„Helfen, wo die Not am größten ist“
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„Helfen, wo die Not am größten ist“

Fieberhaft laufen die Bemühungen, nach dem verheerenden Beben in der Himalaya-Region den Menschen zu helfen. Außer Nepal sind auch Teile Indiens, Pakistans, Chinas sowie von Bangladesch betroffen. Die Zahl der Toten wurde am Montag mit mehr als 3.500 angegeben. Im Interview gibt der Nepal-Referent von Caritas international, Peter Seidel, einen Überblick über die aktuelle Lage.

Erstellt: 28.04.2015
Aktualisiert: 19.03.2024
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Fieberhaft laufen die Bemühungen, nach dem verheerenden Beben in der Himalaya-Region den Menschen zu helfen. Außer Nepal sind auch Teile Indiens, Pakistans, Chinas sowie von Bangladesch betroffen. Die Zahl der Toten wurde am Montag mit mehr als 3.500 angegeben. Im Interview gibt der Nepal-Referent von Caritas international, Peter Seidel, einen Überblick über die aktuelle Lage.

Frage: Herr Seidel, wie sieht die Lage außerhalb von Kathmandu aus – weiß man darüber schon etwas?

Seidel: Kathmandu ist momentan fast nur per Luftbrücke zu erreichen, da die Straßen in das Tal durch die Beben schwer befahrbar sind. Weil fast überall der Strom ausgefallen ist, dringen auch nur wenige Berichte aus den abgelegenen Regionen des Landes nach dorthin durch. Nach den Informationen unserer Partner von der Caritas Nepal ist die Lage in der Hauptstadt schlecht. Viele Gebäude sind zerstört, die Versorgung der Verletzten läuft schleppend. Schon in normalen Zeiten ist die medizinische Infrastruktur in Kathmandu sehr schlecht. Auf dem Land ist sie praktisch nicht vorhanden.

Frage: Reinhold Messner hat mit Blick auf die Rettung europäischer Bergsteiger vom Mount Everest eindringlich vor einer Art „Zwei-Klassen-Hilfe“ gewarnt. Wie beurteilen Sie diesen Aspekt?

Seidel: Wir haben als Caritas international keine Projekte in der Region um den Mount Everest. Natürlich sind die Botschaften der einzelnen Länder bestrebt, ihre Landsleute zu retten. Unser Ansatz ist es, mit lokalen Partnern dort zu helfen, wo die Not am größten ist. Zunächst in Kathmandu, dann aber auch in ländlichen Regionen, die es besonders schwer getroffen hat.

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Frage: Eine Frage zur grundsätzlichen Zusammenarbeit zwischen europäischen Organisationen und den Helfern aus der Region: Machen sich da kulturelle Unterschiede zwischen Asien und Europa bemerkbar?

Seidel: Es gibt regelmäßige Treffen, bei denen die Hilfe koordiniert wird. Unsere Partner von der Caritas in Nepal haben direkt am Freitag an einem Koordinierungstreffen im Innenministerium teilgenommen. In Fragen der Nothilfe ticken alle gleich. Es geht erst mal darum, einen Überblick zu bekommen, was am dringendsten benötigt wird. In diesem Fall ist es wichtig, medizinische Hilfe auf den Weg zu bringen und einen Beitrag zu leisten, dass die Menschen eine wetterfeste Unterkunft haben, in der sie nicht frieren müssen. Daher planen wir, Hilfsgüter wie Zeltplanen und Decken nach Kathmandu zu bringen und zu verteilen. Auch die psychosoziale Behandlung der traumatisierten Menschen wird mittelfristig wichtig sein.

Frage: Erdbeben werden in der Region immer wieder vorkommen. Was muss getan werden, damit Staaten wie Nepal künftig besser gegen solche Naturkatastrophen gewappnet sind?

Seidel: Grundsätzlich kann man die Folgen von Erdbeben abschwächen, indem man gewisse Standards beim Bauen vorschreibt. Das muss auf staatlicher Ebene geschehen. Viele Menschen in Nepal leben in einfachen Steinhäusern, die im Katastrophenfall schnell zur tödlichen Falle werden. Was die Koordinierung der Hilfe betrifft, gab es in der Vergangenheit zahlreiche Vorabsprachen mit der nepalesischen Regierung und anderen Hilfsorganisationen, da ein solches Beben vorausgesagt wurde und nur der Zeitpunkt unklar war.

Das Interview führte Joachim Heinz (KNA).

„Sie sind verzweifelt“

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Wenige Tage nach dem Erdbeben in Nepal erreichen die Nothelfer noch nicht alle betroffenen Gebiete. Das berichtet die Hilfsorganisation „Women''s Rehabilitation Centre“ (WOREC), ein Partner des katholischen Hilfswerks Misereor . In der Metropole Kathmandu und der Umgebung zeige sich jedoch, dass die Menschen zusammenhalten und einander helfen, so WOREC-Sprecher Renu Adhikari am Dienstag in Aachen. „Wir gehen davon aus, dass dies auch in den ländlichen Regionen geschieht.“