Eröffnung der Weltsynode am 9. Oktober 2021 im Vatikan.
Kirchenversammlung im Vatikan

Die Synode hat begonnen

Vatikanstadt ‐ Wohin entwickelt sich die katholische Kirche? Ab heute (04.10.) beraten darüber hunderte Teilnehmer bei der Weltsynode in Rom. Papst Franziskus will offenbar Raum für Veränderungen geben, stößt aber auch auf Widerstand.

Erstellt: 04.10.2023
Aktualisiert: 04.10.2023
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Heutet startet die von katholischen Gläubigen mit Spannung erwartete Weltsynode im Vatikan. Bei der Kirchenversammlung, die Papst Franziskus heute in Rom eröffnet, werden sich Bischöfe, Ordensleute und einfache Kirchenmitglieder bis zum 29. Oktoberber über Mitbestimmung und einen anderen Umgang in der Kirche austauschen.

Vor allem Teilnehmende aus westlichen Ländern wollen dabei auch umstrittene Themen wie den Umgang mit homosexuellen Paaren, die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch und die Weihe von Frauen ansprechen. Derweil pochten hochrangige konservative Amtsträger kurz vor Beginn der Synode auf die Bekräftigung der kirchlichen Lehre.

Beim feierlichen Eröffnungsgottesdienst der Synode am Mittwochmorgen auf dem Petersplatz forderte Papst Franziskus eine Kirche, „die mit Barmherzigkeit auf die Menschheit schaut“. Er sprach von einer geeinten und geschwisterlichen Kirche, die zuhöre, in den Dialog trete, ermutige, helfe, aufrüttele und Wege zum Glauben eröffne. „Eine Kirche, die Gott als ihren Mittelpunkt hat und die sich deshalb im Inneren nicht spaltet“, sagte Franziskus. Zugleich dürfe sie nach außen niemals abweisend wirken.

Bei der knapp vierwöchigen Bischofssynode im Vatikan gehe es nicht um Strategien und ideologische Kämpfe, betonte der Papst. Die Versammlung sei kein polarisiertes Parlament und verfolge keinen Reformplan. Stattdessen müsse der einladende Blick Jesu im Mittelpunkt stehen.

Franziskus ermutigte zu einer gastfreundlichen Kirche, die offene Türen für „alle, alle, alle“ habe. Überdies warnte er davor, „gefährlichen Versuchungen“ zu verfallen: „Eine starre Kirche zu sein, die sich gegen die Welt wappnet und rückwärts schaut; eine laue Kirche zu sein, die sich den Moden der Welt ergibt; eine müde Kirche zu sein, die über sich selbst gekrümmt ist.“

Synodale Jeppesen-Spuhler: Anwesenheit von Frauen verändert Kommunikation

Der katholische Theologe Jan-Heiner Tück geht davon aus, dass Papst Franziskus eine breite Debatte über Reformen in der Kirche zulassen wird. „Was manche als Wankelmütigkeit bemängeln, kann gezielte Strategie sein, Gesprächsprozesse anzustoßen“, schrieb der Wiener Dogmatik-Professor in der „Neuen Zürcher Zeitung“.

Er kritisierte indes, Franziskus deute manchmal Zugeständnisse an, schrecke dann aber vor Entscheidungen zurück. Dies zeige sich etwa bei den Themen Frauenpriestertum und Segnung gleichgeschlechtlicher Paare. Tück warnte in diesem Zusammenhang vor Spaltungen innerhalb der Kirche. „Was in Westeuropa auch unter Katholiken mehrheitlich begrüßt wird, ist in anderen Regionen der Weltkirche tabu.“

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Die Beteiligung von Frauen an der Weltsynode wird nach Ansicht der Schweizer Teilnehmerin Helena Jeppesen-Spuhler die Kommunikation verändern. „Wenn Frauen als stimmberechtigte Mitglieder dabei sind, werden sich die Bischöfe genauer überlegen, wie sie beispielsweise den Ausschluss der Frauen vom Weiheamt begründen“, sagte sie dem Portal katholisch.de (Dienstag).

Es ist das erste Mal, dass Frauen bei einer Bischofssynode Stimmrecht haben. Jeppesen-Spuhler vom Schweizer Hilfswerk „Fastenaktion“ gehört zu einer Gruppe von 70 Ordensleuten, Geistlichen und Laien. Sie wolle Positionen aus dem deutschsprachigen Raum in die Synode einbringen, gerade mit Blick auf die Rolle der Frau in der Kirche – „zusammen mit den Bischöfen etwa aus Deutschland, der Schweiz und Österreich“.

„Zweifel“ geben Raum für Debatten

Am Montag hatte der Vatikan Antworten des Papstes an fünf konservative Kardinäle veröffentlicht, die ihn zu einer Klärung von strittigen Fragen des katholischen Glaubens, sogenannten Dubia, aufgefordert hatten, darunter auch jene nach einer Weihe für Frauen und Segnungen homosexueller Partnerschaften.

Zu einem möglichen Frauenpriestertum stellte Franziskus die Endgültigkeit der Absage zu dem Thema durch Papst Johannes Paul II. infrage. Wie verbindlich diese Aussage sei, könne Gegenstand einer Untersuchung sein, schrieb Franziskus und verwies auf die Anglikaner. Bei der Glaubensgemeinschaft sind seit 1992 Frauen zum Priesteramt zugelassen. Die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare lehnt Franziskus nicht gänzlich ab: Wer um einen Segen bitte, drücke damit eine Bitte um Hilfe von Gott aus, eine Bitte um eine bessere Lebensweise.

Homosexualität sei kein „göttlicher Pfusch, schon gar nicht Sünde“, schrieb dazu der Wiener Pastoraltheologe Michael Zulehner auf seinem Blog. Sie benötige keine Barmherzigkeit, sondern ähnlich wie bei den Themen Todesstrafe oder gerechter Krieg eine revidierte Kirchenlehre. Der Papst-Appell an das Feingefühl von Seelsorgern zeige aber auch: „Er ist für das Integrieren und nicht das Ausschließen.“

Der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff sieht die Papst-Antwort an die konservativen Kardinäle als wichtigen Fingerzeig für die kommenden Beratungen im Vatikan. Mit der Veröffentlichung habe sich Franziskus nicht nur „unmissverständlich von einseitig konservativen Strömungen in der katholischen Kirche abgesetzt“, sondern dies in einem dogmatischen Gestus getan, sagte er der Presseagentur Kathpress. Dies sei richtungsweisend und verleihe dem Text „programmatisches Gewicht“. Für die Synodalen werde die Antwort eine „wichtige Referenz ihrer Beratungen darstellen“.

Mehrjähriger Prozess

Unterdessen betonte der frühere Chef des Dominikanerordens, Timothy Radcliffe, eine gleiche Autorität aller an der Weltsynode beteiligten Männer und Frauen. Es könne sich kein fruchtbares Gespräch ergeben, ohne anzuerkennen, dass jeder mit Autorität spreche, betonte Radcliffe, der die vorbereitenden Besinnungstage zur Synode leitet. Er warnte vor einem Wettbewerb zwischen Laien und Bischöfen, Konservativen und Progressiven.

Die Bischofssynode ist Teil eines mehrere Jahre dauernden Prozesses, an dem sich Katholikinnen und Katholiken auf der ganzen Welt beteiligen: der sogenannten Weltsynode. Diese endet im Oktober 2024 mit einer zweiten Bischofssynode im Vatikan.

Von KNA/weltkirche.de/Christoph Schmidt (KNA)

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