Parlamentsgebäude Estlands in Talinn (Estonia)
Wegen Unterstützung für Annexion ukrainischer Gebiete

Estland will orthodoxes Moskauer Patriarchat ächten

Tallinn ‐ Estland sollte die Leitung der russisch-orthodoxen Kirche als Terrorismus-Unterstützer einstufen, fordert Innenminister Läänemets. Das Parlament plant jetzt eine etwas andere Resolution gegen das Moskauer Patriarchat.

Erstellt: 19.04.2024
Aktualisiert: 19.04.2024
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Von Oliver Hinz (KNA)

Estlands Parlament arbeitet an einer Resolution gegen die Leitung der russisch-orthodoxen Kirche. Wie das Abgeordnetenhaus am Donnerstag in der Hauptstadt Tallinn mitteilte, reichten 52 der 101 Parlamentsmitglieder den Entwurf einer Erklärung ein. Laut ihr soll das Parlament, der Riigikogu, das orthodoxe Moskauer Patriarchat als eine Institution einstufen, „die die militärische Aggression der Russischen Föderation unterstützt“. Gemeint ist der Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Der sozialdemokratische Innenminister Lauri Läänemets hatte dem Parlament zuvor vorgeschlagen, die Aktivitäten des Moskauer Patriarchats als Unterstützung von Terrorismus einzustufen, damit die Tätigkeit des Patriarchats in Estland gerichtlich unterbunden werden könne. Später stellte der Minister klar, er wolle der Estnischen Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats keine Gebäude wegnehmen. Im Resolutionsentwurf für das Parlament heißt es nun: „Wir rufen alle Länder und die internationale Gemeinschaft auf, den feindlichen Einfluss des Moskauer Patriarchats zu stoppen.“ Rechtfertigung und Unterstützung der russischen Aggression durch das Patriarchat seien inakzeptabel.

Das estnische Parlament hatte die russische Regierung im Oktober 2022 mit überwältigender Mehrheit als „terroristisches Regime“ eingestuft und die Annexion der von Russland eroberten ukrainischen Gebiete scharf verurteilt. Ein Initiator des jetzigen Resolutionsentwurfs, der sozialdemokratische Abgeordnete Jaak Aab, warf dem orthodoxen Moskauer Patriarchen Kyrill I. vor, bei der Rechtfertigung von Krieg und Töten immer weiter zu gehen. Das russische Kirchenoberhaupt habe jüngst sogar einen „heiligen Krieg“ gegen die Ukraine und den Westen ausgerufen, der Estland bedrohe. Deswegen müssten die Abgeordneten eine klare Position beziehen, „um sowohl die innere Ordnung Estlands als auch die Religionsfreiheit der Menschen zu verteidigen“, so Aab.

Zwei Orthodoxe Kirchen

Das Parlament soll laut dem Textentwurf seine „Empörung über den Missbrauch und die Verzerrung der Religion und der orthodoxen Tradition durch das Moskauer Patriarchat und das derzeitige russische Regime“ zum Ausdruck bringen. Weiter heißt es darin, die Kirchenleitung und Patriarch Kyrill I. nutzten die Ideologie der „russischen Welt“ als Werkzeug, um Krieg zu propagieren, „die letzten Reste der Demokratie in Russland zu zerstören, die russische Gesellschaft zu militarisieren und die Aggression zu rechtfertigen, um die Russische Föderation auf alle in der Geschichte von Russland beherrschten Gebiete auszudehnen, einschließlich der Ukraine“.

In Estland gibt es zwei orthodoxe Kirchen. Die größere untersteht Moskau, die kleinere Konstantinopel. Bei der Volkszählung 2021 bekannten sich 16 Prozent der Bevölkerung zum orthodoxen Christentum. Die Regierung des Ostseelandes hatte im Februar das Oberhaupt der moskautreuen orthodoxen Kirche Estlands, Metropolit Eugeni (Reschetnikow), zur Ausreise gezwungen, weil die Tätigkeit des russischen Staatsbürgers die nationale Sicherheit gefährde.

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