Myanmars Junta blockiert internationale Hilfe für Sturmopfer
Bangkok/Yangon ‐ Nach dem Zyklon Mocha sind die betroffenen Regionen Myanmars noch immer auf sich allein gestellt. Die Junta lässt bisher keine humanitäre Organisationen der Vereinten Nationen (UN) in die verwüsteten Gebiete.
Aktualisiert: 19.05.2023
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Mehr als 400.000 Gebäude, Krankenhäuser, Schulen und Unterkünfte hat Zyklon Mocha in den Lagern der Rohingya in Myanmar und in der Stadt Sittwe ganz oder teilweise zerstört: Diese unabhängig nicht überprüfbaren Angaben machte die „United League of Arakan“ (ULA), der politische Arm der Rebellenarmee „Arakan Army“ (AA). Arakan ist der alte Name des Bundesstaats Rakhine, Heimat der ethnischen Mehrheit der buddhistischen Arakanesen. AA/ULA befinden sich im Krieg mit der Armee von Myanmar und kontrollieren weite Teile von Rakhine mit eigenen Verwaltungsstrukturen.
Pierre Peron vom „Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten“ (OCHA) in Bangkok sagte am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), man habe Kommunikationskanäle mit den Behörden in Myanmar eingerichtet und um uneingeschränkten Zugang zu den betroffenen Gemeinden gebeten. Peron fügte hinzu: „Wir hoffen, so bald wie möglich ein besseres Verständnis über das Ausmaß der Ereignisse zu erhalten.“
Das erinnert an Zyklon Nargis, der Anfang Mai 2008 mit Sturmstärken bis zu 165 Stundenkilometer über das Irrawaddy-Delta in Myanmar hinwegfegte und 135.000 Menschenleben forderte. Die damals Myanmar regierende Junta weigerte sich, internationale Hilfsorganisationen ins Land zu lassen. Ein Sprecher des Welternährungsprogramms bezeichnete damals die Visa-Verweigerung für ausländische Experten als „beispiellos“ in der Geschichte der Katastrophenhilfe.
Windgeschwindigkeiten über 250 km/h
Mocha traf am 14. Mai mit voller Wucht auf Sittwe und Rakhine im Westen Myanmars. Der Zyklon erreichte in Böen Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 250 Stundenkilometern. In Rakhine richtete Mocha nicht nur in der Stadt Sittwe und in Dörfern großes Unheil an, sondern auch in Vertriebenenlagern, in denen mehr als 130.000 muslimische Rohingya unter menschenunwürdigen Bedingungen leben. Fotos und Videos in den sozialen Netzwerken zeigen schreckliche Bilder der Verwüstung, auch wenn sie keinen Rückschluss auf das Ausmaß der Schäden in den Lagern zulassen.
Auf seinem weiteren Weg zog Mocha nur leicht abgeschwächt Richtung Nordosten und traf auf die mehrheitlich christlichen myanmarischen Regionen Chin und Kachin sowie das buddhistische Sagaing. Das wiederum sind Hochburgen des Bürgerkriegs der Junta-Armee gegen das eigene Volk. In Sagaing nutzte das Regime Berichten zufolge die Ablenkung der Medien durch Mocha für weitere militärische Offensiven gegen die Zivilbevölkerung.
In Chin wurden nach UN-Schätzungen mehr als 750 Gebäude beschädigt. Dort wie in Kachin seien auch Lager von Bürgerkriegsflüchtlingen durch den Zyklon und die schweren Regenfälle betroffen. Pater Nereus Tun Min, Leiter der Caritas des Bistums Pyay, sagte dem asiatischen Pressedienst Ucanews, sowohl in Sittwe als auch in Chin seien zudem viele Kirchen und kirchliche Einrichtungen durch das Unwetter beschädigt oder zerstört worden.
Schicksal umgesiedelter Rohingya weiter unbekannt
Unbekannt ist das Schicksal jener 20 Rohingya, die in einem zwischen Bangladesch und Myanmar vereinbarten Pilotprojekt wenige Tage vor Mocha aus den Flüchtlingslagern im Distrikt Cox's Bazar nach Rakhine umgesiedelt wurden. In ihrer alten Heimat Rakhine, aus der sie 2017 zusammen mit mehr als 700.000 anderen Rohingya vom Militär Myanmars gewaltsam nach Bangladesch vertrieben worden waren, wurden sie hinter Stacheldrahtzäunen in Baracken untergebracht.
Ungefähr 600.000 Rohingya leben noch rechtlos und fast ohne Zugang zu humanitärer Hilfe eingesperrt in erbärmlichen Lagern und Dörfern. Die internationale Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warnte unter dem Eindruck von Mocha vor weiteren Rückführungen in Gebiete, in denen die Rohingya den Verbrechen der Junta ausgesetzt sind, etwa Apartheid und Verfolgung.
In dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Myanmar sind die Opfer von Mocha zusätzlich durch Landminen gefährdet. OCHA warnt: „In den von Konflikten betroffenen ländlichen Gebieten können sich Landminen durch die Überschwemmungen möglicherweise verschoben haben und so besteht für Menschen ein hohes Risiko durch explosive Kampfmittel.“
KNA