Rohstoffe auf Kosten der Armen
Bodenschätze sind von zentraler Bedeutung für das moderne Leben – und die Menschen verbrauchen mehr und mehr. Dies gilt zumindest für die Industrienationen. Was hat das für Folgen und was kann jeder tun?
Aktualisiert: 27.09.2022
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Bodenschätze sind von zentraler Bedeutung für das moderne Leben – und die Menschen verbrauchen mehr und mehr. Dies gilt zumindest für die Industrienationen: Hier beträgt der Pro-Kopf-Verbrauch pro Jahr etwa 15 bis 30 Tonnen Ressourcen, darunter Biomasse, Metalle, Bau- und Industriemineralien sowie fossile Energieträger. Damit sind 20 Prozent der Weltbevölkerung für circa 80 Prozent des weltweiten Ressourcenverbrauchs verantwortlich. Aber auch der Anteil einiger Schwellenländer, allen voran China, trägt zu einem starken Ressourcenverbrauch bei.
Der Boom auf den globalen Rohstoffmärkten könnte besonders in rohstoffreichen Entwicklungsländern dafür genutzt werden, Hunger und Armut zu bekämpfen. Häufig sieht die Realität jedoch anders aus: Der Abbau von Rohstoffen zieht erhebliche soziale und ökologische Probleme sowie schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen nach sich.
Korruption und Misswirtschaft statt Mitbestimmung
Obwohl der Rohstoffabbau in vielen Ländern einen beträchtlichen Teil der nationalen Deviseneinnahmen stellt, bleibt der Entwicklungsimpuls, der von dem Sektor ausgeht, begrenzt. Durch schlechte Regierungsführung, Bestechungsmentalität sowie Missmanagement kommt der Reichtum nur einer kleinen elitären Minderheit zugute. Die Mehrheit der Bevölkerung geht leer aus. Bei den Produktionszahlen und Zahlungsströmen herrscht oftmals Intransparenz – eine Rechenschaftspflicht besteht nicht. Dies begünstigt Korruption und eine ungerechte Verteilung der Einnahmen. Über Jahrzehnte sind Milliarden von Einnahmen aus dem Rohstoffsektor im Sumpf der Korruption verschwunden. Aus diesem Grund ist die Offenlegung der Einnahmen aus den Abbauprojekten und deren Verwendung von großer Bedeutung. Die Kirchen und zivilgesellschaftlichen Organisationen im Süden und Norden kämpfen seit Jahren für die Verbesserung der Transparenz im Rohstoffsektor. Beispielsweise setzt sich Misereor gemeinsam mit seinen Partnerorganisationen für die Umsetzung der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) ein, einer von der britischen Regierung initiierten Multi-Stakeholder-Initiative zur Verbesserung der Transparenz in der Rohstoffindustrie.
Menschenrechtsverletzungen in den Förderregionen
Die meisten Rohstoffabbauprojekte in den Entwicklungsländern beeinträchtigen zudem in vielfältiger Weise die Lebensweise der betroffenen Bevölkerung. So kam und kommt es in den Förderregionen immer wieder zu Menschenrechtsverletzungen sowie gravierenden sozialen und ökologischen Folgen:
Dies zeigt sich in Peru: Die Menschen in den Bergbauregionen Cajamarca und La Oroya müssen den Minen des industriellen Goldabbaus weichen und werden vertrieben. Zudem wird durch die Fördermaßnahmen ihr ökologischer Lebensraum zerstört. Das zeigt sich auch im Erdölland Tschad: Durch die Förderung des fossilen Energieträgers wird der ohnehin sehr armen Bevölkerung in der Region fruchtbares Ackerland weggenommen. Dabei ist die Landwirtschaft die Lebensgrundlage der dort ansässigen Menschen. Die Folge: Im Kampf um Existenz häufen sich die Landkonflikte.
„Der Herr hat die Welt für alle Menschen geschaffen, für die jetzt lebenden und die zukünftigen Generationen. Da unsere natürlichen Ressourcen immer begrenzter werden, muss ihre Nutzung nach gerechten Verteilungsprinzipien geregelt und zu einer nachhaltigen Entwicklung verwendet werden.“
Konzerne tragen rechtliche und moralische Verantwortung
Beim Abbau von Rohstoffen tragen die transnationalen Erdöl- und Bergbaukonzerne aus Industrie- und Schwellenländern eine eigene rechtliche und moralische Verantwortung – eine Verantwortung die viele Unternehmen nicht wahrnehmen wollen. Sie agieren zulasten der dort lebenden Menschen und der Umwelt, verstricken sich in Korruptionsskandale und tragen in vielen Fällen direkt oder indirekt zu Menschenrechtsverletzungen bei. Der Profit steht oft an oberster Stelle, ungeachtet der Konsequenzen für die dort lebenden Menschen.
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Damit die Rohstoffförderung in den Entwicklungsländern künftig zu größerem Wohlstand der Bevölkerungsmehrheit beiträgt, müssen alle beteiligten Akteure Verantwortung übernehmen: Regierungen, Unternehmen, internationale Finanzinstitutionen, Kirchen, andere Organisationen der Zivilgesellschaft sowie kritische Verbraucher und Verbraucherinnen. Zudem muss die Menschheit, allen voran die großen Ressourcenverbrauchernationen wie Deutschland, über ihren maßlosen Konsum von Rohstoffen nachdenken, denn dieser Umgang ist nicht zukunftsfähig. Die Notwendigkeit eines neuen Verständnisses von Fortschritt, Wachstum, Wohlstand und Entwicklung wird dabei immer offensichtlicher und drängender.