Junta, China und Rebellen kämpfen um die Schatzkiste Myanmars
Seltene Erden, Gold und Jade aus Kachin

Junta, China und Rebellen kämpfen um die Schatzkiste Myanmars

Bangkok/Yangon  ‐ Oft geht es in Kriegsgebieten nicht nur um politische Macht. Sondern auch um Bodenschätze und Rohstoffe. So ist es auch in Myanmar, wo China den lokalen Konflikt auf der Suche nach Seltenen Erden anheizt.

Erstellt: 01.05.2023
Aktualisiert: 28.04.2023
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Von Michael Lenz (KNA)

Seltene Erden werden zur Herstellung von Smartphones, LEDs, Elektromotoren und Windkraftanlagen benötigt – unter anderem. Myanmar ist weltweit nach China und den USA drittgrößter Produzent der „Metalle Seltener Erden“ (MSE). Doch die überwiegend christliche Bevölkerung im Teilstaat Kachin läuft Sturm gegen Umweltverschmutzung, Entwaldung, Wasserverseuchung und Gefährdung des Artenreichtums durch den boomenden Bergbau. Nach Protesten der Bevölkerung wurde der MSE-Bergbau in der „Kachin Special Region 1“ eingestellt.

„Gemeinden vor Ort, Baptisten und Katholiken, sind sehr glücklich über den Stopp des Bergbaus; Unternehmen und Lokalpolitiker haben auf die Stimme der Basis gehört“, sagte Raymond Sumlut Gam, katholischer Bischof von Banmaw in Kachin, zuletzt dem asiatischen Nachrichtenportal Ucanews.

Doch ganz so umfassend ist der Bergbaustopp leider nicht. Mehrere chinesische Unternehmen bauten Seltene Erden an verschiedenen Orten in den von Rebellen kontrollierten Gebieten ab, sagte Bischof Gam der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). „Einige Kampagnen wurden ausgesetzt, andere laufen noch“, so der Bischof. Die Kachin Independence Army (KIA), also die Miliz der „Kachin- Unabhängigkeitsorganisation“ (KIO), sei stark ins Bergbaugeschäft involviert. Soll heißen: Der Abbau wurde bislang nur in Gebieten eingestellt, in denen die Rebellen und nicht die Miltärjunta das Sagen haben.

Schatzkammer Myanmars

2016 gab es laut der Menschenrechtsorganisation Global Witness in Kachin nur eine Handvoll Seltene-Erden-Bergbauprojekte. Nach dem Sturz der demokratischen Regierung Myanmars durch das Militär im Februar 2021 sei die Zahl der Minen in Kachin an der Grenze zur chinesischen Provinz Yunnan aber binnen eines Jahres auf 2.700 an 300 Standorten gestiegen. Die unabhängige Denkfabrik Institut für Strategie und Politik – Myanmar (ISP - Myanmar) schätzt den Wert der MSE-Exporte nach China allein für April bis November 2022 auf 400 Millionen US-Dollar.

Kachin im Nordosten Myanmars ist mit seinen Vorkommen von Seltenen Erden, Gold, Jade, Bernstein und Rubinen die Schatzkammer des ehemaligen Birma. Hinzu kommen die von China gebauten und geplanten Staudämme in den Flüssen Kachins für die Produktion chinesischen Stroms. Die Frage der Kontrolle über Bodenschätze und Flüsse ist eine der Ursachen für den seit über sieben Jahrzehnten dauernden Kampf der christlichen Kachin gegen die Unterdrückung durch die sich ablösenden Militärregime Myanmars.

2011 brach in Kachin nach 20 Jahren ein Waffenstillstand zwischen den KIA-Rebellen und dem Militär zusammen. Auslöser war der Bau eines Staudamms und Wasserkraftwerks durch chinesische Firmen. Seitdem ist der bewaffnete Konflikt zwischen KIA und Armee wieder Alltag. Außer den Kachin kämpfen in Myanmar auch Milizen anderer überwiegend christlicher ethnischer Minderheiten wie die Chin oder Karen für Selbstbestimmungsrechte.

Erst der Anfang

Friedensverhandlungen hat es in den vergangenen Jahrzehnten mit diversen Militärregierungen wie auch mit der demokratischen Regierung von Aung San Suu Kyi gegeben. Das Transnational Institute (TNI) mit Sitz in Amsterdam bilanziert jedoch dieser Tage in einem Myanmar-Report nüchtern: „Keiner dieser Prozesse hat zu einem inklusiven politischen Dialog oder einem nachhaltigen Frieden geführt.“ Mit dem Militärputsch 2021 seien die Friedensgespräche zum Stillstand gekommen; „ein neuer Zyklus bewaffneter Konflikte“ habe begonnen. Myanmar gehört heute zu den am stärksten vom Krieg heimgesuchten Ländern in Asien und der Welt.

Die Junta wie auch die KIA-Rebellen sind für ihren bewaffneten Kampf auf die Einnahmen aus Seltenen Erden und den anderen Rohstoffen Kachins angewiesen. Ein dortiger Umweltaktivist, der aus Sicherheitsgründen seinen Namen nicht genannt wissen will, zeigt sich daher skeptisch, ob der Stopp des Abbaus im Gebiet der KIA von Dauer sein wird. Der Abbau expandiere unter der Kontrolle beider. „Und es wird erwartet, dass die Expansion weitergeht.“

KNA

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