Blick vom Domberg auf die Unterstadt und den Ostseehafen von Tallinn, Estland.
Überarbeitung angemahnt

Estlands Präsident stoppt Gesetz gegen Russland-Kontakte von Kirchen

Tallinn  ‐ Aufatmen bei der mit Moskau verbundenen orthodoxen Kirche in Estland: Ein gegen sie gerichtetes Gesetz wird vorerst nicht in Kraft treten. Das Staatsoberhaupt hält es in der aktuellen Versionfür verfassungswidrig.

Erstellt: 26.04.2025
Aktualisiert: 24.04.2025
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In Estland hat Staatspräsident Alar Karis sein Veto gegen ein vom Parlament angenommenes neues Kirchengesetz eingelegt. Der Gesetzestext verstoße gegen die Landesverfassung, weil er die Religions- und Vereinigungsfreiheit unverhältnismäßig einschränke, erklärte Karis am Donnerstag. Er forderte das Parlament auf, das Gesetz so zu ändern, dass es im Einklang mit der Verfassung stehe.

Die Abgeordneten hatten Anfang April mit deutlicher Mehrheit beschlossen, dass Religionsgemeinschaften keine offiziellen Beziehungen zur russisch-orthodoxen Kirche mehr haben dürfen. Nach Inkrafttreten des Gesetzes sollte die Estnische Christliche Orthodoxe Kirche binnen zwei Monaten ihre Verbindung zum Moskauer Patriarchat aus dem eigenen Statut streichen. Sonst hätte der Innenminister beim Staatsgerichtshof ein Verbot der Kirche beantragen können.

Die estnische Regierung wollte mit ihrem Gesetzentwurf nach eigenen Worten sicherstellen, dass Glaubensgemeinschaften in Estland nicht zu Hass oder Gewalt gegen ein anderes Land oder eine andere Religion aufwiegeln. Hintergrund ist die Unterstützung des Moskauer Patriarchats für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Die von dem Gesetz direkt betroffene estnische Kirche hatte den Präsidenten aufgerufen, sein Veto einzulegen.

Der parteilose Karis betonte zwar, das Moskauer Patriarchat untergrabe „die Souveränität und die Demokratie des Staates“. Das Gesetz dürfe aber etwa nicht, wie geplant, allgemein untersagen, dass eine Glaubensgemeinschaft von einer ausländischen Person geleitet werde. „Ein mehrdeutiges Verbot von Verbindungen ins Ausland würde Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen und könnte dazu führen, dass ebenso die Freiheiten aller Vereinigungen, einschließlich politischer Parteien, eingeschränkt werden“, so der Präsident.

Er wies zudem darauf hin, dass die bestehenden Rechtsvorschriften bereits eine umfassende Kontrolle von Glaubensgemeinschaften erlaubten: „Das Problem ist nicht der Mangel an rechtlichen Instrumenten, sondern deren Anwendung.“ Karis sprach sich dafür aus, die vorhandenen Instrumente stärker zu nutzen, wenn es erforderlich sei.

In Estland gibt es zwei orthodoxe Kirchen. Eine gehört zum Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel, die andere zu Moskau. Letztere, die Estnische Christliche Orthodoxe Kirche, hatte zwar vor Kurzem das Moskauer Patriarchat aus dem eigenen Namen entfernt, untersteht aber laut Statut weiter dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I. Dieser muss etwa Beschlüsse des Tallinner Leitungsorgans genehmigen. Kyrill steht fest an der Seite von Kreml-Chef Wladimir Putin und bezeichnete den Kampf der russischen Soldaten in der Ukraine als „heiligen Krieg“.

KNA

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