3. Bericht Weltanschauungs- und Religionsfreiheit 2022
Bundesbeauftragter zur Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit

Bericht: Religionsfreiheit wird in vielen Ländern verletzt

Berlin ‐ „Viele religiösen Gruppen sind marginalisiert – zu wenig sichtbar, politisch unterrepräsentiert, sozial desintegriert“, heißt es im dritten „Bericht zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit“, den der Bundesbeauftragte für Religionsfreiheit weltweit, Frank Schwabe (SPD), am Mittwoch in Berlin vorstellte.

Erstellt: 22.11.2023
Aktualisiert: 29.11.2023
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Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit wird nach Einschätzung der Bundesregierung in vielen Ländern der Erde verletzt. Die Verbrechen an den Jesiden im Irak, an den Uiguren in China und den Rohingya in Myanmar führten vor Augen, „wie Menschen und Gruppen auch wegen ihres Glaubens und ihrer Weltanschauung in ihren Menschenrechten verletzt werden“, so der Bundesbeauftragte für Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit, Frank Schwabe (SPD). Systematische Verfolgung, Angriffe, Vertreibungen, massenhafte Vergewaltigungen, Versklavungen, Internierungen und Mord an ganzen ethno-religiösen und religiösen Gemeinschaften beschäftigten Deutschland und die Weltgemeinschaft, erklärte Schwabe.

Mitglieder religiöser Minderheiten seien vielfältigen Diskriminierungen im Alltagsleben bis hin zur systematischen Verfolgung ausgesetzt. Das gelte etwa für Schiiten in Afghanistan, Christen in Pakistan, Bahai im Iran und Teilen des Jemen sowie auch für Konvertiten und Atheisten in mehrheitlich muslimischen Ländern.

Frank Schwabe MdB
Bild: © Achim Melde/Deutscher Bundestag

Gleichzeitig betonte Schwabe, dass Religionen und Weltanschauungen einen großen Einfluss auf den Einsatz für die Demokratie hätten. Außerdem können sie „eine menschenrechtlich basierte, ethisch orientierte sowie ökonomisch, sozial und ökologisch nachhaltige Entwicklung fördern“. Das Ziel, Hunger und Armut weltweit zu bekämpfen und zu besiegen, könne aufgrund von deren Einfluss auf politische und gesellschaftliche Entwicklungen ohne Akteure aus den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften nicht erreicht werden.

Kritischer Blick auf Mission und Kolonialgeschichte

Besonders im Blick und von Diskriminierung betroffen sind Laut dem nun vorliegenden Dokument indigene Völker mit ihrer eigenen Spiritualität. Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Luise Amtsberg (Grüne), unterstrich, es brauche eine selbstkritische Auseinandersetzung mit der deutschen Kolonialgeschichte. Der Prozess der Dekolonialisierung reiche weit über Fragen der Weltanschauungs- und Religionsfreiheit hinaus, sei vielschichtig und komplex und „noch lange nicht abgeschlossen“. Dabei sei die Missionstätigkeit unter indigenen Gruppen einer der Aspekte, „aus denen eine Verantwortung erwächst“.

Auch Missionstätigkeit sei Teil der Religionsfreiheit, aber „nicht ohne Wenn und Aber“, betonte der Erlanger Menschenrechtswissenschaftler Heiner Bielefeldt. Der Umgang mit den Rechten indigener Völker, die sich beispielsweise auch in der Achtung ihrer Landrechte oder der Rückerstattung von Raubkunst zeigten, seien ein Testfall für die Glaubwürdigkeit der Menschenrechtspolitik. Der Bericht verweist dazu auch auf Papst Franziskus, der 2022 in Kanada auf die Rolle kirchlicher Einrichtungen bei der Zwangsassimilierung hingewiesen hat.

Bundesregierung kündigt verstärkten Einsatz an

Der dritte Bericht der Bundesregierung zur Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit bezieht sich auf die Jahre 2020 bis 2022 und betrachtet die Situation in 41 Ländern der Erde, darunter auch Belarus, Russland, die Türkei, die Ukraine, Nigeria, Syrien und Vietnam.

Die Bundesregierung kündigte in dem Bericht an, den Einsatz für die Religions- und Weltanschauungsfreiheit weltweit intensivieren zu wollen. Dabei soll ein Schwerpunkt in der Stärkung der Rechte von Mädchen und Frauen liegen, etwa zum Schutz gegen Zwangskonversionen und Zwangsheirat. Auch die Zusammenarbeit mit indigenen Völkern für deren Rechte soll nach dem Willen der Bundesregierung verstärkt werden.

Missio Aachen begrüßt Bericht der Bundesregierung

Das katholische Hilfswerk Missio Aachen begrüßte den vorgelegten Bericht zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit. Er schildere die weltweit zunehmenden Verletzungen des Menschenrechts auf Religionsfreiheit differenziert und mit Blick auf die Angehörigen aller Religionen, so Missio-Präsident Pfarrer Dirk Bingener. Begrüßenswert sei, dass der Bericht nunmehr für 41 Länder darstelle, wie es dort um die Religionsfreiheit bestellt sei. „Es wird nun darum gehen, den Bericht aufmerksam zu studieren und von Seiten der Politik Handlungsoptionen zur Verbesserung der Situation stärker als bisher in den Blick zu nehmen. Denn hinter dem Bericht stehen Schicksale insbesondere auch von Christinnen und Christen, die enorm unter vielfältiger Diskriminierung leiden, was uns nicht egal sein kann.“

Auch den besonderen Fokus auf die Situation indigener Gruppen begrüßte das katholische Hilfswerk. „Diese sind oft mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt“, so Pfarrer Bingener. So seien etwa die Karen in Myanmar eine ethnische Minderheit und mehrheitlich christlich, weshalb sie ins Visier des Militärregimes gerieten. In Indien würden die indigenen Adivasi, die zugleich Christen seien, ebenfalls durch Hindunationalisten aufgrund dieser doppelten Identität diskriminiert. Daher stelle man deren Situation auch den von Missio regelmäßig herausgegebenen Länderberichten Religionsfreiheit dar.

Zudem zeigte sich Bingener sehr erfreut über die Ankündigung der Bundesregierung im Bericht, zukünftig die Rolle der Religionen im globalen Süden noch stärker in der Außen- und Entwicklungspolitik zu berücksichtigen. „In diesen Ländern bestimmt die Religion den Alltag der Menschen. Entwicklung, Frieden, Versöhnung und Gerechtigkeit lassen sich hier nicht erreichen, wenn die Außen- und Entwicklungspolitik den Faktor Religion vernachlässigt“, so Bingener.

HRW: China zerstört systematisch Moscheen

Derweil gab es neue Berichte über Zerstörungen religiöser Stätten. Nach einem Bericht der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch werden im Norden Chinas systematisch Moscheen abgerissen. Islamische Gotteshäuser in den Provinzen Ningxia und Gansu würden seit 2018 systematisch zerstört, geschlossen oder zu weltlichen Zwecken genutzt. In vielen Moscheen hätten die Behörden islamische Architekturelemente wie Kuppeln und Minarette entfernt, heißt es in einem am Dienstag (Ortszeit) in New York veröffentlichten Bericht. Ziel sei es, die Ausübung des Islam in China stark zu beschränken.

Etwa 1.300 Moscheen in der autonomen Region Ningxia im Nordwesten seien seit 2020 geschlossen oder umgebaut worden, heißt es. Diese Zahl entspreche einem Drittel der gesamten Moscheen in der Region.

Chinas Gesetzes erlauben eine Religionsausübung nur in den von den Behörden zugelassenen Gebäuden. 2016 forderte Staatspräsident Xi Jinping eine „Sinisierung der Religionen“; seitdem hat sich laut Bericht die staatliche Repression gegenüber den Religionen verstärkt. Seit 2018 verfolgt die Regierung eine „Konsolidierungsstrategie“ mit Blick auf Moscheen. Das bedeutet laut Menschenrechtsorganisation, dass die Zahl der islamischen Gebetsstätten systematisch verringert wird. Der Bau, die Gestaltung und die Finanzierung von Moscheen werde streng überwacht. In China leben nach Schätzungen 20 Millionen Muslime.

Bericht herunterladen

Der 3. Bericht der Bundesregierung zur weltweiten Lage der Religions- und Weltanschauungsfreiheit kann auf der Seite des Beauftragten der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit im PDF-Format heruntergeladen werden.

Mission Respekt: Das christliche Zeugnis in einer multireligiösen Welt

Dokument zum gemeinsamen Missionsverständnis des Ökumenischen Rates der Kirchen, des Päpstlichen Rates für den Interreligiösen Dialog und der Weltweiten Evangelischen Allianz.

dr/KNA

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