Oliver Müller, Chef von Caritas international im Jahr 2022
Leiter von Caritas international zur Weltklimakonferenz 2023

In Dubai wird es um Geld gehen

Freiburg ‐ Oliver Müller kennt sich aus mit Katastrophen. Vorsorge und Nothilfe sind Arbeitsschwerpunkte der von ihm geleiteten Organisation Caritas international. Ein Interview zu den zentralen Themen der Klimakonferenz COP28 – und Müllers Erwartungen an die Bundesregierung.

Erstellt: 20.11.2023
Aktualisiert: 20.11.2023
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Trotz der Kriege in Ukraine, Nahost und Konflikten in anderen Regionen der Welt will die UN-Klimakonferenz die internationalen Anstrengungen für Klima- und Umweltschutz neu bündeln und intensivieren. Zwischen 30. November und 12. Dezember sollen in Dubai konkrete Beschlüsse fallen, um das vom Klimawandel gefährdete Überleben von Millionen Menschen zu sichern. Erstmals wird auch Papst Franziskus an der Weltklimakonferenz teilnehmen. Im KNA-Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur nennt der Leiter von Caritas international, Oliver Müller, zentrale Forderungen der Katastrophenhilfe. Und steckt Bereiche ab, wo es schnell konkrete Beschlüsse braucht.

Frage: Herr Müller, was sind die drängendsten Themen, die die Weltklimakonferenz anpacken muss?

Müller: Um das Leben von Menschen besser gegen die Folgen der Klimakrise zu schützen, sind Fortschritte in vier zentralen Bereichen der Klimaverhandlungen besonders dringlich.

Frage: Erstens...

Müller: ...der Umstieg von fossilen Energieträgern hin zur klimaneutralen Weltwirtschaft. Zweitens ein massiver Ausbau von Katastrophenvorsorge, drittens die Aufstockung von Klima-Ausgleichszahlungen und viertens die klimataugliche Anpassung der Landwirtschaft.

COP28 UAE United Nations Climate Change Conference logo displayed on mobile phone screen
Bild: © piter2121/stock.adobe.com (Symbol)

Logo der Weltklimakonferenz COP28 auf dem Bildschirm eines Mobiltelefons

Frage: Jeder dieser Punkte ist hochumstritten, und politisch umkämpft. Wo hoffen Sie am ehesten auf konkrete Fortschritte?

Müller: Im Bereich der Verhandlungen unter dem Stichwort „Loss and Damage“, bei dem es um den fairen Ausgleich von Schäden und Verlusten geht, die der Klimawandel schon jetzt bewirkt hat. Hilfe für die Betroffenen von Extremwettereignissen ist längst nicht mehr nur eine Frage von Solidarität und Großzügigkeit. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit.

Frage: Was genau verbirgt sich dahinter?

Müller: Das beinhaltet ein Recht auf Katastrophenvorsorge, auf Schadensbegrenzung und auf Anpassung an die sich verändernden klimatischen Bedingungen. Die unter den Extremwetterereignissen besonders stark leidenden Menschen in Ländern wie zum Beispiel Somalia, Pakistan und Haiti haben zur Klimakrise selbst kaum beigetragen. Für gerade einmal 0,13 Prozent der globalen CO2-Emissionen sind die am stärksten betroffenen Länder verantwortlich. Während für die größten Verursacher des Treibhauseffektes, darunter auch Deutschland, die Folgen der Klimakrise bislang eher selten zu spüren sind.

Frage: Klingt logisch, aber um die Finanzierung wird erbittert gerungen...

Müller: Ja, es wird in Dubai deshalb um das Geld gehen, das Ausgleich für diese Ungerechtigkeit schaffen soll. Eine viel diskutierte Frage wird sein: Wer füllt den grünen Klimafonds und den noch zu etablierenden „Loss and Damage“-Fonds?

Frage: Wüssten Sie Vorschläge?

Müller: Länder wie Japan oder Bangladesch haben in Sachen Katastrophenvorsorge beachtliche Erfolge vorzuweisen, jedoch mit sehr unterschiedlichen Ressourcen und volkswirtschaftlichen Ausgangsbedingungen. Bangladesch stünden demnach über den „Loss and Damage“-Mechanismus mehr Mittel aus dem Kompensationsfonds zu als Japan.

Bild: © emjay smith-stock.adobe.com

Überschwemmungen in Sri Lanka: Die Folgen des Klimawandels führen weltweit zu steigenden Schäden. (Archivbild)

Frage: Welche Verantwortung trägt die Bundesregierung?

Müller: Durch den historischen Beitrag zur Klimakrise sowie den vorhandenen finanziellen Kapazitäten kommt Industrieländern wie Deutschland klar die Rolle des Beitragszahlers zu. Hier erwartet Caritas international bei den Verhandlungen in Dubai Fortschritte.

Frage: Erstmals will auch Papst Franziskus bei der Konferenz sprechen. Welche Expertise können die katholische Kirche und ihre Hilfsorganisationen einbringen?

Müller: Das internationale Caritas-Netzwerk stellt die bereits angesprochenen politischen Forderungen im Rahmen der Weltklimakonferenz. Gleichzeitig setzen wir diese in unserem Rahmen bereits seit Jahren innerhalb unserer Arbeit um, indem wir Menschen weltweit dabei unterstützen, sich an die Folgen der Klimakrise anzupassen. Unsere Partner beispielsweise verteilen vor Ort dürreresistentes Saatgut und bilden Kleinbauern in der Anwendung von neue Anbaumethoden aus. Zur Vorsorge gehören auch der Bau von Schutzhäusern oder Aufforstungsprojekte, die das Versanden von Böden verhindern.

Die Fragen stellte Volker Hasenauer (KNA)

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