägig beschieden, erklärte Behördensprecher Schaefer. Die Hamburger Ausländerbehörde sei nur Vollzugsbehörde und dazu verpflichtet, die Rücküberstellung organisatorisch durchzuführen.

Erzbischof Heße erklärte, die Nachricht vom Bruch des Kirchenasyls mache ihn sehr betroffen. „Wenn eine Kirchengemeinde Kirchenasyl gewährt, macht sie sich die Entscheidung nicht einfach“, so der Flüchtlingsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz. Der Afghane habe sich in einer überaus schwierigen Lage befunden.

Bischöfin Fehrs sagte, die Abschiebung erfülle sie mit Sorge. In den vergangenen Wochen habe es bundesweit immer wieder Fälle gegeben, in denen staatliche Behörden das Kirchenasyl gebrochen hätten, so die kommissarische Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland. Die Kirchen träten dafür ein, dass das Kirchenasyl im Sinne einer menschenwürdigen Asylpraxis erhalten bleibe.

Beim Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Orden Asylbewerber auf, wenn eine Abschiebung ihrer Auffassung nach für den Geflüchteten eine Bedrohung für Leib und Leben darstellt. Es hat seine Grundlage in einer Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Kirchen. Demnach muss eine Kirchengemeinde in einem Dossier die Gründe darlegen, warum sie im Einzelfall Kirchenasyl gewährt. Das Amt überprüft den Fall daraufhin noch einmal.

Laut Heße ist das Kirchenasyl ein letztes Mittel zur Abwendung unzumutbarer humanitärer Härten. „Es geht darum, im Austausch mit den staatlichen Stellen im konkreten Einzelfall eine verantwortbare Lösung zu finden.“ Damit diene das Kirchenasyl auch der rechtsstaatlichen Ordnung. „Umso wichtiger ist es, dass die Behörden die Tradition des Kirchenasyls respektieren.“

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