Perus Kirche will bei umstrittenem Bergbauprojekt vermitteln
Indigene Völker ‐ Kardinal Barreto sieht nach der Lizenzvergabe für eine umstrittene Kupfermine „Tia Maria“ unruhige Zeiten auf Peru zukommen. Die Bevölkerung geht auf die Barrikaden, die Regierung entsendet 600 Sicherheitskräfte. Barreto will nun mit weiteren Kirchenvertretern vermitteln.
Aktualisiert: 15.11.2022
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Kardinal Barreto sieht nach der Lizenzvergabe für eine umstrittene Kupfermine „Tia Maria“ unruhige Zeiten auf Peru zukommen. Die Bevölkerung geht auf die Barrikaden, die Regierung entsendet 600 Sicherheitskräfte.
Fast im Minutentakt treffen die Meldungen ein. Die Tageszeitung „La Republica“ schaltete dafür eigens einen Live-Ticker frei: „Bewohner von Cocachacra haben den Zugang zur Panamericana Süd blockiert.“ Zwei Stunden dauert die Protestaktion, dann ziehen sich die Demonstranten wieder zurück.
Ihr Protest richtet sich gegen ein millionenschweres Projekt des amerikanischen Bergbaukonzerns Southern Copper. Das Unternehmen baut überwiegend Kupfer sowie als Nebenprodukte Molybdän, Zink und Silber ab und kommt auf einen Jahresumsatz von umgerechnet knapp fünf Milliarden Euro. Vor ein paar Tagen erhielt das Unternehmen die Lizenz für das umstrittene Projekt „Tia Maria“ in Peru. Seither kocht die Stimmung in der Region über.
Es handelt sich um ein immenses Projekt. Laut Angaben des „Mining Journal“ soll die Kupfermine in den kommenden zwei Jahrzehnten 120.000 Tonnen Kupfer pro Jahr abwerfen. Das Unternehmen will umgerechnet etwa 1,3 Milliarden Euro in den Bau der Mine investieren. Es wäre ein gravierender Einschnitt für die Region. Befürworter sehen in der Mine große Chancen einer wirtschaftlichen Entwicklung. Umweltschützer dagegen befürchten, das Bergbauprojekt könne Wasserknappheit und Verschmutzung zur Folge haben. Kleinbauern sind deshalb um ihre Lebensgrundlage besorgt.
Seit Jahren leisten die Bewohner erbitterten Widerstand gegen das Vorhaben, zwischen 2011 und 2015 kamen bereits sechs Menschen ums Leben. Die überraschende Lizenzvergabe ruft nun Verwunderung hervor. Der peruanische Kardinal Pedro Barreto Jimeno hatte eigentlich auf einen Dialog zwischen Unternehmern, Politik und Bevölkerung gesetzt. Doch nun seien Fakten geschaffen worden, beklagt der Erzbischof von Huancayo. „Einen Dialog zu führen, nachdem die Lizenz erteilt wurde, ist sehr schwierig. Jetzt kann man eigentlich nur noch von Verhandlungen sprechen.“
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Der Kardinal ist für seinen Einsatz für soziale Gerechtigkeit und Umweltschutz über die Grenzen Perus hinaus bekannt. Ihn habe der Zeitpunkt der Lizenzvergabe überrascht, erläutert er am Rande einer Konferenz zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes. „Es erscheint mir seltsam, dass nur wenige Tage, bevor eine Umweltstudie veröffentlicht wird, die Baugenehmigung ohne vorherigen Dialog erteilt wurde.“
Auf die betroffene Region „Valle de Tumbo“ sieht Barreto nun schwierige Zeiten zukommen. Man stehe vor „komplizierten Tagen“. Der Kardinal weiter: „Ich bitte Gott, dass er den Präsidenten der Republik und die Autoritäten erleuchte, damit diese die Lizenzvergabe überdenken.“ Der Widerstand in der Region ist unter anderem deshalb so groß, weil es sich um eine landwirtschaftlich fruchtbare Region handelt.
Barreto zeigt sich auch wegen einer anderen Entwicklung alarmiert. Vor wenigen Tagen entsandte das Innenministerium rund 600 Sicherheitskräfte in die Region. „Das ist wie die Vorbereitung auf einen Krieg.“ Peru ertrage aber keine weitere Konfrontation, stattdessen müsse der Konsens gesucht werden.
Das Unternehmen selbst versucht, die aufgebrachte Stimmung mit einem Versprechen zu beruhigen. Die Bauarbeiten zum Projekt würden nicht beginnen, ehe in einem Dialog die Zweifel der Bevölkerung ausgeräumt seien. Ähnlich äußerte sich auch die peruanische Arbeitsministerin Sylvia Caceres. „Tia Maria“ nannte sie ein sehr wichtiges Projekt für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Trotzdem sei es unmöglich, ein solch wichtiges Vorhaben zu starten, wenn dies nicht im Einklang mit der Bevölkerung gelänge.
Kirche will vermitteln
Kardinal Pedro Barreto brachte unterdessen den Erzbischof von Arequipa, Javier del Rio, sowie die Peruanische Bischofskonferenz als Vermittler zwischen der Regierung und der betroffenen Bevölkerung ins Gespräch. Die Kirche stehe bereit zu vermitteln, sagte Barreto laut peruanischen Medienberichten am Dienstag.
Unterdessen berichtete die Zeitung „El Comercio“, dass Präsident Martin Vizcarra an diesem Mittwoch in die Unruheregion reisen wolle, um dort Gespräche mit der Regionalregierung zu führen.
Von Tobias Käufer (KNA)
© KNA/cze