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Serie: Auf dem Weg zur Weltsynode

Synodalität hängt von uns allen ab

Frankfurt a.M. ‐ Durchdringen synodale Prozesse bereits das Leben in den Gemeinden? Die Theologin und Synoden-Expertin Catalina Cerda-Planas ist da skeptisch – sieht aber Chancen.

Erstellt: 25.09.2023
Aktualisiert: 25.09.2023
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Kirche sind wir alle. Wenn sich die Kirche also vornimmt, eine ihrer Charakteristika zu stärken, ist sie dabei auf die Mitarbeit und das Engagement aller Getauften angewiesen. Dies wird besonders im Fall der Synodalität sehr deutlich. Per definitionem ist eine synodale Kirche eine, die sich gemeinsam auf den Weg macht  (vom Griechischen: syn-odos). Synodalität ist dabei eine bedeutsame Angelegenheit. Sie ist angewiesen auf das Engagement nicht nur einiger, sondern des ganzen Gottesvolkes – selbstverständlich einschließlich der dazugehörigen ordinierten Amtsträger.

Während des synodalen Prozesses, den die Weltkirche in Vorbereitung auf die erste Generalversammlung der Weltsynode, die demnächst in Rom (4.-29. Oktober) stattfinden wird, durchlaufen hat, wurden daher echte Anstrengungen unternommen, um die lokalen Gemeinden zu konsultieren und ihnen zuzuhören; um jene Fragen und Themen zu ermitteln, die für jede lokale Kirche am wichtigsten sind; und um von dort aus zum Dialog auf globaler Ebene beizutragen. Das zeigen auch die zusammenfassenden Texte, die auf den verschiedenen Kontinenten im Rahmen der kontinentalen Konsultationsphase der Weltsynode entstanden.

Für viele eine neue Erfahrung

Das gleiche wurde auch von den Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Regionen hervorgehoben, die ihre Erfahrungen mit diesen Konsultationsprozessen als Beitrag zur letzten Jahrestagung am Institut für Weltkirche und Mission (IWM) zum Thema „Doing Synodality in Intercultural Exchange“ geteilt haben. So berichtete beispielsweise Christina Kheng vom East Asian Pastoral Institute (Manila, Philippinen) von der Begeisterung, die so viele Teilnehmende zum Ausdruck brachten, weil sie konsultiert wurden – viele zum ersten Mal – und sich so als Teil der Kirche fühlten. Kheng erwähnte auch die Bemühungen der Konsultationsteams, Menschen am Rande der Gesellschaft zu erreichen, einschließlich derer, die in abgelegenen Gebieten lebten oder im Gefängnis sitzen.

„Ich denke, dass sich auch andere Ortskirchen und Regionen dieser Frage stellen müssen.“

—  Zitat: Dr. Catalina Cerda-Planas zur Beteiligung der Kirchenbasis bei der Weltsynode

Hoffsmann Ospino vom Boston College (USA) stellte fest, dass mehr als 700.000 Menschen aktiv an den Konsultationsprozessen teilgenommen haben, die in Schulen, Pfarreien, Universitäten, apostolischen Bewegungen und katholischen Organisationen in den Vereinigten Staaten durchgeführt wurden, darunter Vertreter mit unterschiedlichem kulturellem Hintergrund. Darüber hinaus, so Ospino, hatten die Menschen in den USA die Möglichkeit, individuelle Beiträge einzureichen, die bei der Ausarbeitung der Synthesen der landesweiten Konsultationsprozessen, die später als Berichte nach Rom geschickt wurden, ebenfalls Berücksichtigung fanden.

Darüber hinaus betonte Sr, Anne Béatrice Faye  von der Theologischen Kommission der Synode für Synodalität (Senegal/Burkina Faso) die Rolle der so genannten „Synodenmissionare“, also Laien, die die wichtige Aufgabe übernommen hatten, die Aufmerksamkeit und das Engagement ihrer Gemeinden für den synodalen Prozess wachzuhalten.

Der synodale Geist dringt noch nicht durch

In Deutschland und aus einigen Ländern, die den Synodalen Weg in Deutschland von außen beobachtet haben, wurde oft die Frage gestellt, wie stark die Ortsgemeinden hier wirklich in die synodalen Prozesse eingebunden sind; sowohl in den Synodalen Weg selbst als auch in die Weltsynode. Aus meiner Sicht ist das eine berechtigte Frage. Es ist eine Sache, dass die Mitglieder der Synodalversammlung die Vielfalt repräsentieren, die die deutsche Kirche ausmacht: Mit einer hervorragenden Vertretung auch von Laien und pastoralem Personal mit Verbindungen in verschiedene Institutionen. Ob aber die Gemeinden selbst ausreichend in den Prozess einbezogen (konsultiert, beteiligt) wurden, steht auf einem anderen Blatt.

Synodalversammlung in Prag
Bild: © Ludwig Ring-Eifel/KNA

Gottesdienst mit Kardinal Jean-Claude Hollerich, Generalrelator der Bischofssynode, bei der Europa-Etappe der Weltsynode am 5. Februar 2023 in Prag.

Ich denke jedoch, dass sich auch andere Ortskirchen und Regionen dieser Frage stellen müssen. Es ist wahr, dass Hunderttausende Personen, wie oben erwähnt, an den Konsultationsprozessen teilgenommen und zu den Reflexionen beigetragen haben, die sowohl in der ersten lokalen Phase als auch in der kontinentalen Phase stattgefunden haben. Es ist jedoch möglich – und nicht unwahrscheinlich –, dass sich an vielen dieser Konsultationsprozesse hauptsächlich pastorale Akteure oder Gruppen beteiligt haben, die den kirchlichen Strukturen nahestehen – eine Art pastorale „Elite“ –, und dass auch dort der synodale Geist, den der Papst mit diesem ganzen Prozess fördern will, nicht unbedingt das Leben der Gemeinden und die Gesamtheit ihrer Mitglieder durchdringt.

In den Kinderschuhen

Abgesehen davon, wie die synodalen Prozesse bisher in den einzelnen Ortskirchen oder Gemeinden erlebt wurden, lohnt es sich daher, die Frage zu stellen, wie die gesamte kirchliche Gemeinschaft, also alle Glieder des Volkes Gottes, in diese synodale Kirche, zu deren Bau und Stärkung wir aufgerufen sind, integriert werden kann – beziehungsweise weiterhin integriert werden soll. Andernfalls könnte Synodalität zur Angelegenheit und Erfahrung einiger weniger werden, nämlich derjenigen, die in den Führungs- und Entscheidungsgremien sitzen – ohne, dass sie das tägliche Leben der Gemeinden wirklich durchdringt und verändert.

Der Prozess steckt in den Kinderschuhen und wir haben noch Zeit, alle mitzunehmen. Aber wir dürfen diesen Aspekt nicht vernachlässigen, damit die synodale Kirche für das dritte Jahrtausend nicht nur ein gutes kirchliches Projekt bleibt, sondern Realität wird, durch die sich die Art und Weise verändert, wie wir Kirche leben und mitbauen.

Und das hängt, wenn wir konsequent sein wollen, von jeder und jedem Getauften ab.

Von Dr. Catalina Cerda-Planas

Die Autorin

Dr. Catalina Cerda-Planas ist Theologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Mission und Bildung am Institut für Weltkirche und Mission (Sankt Georgen, Frankfurt), sowie am Theologischen Institut der Universidad Católica Silva Henríquez (Santiago de Chile). Ihre Forschungsschwerpunkte sind jugendliche Religiosität, Empirisch-praktische Theologie und Synodalität aus weltkirchlicher Perspektive.  

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Hinweis

Dieser Beitrag spiegelt ausschließlich die Meinung der jeweiligen Autorin bzw. des Autors wider.